Lokaltermin:Schumachers

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Prominente mit eigenem Restaurant gibt es viele. Das Herzensprojekt von Ralf Schumacher aber kommt wohltuend leise daher.

Von Jutta Göricke

Unter Prominenten ist das Eröffnen eigener Restaurants so beliebt, dass der Überblick längst verloren gegangen ist. Doch wenn ein früherer Formel 1-Pilot in einem rheinischen Bergbaustädtchen ein Fine-Dining-Lokal anschiebt, dann will man sich das doch wenigstens einmal ansehen, fand Jutta Göricke. Tatsächlich kommt Ralf Schumachers Herzensprojekt Schumachers wohltuend leise daher.

Tiefergelegte Teller? Waschräume mit der Aufschrift "Boxenstopp"? Nein, so einfach hat "der Ralle", wie sie ihn hier nennen, es sich nicht gemacht. Dabei stünden die Chancen nicht schlecht, dass selbst ein wenig künstliche Aufregung gut ankäme im beschaulichen Bergheim, wo Ex-Rennfahrer Ralf Schumacher im September 2014 ein Restaurant eröffnet hat. Das Städtchen, bedrängt von den Riesenlöchern des rheinischen Braunkohletagebaus, ist nicht gerade ein Hort der Möglichkeiten des gesellschaftlichen Lebens. Am Wochenende findet hier regelmäßig ein großer Exodus statt, Köln liegt direkt vor der Tür. Und die Menschen, die an diesem schönen, lauen Abend die kleinstädtische Fußgängerzone entlang flanieren, wählen in der Regel zwischen Eisdiele und örtlichem Brauhaus.

Um so mutiger, dass der "Junge" aus dem Rhein-Erft-Kreis, hier ein Projekt verwirklicht hat, das ihm dem Vernehmen nach eine Herzensangelegenheit ist. Der ehemalige Formel-1-Pilot wohnt gleich um die Ecke, "in einer normalen Einfamilienhaussiedlung", wie Einheimische berichten, und ist damit einer von zwei Bergheimer Weltenbummlern mit Verbundenheit zur heimatlichen Scholle. Neben Lukas "Poldi" Podolski nämlich, der hier regelmäßig seine alte Nachbarschaft (tatsächlich sehr zur Freude der alten Nachbarschaft!) mit rasanten Quad-Fahrten aufmischt.

Nun muss an dieser Stelle natürlich noch kurz gequengelt werden, dass Prominente, die ein Lokal eröffnen, längst weniger originell wirken als solche, die keines eröffnen. Aber das Restaurant eines ehemaligen Rennfahrers, das interessiert dann irgendwie doch, weil all die herrlichen Vorurteile, die da mitschwingen, die Neugier beflügeln. Wie lässt wohl ein Sportidol kochen, das - vorsichtig formuliert - im Boulevard nicht immer optimal positioniert war? Ein Mann, der jahrelang zwischen Rio, Monaco und Melbourne hin und her gerast ist und nach den Rennen mit mehr oder weniger wichtigen Menschen teuren Champagner getrunken und schlechte Canapés gegessen hat?

(Foto: oh)

Doch dass Ralf Schumacher solche Vorurteile nicht bedient, darauf geben schon die zurückhaltende Front und der Name des Restaurants einen ersten Hinweis. Das "Schumachers" verzichtet wohltuenderweise auf den heute allgegenwärtigen Deppen-Apostroph. Und auch der Innenraum steht eher für Augenhöhe als für Angeberei. Statt auf Formel-1-Folklore trifft der Gast auf eine stilvolle Kreuzung aus Landhaus und Lounge: Filzbänke und grauer Backstein, alte Eiche und gediegene Bodenkacheln machen den kleinen unteren Gastraum, der gerade einmal 16 Plätze bietet, zu einem modern-gemütlichen Wohnzimmer. Nur auf die etwas kreischigen Gemälde könnte man zur Not verzichten. Im oberen Geschoss gibt es für weitere 28 Gäste Platz, den an diesem Abend aber niemand in Anspruch nimmt.

Und damit wären wir dann endlich beim Essen, ein Part, der diesmal allerdings recht schnell erzählt ist. Der junge Chef Philipp Längsfeld, ehemals im Kölner "Poisson" tätig, ist mittlerweile Inhaber des Schumachers. So war es von Beginn an verabredet, man kannte sich. "Ralf mochte, was ich gemacht habe, und wollte mir den Weg ebnen", erklärt Längsfeld. Er kocht klassisch mediterrane Gerichte mit Crossover-Einflüssen. Eine professionelle Küche, durchaus mit Fine-Dining-Anspruch, erkennbar auch an den edlen Zutatenklassikern: Nebraska-Rind, Wildfang-Gambas, bretonischer Hummer.

Zudem hat das Restaurant eine vernünftig kleine Karte, die selbstverständlich an diesem Abend außer der Reihe saisonalen Spargel im Angebot hat. Leider wird die Spargelcremesuppe (11,50 Euro) von Bitteraromen gestört. Da scheint etwas angebacken oder verbrannt zu sein. Am sehr klassischen "Seafood"-Salat ist hingegen nichts auszusetzen: Jakobsmuscheln, Seeteufel, Hummer und Färöer Lachs - alles frisch und auf den Punkt gebracht (22 Euro). Und der Salat? Ist eben: ein Salat. Die Lammkoteletts (28 Euro) haben neuseeländische Salzwiesen gesehen und sind zart, das Filetsteak (23 Euro) ist gerade richtig gebraten, alles prima, und auch die Zitronen-Polenta dazu kommt gut an.

Beim Dessert fällt das Schokoladensoufflé handwerklich wie geschmacklich angenehm auf (10,50 Euro). Die Weinkarte ist klein, aber gut. Die Flasche Grauburgunder (Dreissigacker, Rheinhessen) ist für 28 Euro zu haben, ein Glas Primitivo (0,2 l), mehr als solide, kostet 8,20 Euro.

Nach einem Abend mit tadellosem Essen und anständigem Service bleibt einzig das Aha-Erlebnis aus. Das ist insofern nicht ganz unwichtig, weil es die Frage aufwirft, welche Zielgruppe das Schumachers eigentlich ansprechen will. Denn auch wenn Preis und Leistung hier durchaus stimmen: Für viele Nachbarn aus Bergheim wird der Besuch des Restaurants eine finanzielle Herausforderung bleiben. Da braucht man die Flasche Dom Perignon Vintage für 209 Euro gar nicht ins Feld zu führen; oder die unter "Raritäten" geführte Drei-Liter-Flasche Anima Negra, die gehobenen Mallorca-Touristen womöglich ein Begriff ist. Doch um zum Beispiel betuchte Kölner nach Bergheim zu locken, dürfte das nicht ausreichen. Da müsste das Essen wohl einiges mehr bieten als gute Zutaten.

Aber vielleicht zieht ja "der Ralle" selbst, dessen Herz trotz Inhaberwechsels weiter dem "Schumachers" gehören soll und der nach Auskunft des Personals regelmäßig hier speist. Heute Abend war er allerdings nicht da. "Ist ausgeflogen, musste zu einem Termin", sagt der Kellner mit Blick in den Himmel (dazu muss man wissen, dass Bergheim in der Einflugschneise des Flughafens Köln-Bonn liegt). "Aber heute Mittag hat er reingeschaut." Na dann.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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