Mode:Woher kommt der Hype?

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Tausenmal gesehen: Batwing mit Levi's-Schriftzug. (Foto: Levi's)

Das Levi's-Shirt war der modische Sommerhit des Jahres. Woran liegt das? Und ist ein Ende des Trends absehbar? Ein Erklärungsversuch.

Von Dennis Braatz

Wenn "Despacito" der musikalische Sommerhit dieses Jahres ist, dann ist das Levi's-T-Shirt der modische. Das hohe Aufkommen des Stücks bemerkt man zuerst gar nicht. Dann fällt es einmal, zweimal, dreimal auf und schließlich kann man nicht glauben, wie oft es einem von der Münchner Fußgängerzone bis ins griechische Pauschaltouristenhotel begegnet. Entkommen? Zwecklos! Weshalb das T-Shirt auf Blogs und in Foren auch schon zahlreiche Debatten ausgelöst hat. Seine Gegner machen sich über die Uniformität ihrer Träger mit kreativen Kopien lustig (zum Beispiel "Leni´n"). Seine Befürworter sehen in dem T-Shirt einen wichtigen Zeitgeist-Indikator. Beide Seiten haben natürlich Recht.

Die Frage ist nur, warum der Run auf das T-Shirt so groß ist. Selbst die Neue Osnabrücker Zeitung Ende hat Ende Juni schon berichtet, in der Stadt kämen Modegeschäfte gar nicht mehr hinterher mit dem Nachbestellen. Wirklich spektakulär ist das Design ja nicht, sondern nur extrem einschlägig: Das T-Shirt ist aus weißer Baumwolle und darauf ist das rote Markenlogo gedruckt. Das wird übrigens "Batwing" genannt und wurde 1967 vom Produktdesigner Walter Landor entworfen; seine Silhouette erinnert an einen Fledermausflügel und greift die geschwungenen Nähte der Gesäßtaschen einer Levi's-Jeans auf.

Grundsätzlich sind T-Shirts mit Markenlogos aktuell wieder angesagt. Das Vorbild stammt aus den unschuldigen Neunzigerjahren, der Impuls kam im Frühling 2016 vom Laufsteg der Luxusmarken: Gucci kommt mit der Produktion seiner T-Shirts (350 Euro pro Stück) auch nicht mehr hinterher. Was in Mailand und Paris lieb und teuer ist, wird in der Regel von den großen Modeketten für die nicht ganz so vermögende Klientel rauf und runter kopiert. Das Gucci- oder Chanel-Logo im Schaufenster der großen Modeketten geht aber natürlich nicht. Das eigene Label? Mit einem Zara- oder H&M-Schriftzug will wohl auch niemand auf der stolzen Brust rum laufen. Neben Levi's konnten vom aktuellen Trend auch Firmen wie Champion, Adidas oder Kappa profitieren, also solche, die ihre Ware viel günstiger als die großen Luxusdesigner anbieten, aber trotzdem mit ernstzunehmenden Markenwerten aufwarten können - und einem bekannten Logo.

Speziell Levi's (das T-Shirt für 24,95 Euro tauchte früh an Influencern auf) hat eine ganze Menge Geschichte anzubieten. Die Marke ist der Inbegriff von ehrlicher Jeanskultur, Klassiker wie die Levi's 501 sind seit Jahrzehnten im Verkauf erfolgreich, weil Stoff und Schnitt Jahrzehnte halten. Das alles wussten, so will es die Legende, schon Amerikas Goldgräber, die das Denim vom fränkischen Einwanderer Levi Strauss ab Mitte des 19. Jahrhundert trugen. Was Levi's atmet, ist also die Sehnsucht nach dem good old america, einem Land, in dem einst jeder willkommen war und es mit harter Arbeit schaffen konnte. Auch andere ur-amerikanische Workwear-Marken sind derzeit so erfolgreich wie nie, darunter Red Wing und Carhartt.

Natürlich wird längst nicht jeder Träger eines Levi's-T-Shirts diese Sehnsucht verspüren. Inzwischen zählt vielmehr das Wir-Gefühl, das das rote Batwing-Logo ausgelöst hat. Um nichts anderes geht es ja bei einem Sommerhit. So lange, bis das Ding niemand mehr hören, pardon, sehen kann.

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