Apple:Die Streaming-Party

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Der Konzern gewinnt in ein paar Monaten zehn Millionen Kunden für seinen Dienst, Musik nach Wunsch über das Internet zu hören. Sie zahlen, einen werbefinanzierten Zugang gibt es nicht. Das ist hart für die Konkurrenten.

Von Helmut Martin-Jung, München

Es begann in den 1990ern, als einige Internet-Radiosender nicht mehr bloß ihr Live-Programm über einen neuen Kanal sendeten - über das Internet. Sondern gesonderte Listen zusammenstellten. Heute gehört das Hören übers Netz mithilfe von Streaming-Diensten längst zum Alltag. Allein in Deutschland greifen bereits 20 Millionen Menschen auf solche Angebote zurück und hören die Musik, die ihnen gefällt und nicht die, die irgendein Radiosender gerade abspielt.

Der Apple-Konzern, der einst dafür sorgte, dass viele Menschen für Musik bezahlten, anstatt sie illegal irgendwo herunterzuladen, war zur Streaming-Party erst sehr spät gestoßen. Doch ganz offenbar geht das Konzept auf, den Dienst eng mit der Musik-Software auf Apple-Geräten zu verknüpfen: Wie die Financial Times berichtet, haben die Kalifornier mit ihrem erst vor wenigen Monaten gestarteten Dienst bereits die Marke von zehn Millionen Kunden geschafft.

Zehn Millionen Kunden, das heißt bei Apple: Zehn Millionen zahlende Kunden, denn einen werbefinanzierten Zugang wie bei der Konkurrenz hat Apple gar nicht erst im Angebot. Streaming-Pionier Spotify aus Schweden ist schon seit 2008 auf dem Markt, im Juni 2015 vermeldete das Unternehmen 75 Millionen Nutzer, davon 20 Millionen zahlende. Andere, wie etwa Rhapsody aus den USA gibt es schon seit 2001. So richtig abgehoben aber hat Streaming erst in den vergangenen zwei Jahren. Das Wachstum ist noch immer sehr hoch.

Doch weil es viele der Dienste mit ähnlichem Angebot gibt, ist die Konkurrenz untereinander sehr groß. Das drückt auch auf den Preis. Bei den meisten Diensten bekommt man für knapp zehn Euro pro Monat den vollen Zugang ohne Werbeunterbrechungen, oft schließt das auch ein, dass man sich Songs zum Beispiel auf ein Mobiltelefon herunterladen darf - gedacht ist das für Zeiten, in denen man keinen Zugriff aufs Internet hat.

Die Anbieter müssen zusehen, dass sie irgendwann aus den roten Zahlen kommen

Apple bietet als einziger Dienst auch ein Familien-Abo an, für 15 statt zehn Euro können bis zu sechs Familienmitglieder auf das Musikangebot zugreifen. Finanziell ist das für den Apple-Konzern, der auf gewaltigen Barreserven von gut 200 Milliarden Dollar sitzt, überhaupt kein Problem, die Konkurrenz dagegen muss zusehen, dass sie irgendwann aus den roten Zahlen kommt. Einige wie Simfy haben bereits aufgegeben, andere werden folgen. Die meisten Dienste bieten unterschiedliche Qualitäten an. Ist der Kunde unterwegs mit dem Handy, will er womöglich das meist knappe Datenbudget schonen, zu Hause am Rechner dagegen oder mit Hausverteilungssystemen etwa von Sonos oder Raumfeld ist hohe Soundqualität gefragt. Manche der Dienste, zum Beispiel Tidal, bieten auch Stücke an, die verlustfrei gespeichert wurde. Um den Unterschied zu gut komprimierter Qualität zu hören, braucht es aber schon gute Ausrüstung und auch Erfahrung auf diesem Gebiet.

Auch in Deutschland streamen zwar immer mehr Menschen Musik, anstatt sich eine CD-Sammlung zuzulegen. Der Anteil derer, die ihre Musik gerne physisch besitzen, die noch einen Rest von Haptik mögen, ist hierzulande höher als im Rest der Welt. 2014 erwirtschafteten die kleinen Silberscheiben noch immer beachtliche 66,4 Prozent am Gesamtumsatz auf dem Musikmarkt.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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