Die EU-Kommission will Deutschland zur Offenlegung aller Empfänger der milliardenschweren Agrarsubventionen zwingen. Die Brüsseler Behörde leitete am Donnerstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung ein.
Sechs Milliarden aus Brüssel
Der Freistaat Bayern lehnt es unter Berufung auf den Datenschutz ab, die Empfänger der sogenannten Direkthilfen zu veröffentlichen. Weigert sich Bayern auch weiterhin, drohen Deutschland im äußersten Fall eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und hohe Strafzahlungen.
Deutschland erhält jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro an Agrarsubventionen aus Brüssel. Nach EU-Recht müssen Informationen über alle Empfänger seit Anfang Mai im Internet zugänglich sein.
Die Bundesregierung veröffentlichte den Großteil der Daten zwar Mitte Juni mit sechswöchiger Verspätung. Die Angaben aus Bayern fehlen aber weiter. Die Bundesregierung hat nun vorerst einen Monat Zeit zur Stellungnahme.
Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) hatte underdessen die Weigerung seines Bundeslandes, alle Empfänger von EU-Agrarsubventionen öffentlich zu nennen, verteidigt. "Es geht mir in keiner Weise darum, Daten zu verheimlichen", sagte Brunner der Passauer Neuen Presse (Mittwochausgabe).
"Was ich will, ist Rechtssicherheit in der Frage, ob eine Veröffentlichung gegen den Datenschutz verstößt oder nicht." Er erhofft sich vom Europäischen Gerichtshof eine rasche Entscheidung, will bis dahin beim Datenschutz aber strenge Maßstäbe anlegen.
Bayerns Minister ebenfalls Subventionsempfänger
Dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten will, kann er nicht verstehen, sieht aber auch keinen Grund zur Panikmache. "Ganz sicher werde ich kein finanzielles Risiko zu Lasten der Steuerzahler eingehen. Ein solches Verfahren läuft nach festen Regeln ab und dauert oft Monate. Wir werden nochmals die Möglichkeit haben, unsere Haltung eingehend zu erläutern. Das will ich nutzen, denn ich sehe die reelle Chance, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, ehe Strafzahlungen angeordnet werden."
Dass er selbst im vergangenen Jahr rund 10.000 Euro EU-Subventionen kassiert hat, rechtfertigt Brunner damit, dass er "nicht nur Minister, sondern auch Landwirt" ist. "Meinen 19 Hektar großen Grünland-Betrieb bewirtschafte ich sehr extensiv mit Weidehaltung und Aufzucht von Jungrindern. Hierfür gibt es spezielle Förderprogramme wie das Kulturlandschaftsprogramm, die Weideprämie oder die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete."
Zahlungen aus diesen Programmen erhalte jeder Landwirt oder Nebenerwerbslandwirt, der seinen Grund und Boden selbst bewirtschafte.