Volleyball:Gegen die Heimat

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In Vilsbiburg sah Michaela Bertalanitsch keine Perspektive mehr als Volleyballerin - nun empfängt sie mit Straubing ihren ehemaligen Klub zum niederbayerischen Erstliga-Derby.

Von Johannes Kirchmeier

Wann immer Michaela Bertalanitsch in den vergangenen Tagen durch die Straubinger Innenstadt gelaufen ist, hat sie bei den Gesprächen genau hingehört. Sie wollte ein Gefühl bekommen dafür, wie sich die Stadt auf diesen für sie selbst so großen Abend einstimmt. Also hörte sie zu. Manchmal war es auch kaum zu überhören. Die Menschen sprachen, so nahm das Bertalanitsch wahr, ohnehin fast nur über dieses Spiel. Mittwochabend, 19.30 Uhr, Niederbayern-Derby, die Volleyballerinnen von Nawaro Straubing gegen die Roten Raben Vilsbiburg. Manchmal sprachen die Leute auch über sie, Michaela Bertalanitsch, 25 Jahre alt, Libera in Straubing. Sie sprachen also über die Spielerin, für die dieses Derby eine ganz besondere Partie ist. Denn aufgewachsen ist die in München geborene Bertalanitsch in Vilsbiburg.

Mit zehn oder elf Jahren, so genau kann sie sich nicht mehr erinnern, hat sie bei den Roten Raben mit dem Volleyballspielen angefangen. Doch irgendwann stockte ihre Karriere. Und so kam sie über die zweite Mannschaft und den TV Dingolfing nach Straubing, wo sie sich inzwischen in der dritten Saison um die Annahme kümmert. Mit Erfolg: Erst feierte sie zwei Meistertitel in der zweiten Bundesliga Süd. Nach dem Aufstieg vor dieser Saison tauschten die Straubinger fast das gesamte Team aus, Bertalanitsch blieb. In diesem Jahr ist der Klassenverbleib das große Ziel, das Team steht jedoch auf einem Abstiegsplatz: Mit einem Punkt Rückstand auf Aachen und Köpenick sind die Straubingerinnen zwei Spieltage vor Schluss Tabellenelfter. "Aber wir sind alle optimistisch. Keiner denkt, dass wir absteigen", sagt Bertalanitsch.

Als Verwaltungsbeamtin hat sie sich freistellen lassen

Das klingt ungewöhnlich positiv - und hängt damit zusammen, dass ihre Mannschaft pünktlich zum Derby-Heimspiel die Form gesteigert hat. In den vergangenen drei Partien gewann Nawaro sieben Punkte, zu Hause überzeugt der Aufsteiger schon seit Saisonbeginn: Von elf Spielen verlor Straubing nur vier, was vor allem am Charme der Schulturnhalle am Peterswöhrd liegt. "Wenn bei uns die Halle voll ist, dann kocht es. In den Riesenhallen der anderen Teams verliert sich dagegen die Stimmung immer ein bisschen", sagt Bertalanitsch und fügt frech an: "Bei uns ist auch definitiv eine viel bessere Stimmung als in Vilsbiburg."

Der Satz dürfte beim Lokalrivalen sitzen. Trotz der Rivalität nehmen sie es ihr in Vilsbiburg aber nicht übel, dass Bertalanitsch in Straubing spielt. Zu einigen aus dem Verein hat sie noch Kontakt, wenn sie Zeit hat, schaut sie auch bei den Roten Raben zu, "und da hat mich noch keiner ausgebuht". Sie ist ja auch nicht die einzige mit einer Vilsbiburger Vergangenheit: Trainer Guillermo Gallardo feierte mit den Roten Raben zwei Meisterschaften und einen Pokalsieg. Seit dieser Saison leitet er Straubing an. "Er hat eine ganz neue Mentalität hereingebracht, legt viel Wert auf viel Training und eine hohe Intensität. Dadurch habe ich mich verbessert", sagt die Libera, die Gallardo schon lange kennt. Von 2001 bis 2003 war der Argentinier in Vilsbiburg Jugendtrainer - Bertalanitsch spielte unter ihm: "Ich kann mich noch gut daran erinnern, er war neu in Deutschland. Dass er mal mein Trainer in der Bundesliga sein würde, hätte ich mir nie gedacht."

Nur wie lange er sie bei ihrer zweiten gemeinsamen Station noch trainiert, das steht nicht fest. Vor dieser Saison hat sich die Verwaltungsbeamtin freistellen lassen, damit sie genug Zeit für die Bundesliga hat. Anders als in den vergangenen Jahren trainiert sie jetzt zweimal am Tag, fast alle ihre Mitspielerinnen sind Profis. Im Sommer läuft die Freistellung aus. "Wie es dann weitergeht im Volleyball und im Beruf, weiß ich leider noch gar nicht", sagt sie. "Beides kombinieren kann man meiner Meinung nach nicht, nachdem ich den Aufwand in der Bundesliga gesehen habe." In Straubing hören sie das nicht gerne. Bertalanitsch gilt als Sympathieträgerin, sie wird neben Mira Heimrich eine von zwei aufgewachsenen Niederbayerinnen im Derby sein. Die Straubinger werden Überzeugungsarbeit leisten müssen bei ihrer Libera, die sich jedoch auf die aktuelle Saison konzentriert. Denn wenn sie mit ihrem Team gegen Vilsbiburg und am Samstag beim Vorletzten Suhl gewinnt, steigt Nawaro nicht ab, sondern zieht in die Pre-Playoffs ein - wo es dann sogar erneut gegen Vilsbiburg gehen könnte. So eng geht es zu im Bundesliga-Volleyball.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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