Philosophie:Das Pizza-Problem

Zeichnung: Jan Reiser (Foto: N/A)

Auf einer Party steht das Essen auf dem Tisch. Nicht wenig, aber auch keine Riesenmenge. Wie kann man es möglichst gerecht aufteilen? Ein Gedankenspiel.

Von Claudia Henzler

Dieses philosophische Gedankenspiel stammt von einem Professor: Michael Reder von der Hochschule für Philosophie in München. Er hat es bei einem Vortrag der "Kinderuni München" vorgestellt. Philosophen beschäftigen sich mit dem Denken, der Bedeutung des Menschen im Universum und dem Zusammenhang der Dinge in der Welt. Philosophen regen andere zum Nachdenken über Entscheidungen an, geben aber keinen konkreten Ratschlag. Sie wollen zeigen, welche Gedanken man berücksichtigen kann, wenn man eine Entscheidung trifft, und sie wollen dazu anregen, selbst Lösungen zu finden.

Jeder nimmt sich, was er will und kann

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(Foto: Jan Reiser)

Wer am stärksten und am schnellsten ist, bekommt bei dieser Lösung das beste Stück und kann sich vielleicht sogar schon ein zweites holen, während andere Gäste noch nicht mal ihr erstes hatten. Diejenigen, die zuerst da waren, die besonders lange Arme haben oder andere wegschubsen können, finden das vielleicht richtig. Man spricht hier auch vom "Recht des Stärkeren". Wer schüchtern ist oder gar nicht bis an den Teller rankommt, dürfte diese Aufteilung dagegen für ungerecht halten.

Wer zahlt, entscheidet

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(Foto: Jan Reiser)

Auch das kann man gerecht finden: Derjenige verteilt die Pizza, der die Zutaten dafür gekauft und sie gemacht hat. Er hat sie schließlich bezahlt und hatte auch noch Arbeit damit. Bei dieser Lösung darf er mit der Pizza machen, was er will. Das kann Probleme geben: Er könnte seinem besten Freund das Stück mit dem leckersten Belag geben und dem Gast, der ihm ein besonders teures Geschenk gemacht hat, das größte Stück. Das finden dann möglicherweise nicht alle Gäste gerecht.

Jeder bekommt ein genau gleich großes Stück

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(Foto: Jan Reiser)

Dieser Vorschlag wirkt auf den ersten Blick besonders einleuchtend. Man zählt einfach, wie viele Gäste da sind und zerteilt die Pizza dann in die richtige Anzahl gleich großer Stücke. Aber ist das dann wirklich gerecht? Vielleicht hat ein Gast zu Hause schon abendgegessen. Dann knabbert er sein Pizzastück nur an und wirft es anschließend weg. Und ein anderer Gast ist möglicherweise mit knurrendem Magen zur Party erschienen, weil er seit dem Frühstück nichts zu essen hatte. Noch ein Problem kann bei dieser Lösung auftauchen: Vielleicht sind die Stücke zwar gleich groß, aber auf manchen liegt mehr drauf.

Jeder nimmt sich so viel er braucht, um satt zu werden

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(Foto: Jan Reiser)

Die Pizza wird bei dieser Lösung nach der Größe des Hungers aufgeteilt. Hier gibt es ein praktisches Problem: Soll jeder sagen, wie viel Hunger er hat, und trägt das in eine Tabelle ein? Man kann ja nicht so einfach nachmessen, wie groß der Hunger jedes Einzelnen tatsächlich ist. Bei dieser Art der Aufteilung könnte es auch sein, dass die Pizza nicht für alle reicht.

Auch künftige Gäste werden berücksichtigt

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(Foto: Jan Reiser)

Bei dieser Lösung wird nicht die ganze Pizza verteilt. Denn man denkt auch an die Zukunft und hebt etwas für Gäste auf, die vielleicht später noch kommen.

Die Gruppe ernennt einen Pizza-Aufteiler

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(Foto: Jan Reiser)

Die Gäste wählen einen Stellvertreter. Dieser entscheidet, wie die Pizza gerecht aufgeteilt wird. Bei der Wahl hat jeder eine Stimme, damit jeder gehört wird. Und die Wahl ist geheim: Jeder schreibt einen Namen auf einen Zettel, ohne dass jemand zuschaut. Der hungrige Muskelprotz kann also keinem über die Schulter schauen und dafür sorgen, dass sein Name aufgeschrieben wird. Dieses demokratische Verfahren hat sich schon häufig bewährt. Für eine private Party mag diese Lösung übertrieben wirken, aber wenn man sich vorstellt, dass es zum Beispiel um die Verpflegung auf einer Klassenfahrt geht, sieht die Sache schon anders aus.

Zeichnungen: Jan Reiser

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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