Volleyball:Emotion als Vorteil

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Die Volleyballerinnen aus Straubing stehen vor dem Endspiel um die Meisterschaft gegen Offenburg. Die zweiten Liga bleibt vor dem Spitzenspiel bis zum Ende spannend: Für beide Klubs ist der Aufstieg immer noch möglich.

Von Julian Ignatowitsch

Trainer Benedikt Frank hat seinen Spielerinnen ein paar Tage frei gegeben. Vor dem Spitzenspiel gegen Offenburg an diesem Samstagabend (19.30 Uhr) hatten die Straubinger Volleyballerinnen wegen der Pokalfinalpause gleich zwei Wochen Vorbereitungszeit und sollten mal "durchschnaufen und den Kopf frei kriegen", so Frank. Denn auch Erfolg strengt an. Straubing hat zuletzt zehn Spiele nacheinander gewonnen, bei einem Satzverhältnis von 30:5. "Wir haben ein echtes Gewinner-Gen entwickelt", meint Frank, der besonders die mentale Stärke seiner Mannschaft in dieser Phase hervorhebt.

Nawaro Straubing liegt als Tabellenführer in der zweiten Bundesliga auf Aufstiegskurs. Mithalten kann lediglich der kommende Gegner Offenburg, der in der ganzen Saison nur ein Spiel verloren hat. Das allerdings gegen Straubing, auch noch glatt in drei Sätzen. "Das Ergebnis sieht aber klarer aus, als der Spielverlauf war", blickt Frank auf die Partie im Dezember zurück: "Es waren zwei ganz knappe Sätze." Nach jenem Sieg begann Straubings grandioser Lauf, und Trainer Frank sieht die Chancen jetzt relativ gleich verteilt. Der Heimvorteil macht die Straubingerinnen, die die emotionalere Mannschaft bilden, zum leichten Favorit.

Erster gegen Zweiter - es ist drei Spiele vor Saisonende die Vorentscheidung über die Meisterschaft in der zweithöchsten Spielklasse. Über den Aufstieg wird aber, wie so oft, mal wieder in den Büros des Volleyballverbandes entschieden. Immerhin so viel steht fest: Straubing traut sich den Schritt in die Bundesliga wieder zu. Der Verein wird am Vorlizenzierungsverfahren für die Bundesliga teilnehmen, wie auch Offenburg.

Wenn die finanziellen Voraussetzungen stimmen, könnten sogar beide Teams aufsteigen. Denn die Bundesliga ist momentan unterbesetzt. "Wir wollen nach oben", sagt Frank. So klar hat das lange keiner mehr in Niederbayern formuliert. Die Verantwortlichen waren zu Beginn der Saison noch sehr vorsichtig. Nach der Insolvenz und dem Zwangsabstieg 2016, als sich die Straubinger mit zu großen Investitionen in Trainer und Mannschaft finanziell übernommen hatten, hat ein Umdenken eingesetzt. Der neue Übungsleiter Benedikt Frank baute anstelle von internationalen Athleten direkt auf Talente aus der Region und junge deutsche Spielerinnen, die es im ersten Anlauf nicht in die Bundesliga geschafft haben.

Der Erfolg kehrte damit zurück. Ein Paradebeispiel ist die 23-jährige Angreiferin Carina Aulenbrock, die zur Anführerin geworden ist und ligaweit die Liste der wertvollsten Spielerinnen mit sechs Auszeichnungen anführt. Aulenbrock ist in engen Phasen mit ihren kraftvollen Schmetterschlägen eine zuverlässige Punktequelle. Sie selbst hebt den "enormen Teamgeist" hervor. "So habe ich das noch nirgends erlebt", sagt sie. In ihren ersten Profijahren hoffte sie beim Spitzenklub Schwerin auf die große Karriere - und scheiterte. "Der Druck war zu groß, wenn ich aufs Feld kam, habe ich mir fast in die Hose gemacht", erzählt sie rückblickend. In Straubing fand sie den Spaß am Volleyball wieder und holt jetzt nebenher ihr Abitur nach.

So etwas geht nur bei kleineren Vereinen. Ähnlich ist die Lage bei der früheren Bundesligaspielerin Celin Stöhr, die gerade ihr Studium abschließt. Daneben haben sich die Jungprofis Franziska Liebschner und Laura Müller extrem verbessert und kommen regelmäßig zu Einsätzen.

Auch wenn es im Training mal kracht und laut wird, was der Trainer teilweise sogar provoziert, sei das hinterher schnell vergessen und keiner dem anderen böse, erzählt Aulenbrock. "Auch so etwas lässt sich trainieren", ist Coach Benedikt Frank überzeugt. Er konfrontiert seine Mannschaft im Training bewusst mit scheinbar unlösbaren Situationen.

Mal lädt er männliche Top-Spieler ins Training ein, die den Frauen in Größe und Kraft überlegen sind, dann erfindet er einen eigenen Spielmodus, der das Gewinnen sehr schwer macht. "Eine Aufgabe kann nie zu 100 Prozent gelöst werden", erklärt er, "damit müssen die Spielerinnen umgehen lernen und sich immer neu einstellen und herausfordern". Man kennt solche Ansätze auch aus anderen Sportarten, junge Erfolgstrainer wie Thomas Tuchel oder Julian Nagelsmann arbeiten zum Beispiel im Fußball ganz ähnlich.

Bei dieser andauernden Anspruchshaltung dürfen Pausen nicht fehlen. "Der Druck muss mal raus, man muss an andere Dinge denken", meint Frank. Diese Pause hatten die Straubingerinnen nun. Seit Dienstag arbeitet Frank wieder mit dem Team, das er auch im Falle des Aufstiegs größtenteils zusammenhalten und nicht wie 2015 komplett neu aufstellen möchte. Bundesligatauglich waren die Leistungen ja schon.

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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