Geox-Gründer Polegato:"Der Markt ist hungrig auf neue Ideen"

Lesezeit: 3 min

Mario Polegato erfand die atmungsaktive Schuhsohle, mittlerweile ist er einer der bekanntesten Unternehmer Italiens. Im SZ-Gespräch spricht der Gründer der Schuhmarke Geox über erfolgreiches Unternehmertum, Mario Monti und Innovationen in Zeiten der Krise.

Von Lutz Knappmann

Selbstverständlich stammt auch sein Sakko aus der eigenen Kollektion. Dass Mario Polegato ausschließlich Schuhe von Geox trägt, ist nicht weiter überraschend. Schließlich hat er die komplizierte, atmungsaktive High-Tech-Sohle, mit der sein Unternehmen bekannt geworden ist, einst selbst erfunden. Mittlerweile macht der Gründer auch in Mode - Jeans, Jacken, Mäntel. Genug Auswahl, um ihn komplett einzukleiden, auch an diesem Tag. Polegato, 60, ist einer der bekanntesten Unternehmer Italiens. Binnen weniger Jahre hat er Geox zu einer globalen Schuhmarke aufgebaut. Der Umsatz summierte sich in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres auf rund 700 Millionen Euro. Das waren allerdings etwa zehn Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Schuld daran ist die Krise in seinem Heimatland und in ganz Südeuropa, einem sehr wichtigen Markt für Geox.

SZ: Herr Polegato, Sie haben vor einem Jahr klar Position für Mario Monti und seine Reformpolitik bezogen. Sind Sie heute zufrieden mit den Ergebnissen?

Mario Polegato: Mario Monti tut Italien und Europa sehr gut. Er hat eine großen Anteil daran, dass sich das Ansehen nach der Krise wieder bessert. Der erste Schritt ist getan, jetzt aber muss der zweite Schritt kommen, damit die italienische Wirtschaft sich wieder erholt. Aber weil bald Wahlen sind, geht nichts voran.

Was heißt das für den Ausgang der Wahl?

Mario Monti wird es schwer haben. Er hat Steuern erhöht, neue Abgaben eingeführt. Die Bevölkerung ist nicht zufrieden. Es ist nicht leicht, die Menschen erst um Geld zu bitten und dann um Wählerstimmen.

Akzeptieren die Italiener denn die notwendigen Reformen?

Das Problem ist doch, dass die Politik in Italien keine klare Strategie hat. Die Politiker haben keine klare Vision für Europa und die Welt.

Sie sprechen oft mit Studenten an der Universität. Welche Rolle haben Sie als Unternehmer in Italien, in dieser schwierigen Situation?

Ich will Studenten ermutigen, etwas zu erfinden und aufzubauen. Der Markt ist hungrig auf neue Ideen. Als ich in den frühen 90er Jahren die atmungsaktive Schuhsohle erfunden habe, wollte ich gar keine Schuhe herstellen. Ich habe zwei Jahre lang einen Partner gesucht. Ich habe die Technologie allen großen Schuhherstellern angeboten. Keiner hat an mich geglaubt. Also habe ich es in Italien selbst aufgebaut.

Wie ging es weiter?

Am Anfang waren wir fünf Leute, nach sieben Jahren sind es 30.000. Heute verkauft Geox in 103 Länder weltweit. Wir haben 1195 Geschäfte. Geox ist jetzt eine börsennotierte Firma, von der mir 71 Prozent der Aktien gehören.

Welche Lehre sollte Italien, sollten die Studenten denn aus ihrer Lebensgeschichte ziehen?

In Italien, in Deutschland, in Frankreich, überall gibt es Menschen, die eine gute Idee haben. Aber manchmal haben sie nicht die Fähigkeit, ein eigenes Geschäft aufzubauen. Entscheidend ist die Bildung. Die Schulen in Europa vermitteln nicht viel über Unternehmertum. Aber in einer Zeit, in der sich Europa wirtschaftlich erholen muss, ist es fundamental, Innovation zu fördern.

Ihre Innovation war eine neue Technologie, die Schuhsohlen atmungsaktiv macht. Reicht das allein schon für langfristigen Erfolg als Unternehmer?

Geox hat diese Technologie eingeführt. Das ist in Italien ungewöhnlich. Viele Menschen verbinden Italien mit Design oder Mode, aber nicht mit Technologie. Aber jetzt ändert Geox die Richtung. Unsere Technologie allein reicht nicht mehr, um Frauen von unseren Produkten zu überzeugen. Frauen machen aber 65 Prozent unseres Umsatzes aus. Ein großer Markt.

Was wollen Sie tun?

Wir investieren mehr in Design und Qualität, haben eine modischere Kollektion eingeführt. Mit den ersten Zahlen sind wir sehr zufrieden. Und wir werden in den nächsten drei Jahren 400 neue Filialen in China eröffnen.

Produzieren Sie dort auch?

Unser Hauptquartier ist in Italien. Dort kümmern wir uns um Design, Technologie, Marketing, Finanzen. Die Herstellung der Schuhe haben wir ausgelagert. Nach Osteuropa, in den fernen Osten, nach Brasilien. Unsere Produkte sind aber weiterhin italienisch - das Design, die Technologie, einige der Rohmaterialien, alles italienisch. Wir begrenzen das Outsourcing auf die Produktion - so wie es zum Beispiel auch Mercedes macht.

Sind denn Schuhe ebenso global vermarktbar wie Autos?

Die Passform der Schuhe beispielsweise müssen wir verändern, weil die Menschen in China eine andere Fußform haben als in Europa. Sie müssen in jedem Land herausfinden, was die Konsumenten haben wollen. Ein guter Unternehmer ist sehr sensibel dafür.

© SZ vom 07.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: