Arbeitsmarkt:Freude von kurzer Dauer

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Die Arbeitslosigkeit ist auf 2,997 Millionen gefallen. Doch bald schon wird sie wieder steigen. Fieberhaft kämpft die Politik dagegen an - die Erfolgsaussichten sind gering.

Claus Hulverscheidt

Wären die Zeiten andere, wäre wohl auch diese Woche anders verlaufen. Vielleicht wäre die Kanzlerin vor die Presse getreten und hätte die frohe Botschaft verkündet: Erstmals seit 1992 sind in Deutschland weniger als drei Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit steht keine Fünf, keine Vier und nicht einmal mehr eine Drei vor dem Komma, sondern eine Zwei. Sicher, so hätte die Regierungschefin vermutlich gesagt, auch 2,997 Millionen Jobsuchende seien noch viel zu viele. Die Entwicklung zeige aber, dass die Koalition auf dem richtigen Wege sei.

2,997 Millionen Menschen sind in Deutschland noch arbeitslos. (Foto: Foto: AP)

Tatsächlich war von Angela Merkel in dieser Woche wenig zu sehen, denn die Zeiten sind nun einmal nicht normal. Die Volkswirtschaften der Welt werden von einer Finanzkrise riesigen Ausmaßes gebeutelt, die auch in der realen Wirtschaft erste, tiefe Spuren hinterlässt. Das bedeutet, dass die Zahl der Erwerbslosen schon bald wieder deutlich steigen wird.

Anstieg der Arbeitslosigkeit begrenzen

Für die Koalition ist dies um so ärgerlicher, als das Durchbrechen der Drei-Millionen-Marke nach unten psychologisch durchaus von Bedeutung ist. Es zeigt nämlich, dass die deutsche Volkswirtwirtschaft in konjunkturell guten Zeiten wieder die Kraft hat, Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Diese Zuversicht war vielen Bürgern abhanden gekommen, nachdem die Arbeitslosenzahl lange Zeit in der Tendenz nur eine Richtung gekannt hatte: nach oben. Höhepunkt war das Überschreiten der Fünf-Millionen-Grenze Anfang 2005.

Umso mehr sind Union und SPD nun - einstweilen vor allem verbal - darum bemüht, den drohenden Wiederanstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen. So spricht die SPD von einem 25 Milliarden Euro teuren Konjunkturprogramm, dessen größerer Teil allerdings aus längst gefassten Beschlüssen besteht. Aus Mangel an Alternativen nicken jedoch auch CDU und CSU alles ab.

Geringe Beschäftigungseffekte

Betrachtet man die geplanten Maßnahmen, so bietet nur die längere Zahlung von Kurzarbeitergeld tatsächlich Schutz vor Arbeitslosigkeit. Das erweiterte KfW-Programm zur Gebäudesanierung dagegen dürfte einen ebenso geringen Beschäftigungseffekt haben wie Änderungen der Abschreibungsregeln oder die Reform der Kfz-Steuer: Niemand, der sein Haus nicht dämmen will, der nicht investieren will oder kein neues Auto braucht, ändert seine Pläne deshalb, weil ihm der Staat einen geringen Zuschuss anbietet.

Allenfalls derjenige, der ohnehin in den Startlöchern stand, wird sich vielleicht endgültig überzeugen lassen - und selbst dieser konjunkturwirksame Vorzieheffekt wird nur erreicht, wenn alle Vergünstigungen zeitlich befristet werden.

Und schließlich: Für die Bürger sind jene 25 Milliarden Euro, welche die Politik zur Konjunkturstützung ausgeben will, eine unvorstellbare Summe. Gemessen an der deutschen Wirtschaftsleistung von 2500 Milliarden Euro pro Jahr sind sie - und das wird gerade im Zeitalter der Globalisierung das Dilemma jedes Konjunkturprogramms bleiben - fast nichts.

© SZ vom 31.10.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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