Volleyball:An ihre Grenzen gestoßen

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Kein Vorbeikommen: Rudy Verhoeff (rechts) scheitert zum wiederholten Mal am Zweimannblock von Friedrichshafen. (Foto: Thomas Bachun/GEPA/imago)

Die Alpenvolleys Haching scheitern im Playoff-Halbfinale mit einer 0:3-Niederlage gegen den VfB Friedrichs­hafen. Es hapert unter anderem an Kaltschnäuzigkeit.

Von Sebastian Winter

Vital Heynen hat in jüngster Zeit sehr angenehme Reisen nach Innsbruck unternommen. Da ist für den Volleyballtrainer des VfB Friedrichshafen nicht nur der landschaftliche Reiz einer Fahrt vom Bodensee am Alpenrand entlang in die noch immer von schneebedeckten Bergen umgebene Hauptstadt Tirols, in der am frühen Mittwochabend noch bei 25 Grad die Sonne strahlte. Da sind auch die jüngsten Ergebnisse: Ein 3:1-Erfolg Anfang Januar in der Liga, ein weiterer 3:1-Sieg vor rund eineinhalb Jahren in der Champions-League-Qualifikation. Damals, im Herbst 2016, hieß Heynens Gegner noch Hypo Tirol Innsbruck und war in Österreich schon lange Zeit das, was Friedrichshafen diese Saison in der Bundesliga ist: die Übermannschaft.

Inzwischen heißt Österreichs Dauermeister Alpenvolleys Haching und reüssiert dank einer Wildcard der Liga, seines Kooperationspartners Unterhaching und großzügiger finanzieller Ausstattung des Tiroler Bauunternehmers Hannes Kronthaler in der höchsten deutschen Spielklasse. Und das auf Anhieb höchst erfolgreich. Platz fünf war das Ziel, das die Multi-Nationen-Mannschaft von Trainer Stefan Chrtiansky in ihrer Premierensaison längst erreicht hat. Auf dem Programm stand am Mittwoch in Innsbrucks Olympiahalle nun schon das zweite Playoff-Halbfinalspiel. Das erste, spannende Duell hatten die Alpenvolleys in Friedrichshafen mit 1:3 verloren, dem fast schon üblichen Ergebnis also. Folglich war es ein Hopp-oder-Top-Spiel für Chrtianskys Mannschaft in der Best-of-three-Serie, und es endete tatsächlich nicht 1:3, sondern, noch weniger erbaulich aus Sicht der Alpenvolleys, 0:3 (20:25, 20:25, 15:25). "Unser Block war besser, die Annahme, wir haben weniger Fehler gemacht", sagte Heynen, er wird die Olympiastadt also auch weiterhin in guter Erinnerung behalten. Auf der anderen Seite sagte Manager-Mäzen Kronthaler, der Vater des auf drei Jahre angelegten bayerisch-tiroler Projekts: "Die Saison war perfekt für uns. Ich glaube, wir haben gegen den künftigen deutschen Meister verloren." Für die Alpenvolleys enden damit aber nicht ihre Ambitionen: Für die kommende Spielzeit haben sie sich immerhin einen Startplatz im europäischen Challenge-Cup gesichert.

Im zweiten Halbfinalspiel gegen Friedrichshafen wurde allerdings deutlich, was den Alpenvolleys noch zur Ligaspitze fehlt: Kaltschnäuzigkeit, eine noch stärkere Annahme und ein wenig mehr Qualität im Block-Abwehr-Bereich. Chrtianskys Mannschaft war freilich auch ersatzgeschwächt ins Spiel gegangen. Der Brasilianer Pedro Frances, einer der besten Mittelblocker der Liga, hatte sich in Friedrichshafen im zweiten Satz einen Muskelfaserriss zugezogen. Am Mittwoch saß er trotzdem in Spielkleidung auf der Bank - und war mit vielen dünnen roten und schwarzen Kinesio- Tape-Bändern präpariert, die sich sein linkes Bein hinunterschlängelten. Ein Wink an den Gegner, dass er dank einer Wunderheilung drei Tage nach seiner Verletzung schon wieder zum Einsatz kommt? Eher nicht, denn Frances blieb auf der Bank.

Und er beobachtete aus ein paar Metern Entfernung, wie seine Mannschaft schon bald nach dem Anpfiff ständig einem Drei-Punkte-Rückstand hinterherhechelte. Mit 3:6 ging sie in die erste Technische Auszeit, mit 13:16 in die zweite verpflichtende Ein-Minuten-Pause. Auch die teils spektakulären Angriffe ihres Kapitäns Douglas Duarte da Silva halfen den Alpenvolleys nicht wirklich: Friedrichshafen war zu stark in Abwehr, Annahme und Block - und verwandelte gleich den ersten von vier Satzbällen zum 25:20. Der zweite Satz endete mit demselben Ergebnis, weil Friedrichshafen sich auch weiterhin nicht beeindrucken ließ, die Gäste zogen diesmal gar auf 18:12 davon. Trainer Chrtiansky hatte da schon munter durchgewechselt und drei frische Kräfte gebracht. Frischer wirkten aber die Gäste. Den einzigen, dafür heftigen Wutausbruch hatte ihr Trainer Heynen, als sie die Alpenvolleys durch Schludrigkeiten auf 22:20 herankommen ließen. Heynens Eruption hatte Erfolg - sein Team machte die letzten drei Punkte gleich in Serie.

Die Gastgeber dürften danach ganz glücklich gewesen sein, sich zur Zehn- Minuten-Pause in ihre Umkleidekabine verziehen zu können. Am Feldrand wurde währenddessen der Hachinger Maximilian Kersting, der erst am Sonntag mit den deutschen U-18-Volleyballern Europameister geworden ist (übrigens mit Dachaus Simon Pfretzschner als zweitem bayerischen Spieler) vom Alpenvolleys-Sportdirektor Mihai Paduretu geehrt.

Dies war aber der einzige sportliche Erfolg für die Gastgeber, den die 1237 Zuschauer am Mittwochabend erlebten. Denn auch der dritte Satz ging, unter spürbar größer werdendem Kopfschütteln der Alpenvolleys-Spieler, verloren. Sie schleppten sich vom 7:15 über ein 13:21 zum überdeutlichen 15:25 - am Ende tat sich ein Klassenunterschied zwischen beiden Teams auf. Einer, der nicht repräsentativ steht für die so gelungene Premiere der Grenzgänger.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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