Arbeitsministerin Nahles im Interview:"Ein schönes Auto zu fahren, das ist für mich Luxus"

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Nahles steigt am 12.03.2015 in Nürnberg auf dem Messe-Gelände in ihren Dienstwagen ein. (Foto: dpa)

So schnell wie kein anderer Minister hat Arbeitsministerin Nahles im vergangenen Jahr ihre Projekte durchgesetzt. Im Gespräch mit der SZ erzählt sie nicht nur von ihren künftigen Vorhaben - sondern auch, was ihr an einem Lamborghini nicht gefällt.

Von Guido Bohsem und Thomas Öchsner

Es gibt die Andrea Nahles, die man vom Fernsehen kennt und denkt, na ja, an ihrer Rhetorik müsste die SPD-Politikerin dringend noch ein bisschen feilen. Und es gibt die andere Andrea Nahles, die in ihrem Berliner Ministerbüro schöne Geschichten aus ihrer Kindheit und dem Leben in ihrer geliebten Heimat, der rheinland-pfälzischen Eifel, erzählen kann - und dabei ihr schallendes Andrea-Nahles-Lachen lacht.

So erfährt man zum Beispiel, dass die Arbeitsministerin eine Autoliebhaberin ist. "Ein schönes Auto zu fahren, das ist für mich Luxus", erzählt sie im Interview mit der SZ. Nahles, 44, hatte mal einen Golf GTI gehabt, bis eine gute Freundin sagte: geht gar nicht. Die Politikerin ist aber noch heute davon überzeugt, "dass man mit einem Golf GTI sehr gut über die Nordschleife des Nürburgrings fahren kann". Ein schönes Auto, sagt sie, müsse nicht unbedingt ein großes Auto sein und fügt hinzu: "Ich hatte auch mal einen A4. Der sah harmlos aus, hatte aber diese sechs Zylinder unter der Haube ..." Sie ist sogar schon einmal mit einem Lamborghini über die Nordschleife gefahren. Doch diesen Schlitten hält sie für extrem unbequem: "Sie liegen direkt auf der Straße, spüren jedes Schlagloch sofort im Rücken." Und heute? Steuert sie eine Familienkutsche von Peugeot. "Das reicht mir völlig."

Am liebsten ist Nahles auf ihrem Pferd "Siepke" unterwegs, samstags am Morgen, wenn sie Pause vom Regieren in der Hauptstadt macht und in ihrem Heimatdorf bei Tochter und Mann ist. 3000 Euro hat die Politikerin für "Siepke" bezahlt. "Das war der günstigste Friese, der je in Deutschland verkauft wurde", sagt sie.

Nahles hält nicht viel von der gängigen Armutsgrenze

Natürlich ging es in dem Gespräch nicht nur um Persönliches. Nahles, die im vergangenen Jahr so schnell wie kein anderer Minister ihre Projekte wie das Rentenpaket und den Mindestlohn durchgesetzt hat, will weiter emsig bleiben und zum Beispiel im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung darlegen, welche Auswirkungen Reichtum für die Gesellschaft hat: "Ich glaube, da gibt es viele Vermutungen, oft auch Vorurteile. Wir werden sehen, wenn der Bericht Ende 2016, Anfang 2017 vorliegt, welche sich belegen lassen und welche nicht."

Nahles hält nicht viel von der weit verbreiteten Annahme, wonach jeder, der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, arm ist. "Der Ansatz führt leider schnell in die Irre. Angenommen, der Wohlstand in unserem Land würde explodieren, dann bleibt nach dieser Definition das Ausmaß an Armut gleich", sagt sie. Es handele sich um eine relative Größe, die zwar die Spreizung der Einkommen zeige - aber nicht die absolute Armut. Aussagen wie die des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wonach die Armut in Deutschland einen historischen Höchststand erreicht habe, weist sie zurück. Mit solchen Berechnungen laufe die Politik und die Gesellschaft Gefahr, den Blick für die wirklich Bedürftigen zu verlieren. "Es gibt zum Beispiel mehr illegale Einwanderer und sehr viele jüngere Erwerbsgeminderte, da haben wir es mit wirklicher Armut zu tun."

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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