Insolvenz von Baskenmützen-Firma:Der Fladen stirbt aus

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Kein anderes Accessoire dürfte es weltweit zu einer derartigen - allein mit der Unterhose vergleichbaren - Beliebtheit gebracht haben: die Baskenmütze. Jetzt ist sie vom Aussterben bedroht. Da stellt sich die Frage: Woher kriegen wir demnächst noch den Fladen für unseren Kopf?

Martin Zips

Die Wiege der industriell gefertigten Baskenmütze, das ist seit gut 200 Jahren die Firma Béatex in der südwestfranzösischen Stadt Oloron-Sainte-Marie. Oder sollte man sagen: Sie war es? Das Ende der original französischen Baskenmütze sei da, so war in den vergangenen Tagen hier und dort zu lesen. Ein Gericht habe ein Insolvenzverfahren angeordnet. Gegen den Geschäftsführer seien Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung und Veruntreuung eingeleitet worden. Die Firma habe Schulden, die sie nicht begleichen könne. Nun, es steht nicht gut um das französische Nationalsymbol.

Das béret basque auf dem Kopf gehört zu Frankreich wie das Baguette unterm Arm. (Foto: AFP)

Natürlich kriegt auch künftig jeder, der Wert auf einen Fladen am Kopf legt, von irgendwo sein Mützchen her. Das ist kein Problem. Der Fladen kommt dann womöglich aus China oder anderen Ländern, in denen sich so etwas billig produzieren lässt. Mit dem Original allerdings, dessen Filz sich glatt und geschmeidig anfühlt wie die Bespannung eines Billardtischs, können die Asia-Kappen nicht mithalten.

Die Firma Béatex lieferte das Original - und es mag kaum beruhigen, dass es ein paar Kilometer von Oloron-Sainte-Marie entfernt noch eine weitere französische Béret-Produktion gibt, die Firma Blancq-Olibet in Baudreix nämlich. Deren Vertriebsleiter Benjamin Zacher stöhnt auf, als man ihn um eine Stellungnahme bittet: "Ja, wir wären dann tatsächlich die letzte noch existierende französische Baskenmützen-Produktion", sagt er. Beruhigend klingt das alles nicht. Ein gut gewalktes Original hat seinen Preis. Ob es sich auch weiterhin noch rechnet?

Dass die Baskenmütze Baskenmütze heißt, hat sie übrigens Napoléon III. zu verdanken, der sich während eines Kuraufenthaltes in Biarritz an muskulösen Basken mit Nippelmützchen erfreute. Napoléon pries den pfannkuchenartigen Wetterschutz. Dass dieser ursprünglich von Schäfern der Landschaft Béarn getragen wurde, hat dem Kaiser nie jemand gesagt. Kaisern und Vorgesetzten widerspricht man nicht. Also setzte Napoléon den dussligen Irrtum von der "Baskenmütze" in die Welt.

Kein anderes Accessoire jedenfalls dürfte es weltweit zu einer derartigen - allein mit der Unterhose vergleichbaren - universellen Beliebtheit gebracht haben. Die Träger von Baskenmützen sind entweder überzeugte Franzosen, überzeugte Spanier oder überzeugte Basken. Sie sind Arbeiter oder Adelige, Rastafaris oder Revolutionäre, Künstler oder Unangepasste, Armeeangehörige oder Pazifisten, Philosophen oder Philanthropen, Frauen oder Clowns. Die Dietrich. Die Garbo. Picasso. Böll. Hemingway. Che Guevara. Dutschke. Baskenmützenträger sind erfrischend anders. Vermutlich sind sie bald ausgestorben.

In einer früheren Version war im Bild Dennis Hopper zu sehen. Der Schauspieler trug darauf jedoch keine klassische Baskenmütze. Wir bedanken uns bei unseren aufmerksamen Usern für den Hinweis.

© SZ vom 28.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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