Abgasaffäre:Schwer verdaulich

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Eigentlich wollten die EU-Abgeordneten von Bosch Aufklärung im VW-Skandal. Doch die Kombination aus Abgasaffäre, klaren Fragen und beteiligten Ingenieuren ergibt: einen zähen Termin.

Von Max Hägler, Stuttgart

Nach einer Stunde an diesem Donnerstagvormittag artikuliert einer der Parlamentarier die insgesamt mäßige Laune bei dieser Sitzung und wendet sich an die beiden Manager des Autozulieferers Bosch: "Die Öffentlichkeit erwartet eigentlich einen Zeitplan." Aber so einen Plan zur Aufarbeitung des Skandals gebe es offenbar nicht, und es gebe auch keine Antworten auf die wirklich interessanten Fragen. Kurzum: Das Treffen sei doch eigentlich "vertane Zeit für Sie und für uns".

Das war zwar etwas zugespitzt, aber tatsächlich umrunden die beiden Bosch-Männer die kniffligen Aspekte des Abgas-Untersuchungsausschusses des Europaparlaments, der sie geladen hat. Die Politiker wollen aufarbeiten, wie es zum VW-Dieselskandal kommen konnte, der mittlerweile einen Großteil der Branche erfasst hat; sie wollen wissen, was Hersteller, Zulieferer, nationale Regierungen und eben die EU-Kommission ahnten oder gar wussten. VW musste sich hier schon erklären, Vertreter der US-Behörde EPA kommen noch, wie auch das Kraftfahrtbundesamt.

Und heute eben Bosch. Ein Akteur, der zunehmen im Fokus steht, auch wenn er hier wieder vorträgt, dass zwei weitere Zulieferer an den Schummelmotoren mitgearbeitet hätten. Zunehmend erscheint es so, als hätten einige bei Bosch genau gewusst, dass der Abgasbetrug bei VW überhaupt erst durch die zugelieferte Motorsteuersoftware möglich wurde. Milliardenklagen gibt es deswegen in den USA, Staatsanwälte in Stuttgart ermitteln.

"Sehr beunruhigend für den größten Autozulieferer der Welt", findet die Sache ein Abgeordneter

Insofern ist es durchaus mutig, dass sich Peter Biesenbach, Leiter der Bosch-Abteilung für Außenangelegenheiten, und Diesel-Entwicklungschef Michael Krüger überhaupt nach Straßburg gewagt haben. Ruhig und leise sprechen die beiden, im Rücken die Europaflagge. Aber immer wenn es konkret um die Rolle von Bosch in dem Skandal geht, antworten die Mitarbeiter: Man verstehe das Interesse, aber leider könne man derzeit darauf nicht antworten.

Das ist nachvollziehbar, angesichts des drohenden Ärgers vor den Gerichten. Aber es nervt eben die Parlamentarier. Stattdessen bekommen die ingenieurtechnische Detailerklärungen. Es sei relevant, ob das Abgas vor oder nach dem Turbolader rückgeführt werde, erklärt da etwa Bosch-Mann Krüger. "Ja, ich verdau' das dann mal", entgegnet ein Abgeordneter.

Der Abgeordnete Ismael Ertug legt dann den Finger in die Wunde: Wie ließen sich solche Betrügereien künftig vermeiden? Gebe es bei Bosch Mechanismen, um Whistleblower zu schützen?, fragt der SPD-Politiker. Er kenne da kein entsprechendes Programm, antwortet Biesenbach. Für Ertug kein gutes Zeichen: "Wir haben nun gehört, dass Bosch keine Prozeduren zu haben scheint, wenn Bosch-Mitarbeiter von Kunden zu illegalen Handlungen aufgefordert werden", sagt er nach der Debatte. "Das ist sehr beunruhigend für den größten Autozulieferer der Welt."

Die italienische Abgeordnete Elenora Evi dreht ihre Frage ebenfalls in die Zukunft, weil Bosch über die Vergangenheit nicht reden kann: Wie verhält es sich denn mit den neuen Prüfungen? Mobile Abgasschnüffelgeräte sollen Autoemissionen live auf der Straße messen. Wird die Motorsteuersoftware das vielleicht auch erkennen - und die Abgaswerte manipulieren? "Das wird schon sehr sehr schwierig werden", antwortet Techniker Krüger. Kein Nein. Also sei Betrug auch künftig möglich, gibt Evi zu bedenken.

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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