Volleyball:Bergrausch

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Die Alpenvolleys erzwingen mit ihrer besten Saisonleistung gegen Düren das Entscheidungsspiel im Playoff-Viertelfinale.

Von Sebastian Winter

Rudy Verhoeff war im Vip-Raum der Innsbrucker Olympiahalle von seinen Kollegen umringt, gut gelaunt aß er Lasagne, sie schmeckte ihm. So sehr, wie sie einem Mann schmecken kann, der gerade mit den Alpenvolleys Haching die Powervolleys Düren mit 3:1 (25:12, 25:18, 25:27, 25:19) an den Eifel-Nordrand zurückgeschickt hat; der dadurch das entscheidendes drittes Spiel im Playoff-Viertelfinale erzwungen hat, das nun am Sonntag (18 Uhr) in Düren stattfindet. Und der mit 33 Punkten glänzte. Zum Vergleich: Dürens bestem Angreifer Marvin Prolingheuer gelangen nur gut halb so viele Zähler.

Verhoeff bekam ein goldenes Schokoladen-Osterhäschen zur goldenen MVP-Medaille, nun genoss er seine Teigwaren und sagte: "Heute war mein Tag. Vielleicht war es das beste Spiel, das ich überhaupt je gezeigt habe." Nur so zur Einordnung: Verhoeff, 28, in Calgary geboren, ist 2014 WM-Siebter und 2016 Olympia-Fünfter mit Kanada geworden. Bis vor zwei Jahren war er noch Mittelblocker gewesen, danach wurde er - ausgerechnet in Düren, das er jetzt fast alleine zertrümmerte - zum Diagonalspieler umgepolt. Das ist ungefähr so, wie wenn man im Fußball einen Innenverteidiger zum Mittelstürmer macht. "Ich glaube an das Projekt, das sie hier aufgebaut haben", sagte Verhoeff noch.

Der ruhige Mann mit den blonden Haaren steht gerade für die Stärke dieser Mannschaft, die nun die Chance hat, in ihrem ersten Jahr in der Bundesliga gleich ins Playoff-Halbfinale vorzudringen. Und die durch ihren fünften Platz nach der Hauptrunde bereits die Qualifikation für den europäischen Challenge-Cup geschafft hat, was ihr erklärtes Ziel war. Das im vergangenen Frühsommer per Wildcard in die Bundesliga eingetretene, auf drei Jahre angelegte Projekt zwischen Unterhaching und Innsbruck hat hochveranlagte Einzelkönner, wie Verhoeff, oder den hochemotionalen, schreienden, Fäuste ballenden Brasilianer Pedro Frances, der im Mittelblock ein großartiges Spiel machte; wie Kapitän Douglas Duarte da Silva oder den cleveren Zuspieler Danilo Gelinski, der ohne Zweifel einer der besten Steller der Liga ist. Wie Igor Grobelny, den sprunggewaltigen Belgier mit polnischen Wurzeln. Dies ist das Gerüst, auf dem ihr Erfolg basiert.

Der Kanadier hat ein K in seinen linken Arm tätowiert, K wie Kyla

Und man kann sagen, gegen Düren war es stabiler denn je. Der Gegner, immerhin Vierter nach der Hauptrunde, hatte nicht den Hauch einer Chance. "Die ersten beiden Sätze waren unsere besten in dieser Saison", sagte der aus Unterhaching angereiste Alpenvolleys-Sportdirektor Mihai Paduretu, neben Manager Hannes Kronthaler einer der beiden Väter des Projekts, stolz: "Wir haben Düren eine Lektion erteilt." Der beste Spieler sei an diesem Abend Trainer Stefan Chrtiansky gewesen, der die Mannschaft mit seiner Ruhe hervorragend eingestellt habe, taktisch und auch emotional. In Düren scheint am Sonntag mit dem psychologischen Vorteil dieses großen Sieges nun alles möglich zu sein. Nur die Zuschauerzahl in der Olympiahalle war ernüchternd. Kronthaler hatte ohnehin nicht mit vielen Fans gerechnet am Ostersonntag, aber schon mit mehr als 700. "Nächstes Mal stellen wir einen Antrag, dass am Ostersonntag keine Spiele stattfinden dürfen", sagte er - und das war nicht unbedingt als Aprilscherz gemeint. Den hatte der Klub schon via Facebook verbreitet, als er mitteilte, nun auch ein deutsch-österreichisches Frauenteam ins Leben zu rufen, weil es mit den Männern so gut klappt in der Bundesliga.

Ganz im Ernst: Die Planungen für die Männer laufen, Kronthaler könnte sich vorstellen, dass Paduretu und Chrtiansky ein weiteres Jahr in ihren Rollen bleiben. Ein, zwei gute Spieler sollen verpflichtet werden, bei Gelinski haben sie die Option zur Vertragsverlängerung schon gezogen.

Und Verhoeff? Er fühlt sich wohl in seinem Zuhause, in Mutters, oberhalb von Innsbruck, wo er die Berge von seinem Fenster aus sieht. Aber seine Frau spielt zugleich in Indonesien Volleyball, erst Ende April sehen sie sich in Kanada wieder. Und müssen dann schon wieder zu ihren nächsten Verpflichtungen mit der Nationalmannschaft. K hat er in den linken Oberarm tätowiert, wie Kyla. Auch von ihr hängt es ab, ob Verhoeff auch weiterhin Teil des Projektes in Innsbruck ist.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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