Agrarsubventionen:EU will Einfuhren erleichtern

Lesezeit: 2 min

Zugeständnis an die Entwicklungsländer: Die EU bietet an, die Importzölle für Agrarprodukte zu senken - verlangt dafür aber eine Gegenleistung.

M. Bauchmüller und C. Gammelin

Mit dem Angebot milliardenschwerer Zollsenkungen hat die Europäische Kommission Bewegung in die Welthandelsrunde gebracht. Zum Auftakt eines informellen Ministertreffens in Genf kündigte Handelskommissar Peter Mandelson an, die EU werde ihre auf Agrarprodukte erhobenen Importzölle um 60 Prozent kürzen.

Mähdrescher bei der Ernte: EU stellt sinkende Importzölle in Aussicht. (Foto: Foto: dpa)

Voraussetzung sei, dass andere Staaten der Welthandelsorganisation WTO ähnliche Schritte unternähmen. "Wir haben beschlossen, den Verhandlungen in dieser Woche zu einem starken Start zu verhelfen", sagte Mandelson, ohne weitere Details zu nennen. Seine Ankündigung gilt als das höchste Zugeständnis, das die EU bisher in der Handelsrunde gemacht hat. Aus Verhandlungskreisen verlautete, es handele sich möglicherweise um eine neue Berechnung des bisherigen EU-Angebotes über 54 Prozent.

Forderung trifft Forderung

Die sogenannte Doha-Runde läuft seit 2001. Sie war auch unter dem Eindruck der Terroranschläge vom 11. September eingeläutet worden und sollte armen Ländern zu mehr Chancen im Welthandel verhelfen. Nach mehreren gescheiterten Anläufen gilt das Treffen in Genf als letzte Chance, die Runde abzuschließen.

Die Entwicklungsländer fordern vor allem einen Abbau der Agrarsubventionen, mit denen EU und USA ihre Bauern päppeln. Im Gegenzug fordern die reichen Staaten einen leichteren Zugang zu den Märkten für Industriegüter und Dienstleistungen. Große Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien müssten sich weiter öffnen, forderte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Montag in einem Beitrag für die Financial Times Deutschland. "Verbesserter Marktzugang kann nicht nur eine Einbahnstraße sein."

Glos wird in Genf zunächst von seinem Staatssekretär Bernd Pfaffenbach vertreten. Er will von Mittwoch an selbst an den Gesprächen teilnehmen. Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) halte sich bereit, ebenfalls in die Schweiz zu reisen, sagte seine Sprecherin in Berlin.

Kämpferische Entwicklungsländer

Die Zeit drängt, weil die USA durch die Präsidentschaftswahlen frühestens 2010 wieder eine Handelsvereinbarung abschließen könnten, sollte das Treffen scheitern. Die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab zeigte sich zum Auftakt der Gespräche kompromissbereit. "Wir wissen, dass wir eine Verantwortung für diese Runde haben", sagte sie. Auch sei klar, dass die USA mehr Substanz liefern müssten, "als bislang auf dem Tisch liegt". Gleichzeitig müssten sich aber auch die Exportchancen für amerikanische Firmen verbessern, forderte sie.

Ungeachtet der EU-Zugeständnisse gingen die Entwicklungsländer kämpferisch in die Verhandlungen. "Wir glauben weiterhin, dass die Industriestaaten für die Handelsverzerrungen verantwortlich sind", sagte die indonesische Ministerin Mari Pangestu im Namen der Entwicklungsländer-Gruppe G-33. "Für unsere Staaten ist die Landwirtschaft eine Frage des Lebensunterhalts und der Nahrungsmittelsicherheit." Das Angebot der EU bezeichnete Pangestu als unzureichend, weil es sich nur auf Zölle beziehe, nicht aber auf die umstrittenen Agrarsubventionen. "Wir sollten nicht vergessen, dass dies eine Entwicklungsrunde ist."

Entwicklungshilfe-Organisationen bezweifeln, dass die Welthandelsrunde dieses Ziel erfüllt. "Was nach sieben Jahren Verhandlungen auf dem Tisch liegt, wird dem Anspruch nicht ansatzweise gerecht", kritisierte Michael Windfuhr, Vorstand von Germanwatch. "Wer den Hunger bekämpfen will, muss die Kleinbauern in den armen Ländern fördern und sie vor unfairer Konkurrenz schützen", sagte Marita Wiggerthale, Handelsexpertin bei Oxfam.

© SZ vom 22.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: