Volleyball:Zu früh für Zauberei

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Eine von zwei Spielerinnen, die aus dem Kader der vergangenen Saison übrig geblieben ist: Lena Stigrot. (Foto: imago/foto2press)

Vilsbiburg fehlt gegen Schwerin noch die Feinabstimmung - der Kader kennt sich noch nicht.

Von Katrin Freiburghaus

Taktische Auszeiten im Volleyball dienen vielen Trainern dazu, ihre Mannschaft bei der Ehre zu packen oder ihr in schwierigen Spielsituationen eine Verschnaufpause zu verschaffen. Vilsbiburgs Trainer Timo Lippuner mochte sich am Mittwochabend beim Bundesliga-Spiel gegen den deutschen Meister Schwerin von solchen Dingen jedoch nicht von seiner Arbeit abhalten lassen. Beim 1:3 (19:25, 25:19, 20:25, 23:25) zum Saisonauftakt gegen das Team von Nationaltrainer Felix Koslowski füllte er jede verfügbare Sekunde mit taktischen Korrekturen und Hinweisen. "Davon, dass meine Spielerinnen motiviert sind, gehe ich sowie aus", begründete er seine Linie später. Lippuner ist aber nicht nur ein Analytiker - er hatte bisher vor allem viel zu wenig Zeit.

Schwerin machte im Angriff drei eigene Fehler - Vilsbiburg 21

Seine mit 16 Punkten erfolgreichste Angreiferin Dayana Segovia hatte in der gesamten Vorbereitung lediglich ein paar Tage mit ihrem neuen Team verbracht. Sie war zudem erst am Vorabend der Partie gegen Schwerin vom Nationalteam zurückgekehrt; nach 36 Stunden Reisezeit. Die Geschichten der meisten anderen Spielerinnen klingen ähnlich. Aus Vilsbiburgs Vorjahreskader sind einzig Mittelblockerin Marlies Wagendorp und Kapitänin Lena Stigrot übrig. "Unter diesen Umständen darf man keine Zauberei erwarten", sagte Lippuner, der in der Vorstellung seines Teams einen "gelungenen Start und ein Versprechen für die Zukunft" sah.

Tatsächlich war die Handschrift des 36-jährigen Schweizers bereits gut erkennbar, Vilsbiburgs Spiel wirkte aggressiver und dynamischer als in der Vorsaison. Zuspielerin Ilka van de Vyver sprang so viel über das Feld, dass man sich fragte, ob sich die Belgierin grundsätzlich hüpfend bewegt. Das schnelle Spiel ohne Feinabstimmung machte Vilsbiburg allerdings auch anfällig für Fehler. "Bei der Abstimmung hat es schon noch gehakt", befand Geschäftsführer André Wehnert, und die Statistik gab ihm Recht.

Darin ging Vilsbiburg aus den Kategorien Aufschlag, Annahme und Angriffsquote jeweils als Sieger hervor, im Block waren beide Teams auf Augenhöhe. In einem Punkt jedoch war Schwerin drückend überlegen: Im Angriff unterliefen den Gästen aus dem Norden lediglich drei eigene Fehler - Vilsbiburg machte 21. Der erste Wert ist absurd niedrig, der zweite "zu hoch", wie Lippuner zugab. Sorgen machte er dem Trainer jedoch nicht. "Dieser extreme Unterschied ergibt sich daraus, dass bei denen vier von sieben Spielerinnen seit 24 Monaten non-stop zusammenspielen - und bei uns seit 24 Stunden", sagte er.

Neun der Fehler sammelte die mit 14 Punkten zweiterfolgreichste Vilsbiburgerin Laura Künzler, weil van de Vyver sie zwar oft mit Zuspielen in Szene setzte, die isoliert betrachtet vollkommen in Ordnung waren, die aber eben nicht immer zu Künzler passten. Lippuner versuchte in den weniger Sekunden während seiner Auszeiten zu korrigieren, was ging, räumte aber ein, "dass wir mit genau diesen Dingen noch ein paar Wochen zu tun haben werden".

Denn auch wenn das Ergebnis darüber hinwegtäuschte, hatte Vilsbiburg die Gäste taktisch über weiter Strecken im Griff. Entsprechend erleichtert war Schwerins Trainer Koslowski über die drei Punkte. "Vilsbiburg hat eine sehr gute Leistung aufs Feld gebracht und unglaublich Druck mit dem Aufschlag erzeugt, da hatten wir wirklich Schwierigkeiten", sagte er. Auch Lippuner war nicht ohne Stolz darüber, "dass wir den Meister wirklich gefordert haben". Sein Team erarbeitete sich viele aussichtsreiche Situationen, nutzte sie aufgrund der fehlenden Abstimmung dann aber zu selten aus. Die kleine Sensation, die am Mittwoch durchaus möglich gewesen wäre, blieb deshalb aus. Geschäftsführer Wehnert konnte damit nach knapp zwei Stunden vor über 1500 Zuschauern leidlich leben. "Schwerin war klar Favorit, aber wenn ich den Spielverlauf sehe, hätte ich mir schon einen Punkt gewünscht", sagte er. Im vierten Satz hatte die knappe Führung immer wieder gewechselt, ehe Vilsbiburg beim Stand von 21:21 drei Punkte in Serie abgegeben hatte - allesamt Eigenfehler im Angriff.

© SZ vom 20.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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