Volleyball:Viele Fragezeichen

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Jonas Kronseder. (Foto: imago)

"Es geht in diesem Fall tatsächlich nur um mich": Trainer Jonas Kronseder verlässt die Roten Raben Vilsbiburg zum Saisonende. Und er wechselt voraussichtlich zu einem Konkurrenten aus der Frauen-Bundesliga.

Von Katrin Freiburghaus

Wer ein Haus baut, beginnt schon aus physikalischen Gründen idealerweise unten. Wer sich die Abendgarderobe zusammenstellt, fängt zumindest irgendwo an und sieht anschließend zu, dass alles andere dazu passt. André Wehnert, Geschäftsführer der Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg, steht seit Anfang der Woche jedoch vor der Aufgabe, für die kommende Saison etwas zusammenzubauen, das beinahe ausschließlich aus Unbekannten besteht. Am vergangenen Montag hatte ihm Cheftrainer Jonas Kronseder mitgeteilt, dass er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde. Wehnert bedauert die Entscheidung des 29-Jährigen, denn während Ein-Jahres-Engagements von Spielerinnen in der gesamten Liga die Regel sind, war in Vilsbiburg nach zwei gescheiterten Versuchen zuletzt zumindest in der Trainerfrage Kontinuität eingekehrt.

Kronseder war 2014 und 2015 zunächst zweimal als Interimstrainer eingesprungen, ehe er im Sommer 2015 noch ohne A-Lizenz einen Anschlussvertrag als etatmäßiger Cheftrainer unterschrieb. "Mit 26 fängt nicht jeder bei einem Top-Team an, ich bin dem Klub und André Wehnert extrem dankbar dafür, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe", sagt Kronseder. Er betont auf Nachfrage, dass seine Entscheidung nichts mit der sportlichen oder personellen Situation beim aktuell Tabellensechsten zu tun habe. Nach fünf Jahren im Verein suche er lediglich "neue Impulse, um mich weiterzuentwickeln, es geht in diesem Fall tatsächlich nur um mich".

Kronseder sieht seine nähere Zukunft bei der Konkurrenz

Wo genau er die neuen Impulse finden will, ließ er offen. Eine Station im Ausland sei perspektivisch "sehr reizvoll", seine nähere Zukunft sieht er aber offenbar bei der deutschen Konkurrenz. Momentan sei es "wohl der bessere Schritt, in der Liga zu bleiben". Für Wehnert bedeutet Kronseders Abschied, dass in seinem Plan für die neue Saison noch ein Fragezeichen mehr steht. Bis auf Marlies Wagendorp besitzt keine Spielerin einen Vertrag über die laufende Spielzeit hinaus. Und sowohl Verlängerungen als auch Zusagen neuer Spielerinnen sind mit einem Trainer leichter auszuhandeln als ohne.

Wehnert gibt offen zu, dass er die Suche nach einem neuen Chefcoach für diesen Winter nicht auf dem Zettel hatte: "Wir hatten den Zweijahresvertrag damals schon ein bisschen darauf angelegt, dass er darüber hinaus bleibt." Gespräche für einen ersten Gedankenaustausch hierzu hätten in den kommenden Wochen stattfinden sollen. "Aber jetzt hat er sich eben selber Gedanken gemacht und uns seine Entscheidung fairerweise frühzeitig mitgeteilt", sagt Wehnert. Das Stellenprofil für Kronseders Nachfolge umfasst unverändert den Spagat zwischen der Einbindung junger Spielerinnen und der Fähigkeit, "ein Profi-Team zu führen, das unsere Zielvorhaben umsetzen kann", wie es Wehnert formuliert.

Für Letzteres sah es in der aktuellen Spielzeit kurz nach dem Jahreswechsel ziemlich gut aus: Das Team war in der Tabelle auf Platz fünf geklettert und hatte Rang vier im Blick. "Der ist vor der Saison unser Ziel gewesen - aber man muss vielleicht wirklich schon sagen: gewesen", sagt Wehnert nun. Denn vor dem 3:1 am vergangenen Wochenende gegen Aachen hatte Vilsbiburg zuletzt dreimal hintereinander verloren. Besonders schmerzten die beiden 2:3-Niederlagen gegen den Vierten Potsdam und den Fünften Münster, die sechs beziehungsweise drei Punkte Vorsprung haben. "Entscheidend waren genau diese beiden Spiele", moniert Wehnert, "und da waren wir nicht stark genug, um abzuliefern, was wir zwischenzeitlich schon konnten."

Kronseder beobachtete vor allem im Angriff in wichtigen Phasen einen Hang zum Spiel auf Sicherheit. "Dafür wird man bestraft", sagt er. Neben der Simulation ähnlicher Situationen im Training dürfte der nächste Gegner Dresden helfen, die Risikobereitschaft zu erhöhen. Der nominell stärker besetzte Tabellenzweite empfängt Vilsbiburg an diesem Samstag. Die folgenden fünf Partien bestreitet das Team aus Niederbayern ausschließlich gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte. Gegen ein sportliches Ausrufezeichen beim deutschen Meister in Sachsen gäbe es aber wohl keine Einwände.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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