Volleyball:Alles für die Liga

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Zwei, die weiter in Niederbayern blocken sollen: Marlies Wagendorp (l.) hat schon einen Vertrag für die neue Saison, mit Nationalspielerin Lena Stigrot (Mitte) will Vilsbiburgs Geschäftsführer André Wehnert verlängern. (Foto: Baumann/Imago)

Die Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg bauen mal wieder einen neuen Kader. In der kommenden Saison verzichten sie auf den Europacup.

Von Katrin Freiburghaus

Wie ärgerlich eine Situation ist, hängt nicht nur von der Situation selbst, sondern auch von der Sichtweise des Betrachters ab. Ein ergiebiger Regenguss etwa stört den Obstbauern wesentlich weniger als die Familie bei ihrer Ankunft auf dem Campingplatz. Und so ist es zu erklären, dass es André Wehnert einigermaßen gelassen zur Kenntnis nimmt, dass er auch in diesem Frühjahr eine fast komplett neue Mannschaft zusammenstellen muss. Der Geschäftsführer der Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg kennt dieses Spiel seit Jahren, allerdings war er schon trauriger über den Umstand, wieder von vorn anfangen zu müssen.

Mittelblockerin Leonie Schwertmann wechselte am Donnerstag aus Münster

Bislang hat der 36-Jährige fünf unterschriebene Arbeitsverträge vorliegen. Einer davon ist der noch ein zweites Jahr gültige von Mittelblockerin Marlies Wagendorp. Die übrigen vier gehören den Verpflichtungen Anja Zdovc (Außenangriff), Ilka Van de Vyver (Zuspiel), Laura Künzler (Außen- und Diagonalangriff) und Leonie Schwertmann (Mittelblock). Schwertmann wechselte am Donnerstag vom USC Münster. Eine weitere Unterschrift möchte Wehnert mindestens noch haben: die von Nationalspielerin Lena Stigrot, deren Vertrag ausläuft. Auch Neu-Nationalspielerin Barbara Wezorke hätte er gern in Vilsbiburg gehalten, die Mittelblockerin wechselt jedoch nach Dresden, wofür Wehnert Verständnis äußerte, obwohl es für sein Team "natürlich schade" sei, "wenn wir in die Entwicklung von Spielerinnen investieren und sie dann gegen uns spielen".

In Bezug auf alle übrigen Positionen sagt Wehnert: "Es wird wieder ein Umbruch werden, und zwar ein relativ drastischer." Platz sechs war nicht das, was sich Vilsbiburg als Platzierung in der Abschlusstabelle erhofft hatte, speziell von den Spielerinnen aus Übersee hatte sich Wehnert mehr versprochen. Keao Burdine, Lauren Plum, Courtney Felinski, Srna Markovic und Naoko Hashimoto werden oder haben den Verein bereits verlassen, bei Libera Saana Koljonen steht der Abschied bevor. Auch der Vertrag der während der gesamten Saison verletzten Zuspielerin Mona Elwassimy wird nicht verlängert.

Vilsbiburgs neuer Trainer Timo Lippuner findet den personellen Aderlass nicht dramatisch. "Nach einer eher schwierigen Saison ist die Neuzusammenstellung sicher günstiger, als wenn man nach einer Meistersaison kommt und trotzdem alles umstellt", sagt er. Lippuner folgt auf Jonas Kronseder und ist der nächste Versuch, Kontinuität in die Mannschaft zu bringen. Er soll drei Jahre bleiben und teilt Wehnerts Auffassung darüber, dass Erfolg in Vilsbiburg nur über die Entwicklung von Talenten zu schaffen ist. Langfristig mit Spielerinnen zusammenzuarbeiten sei derzeit zwar "möglich aber nicht mehr üblich", sagt der Schweizer, "auf der anderen Seite bin ich davon überzeugt, dass eine junge Spielerin Kontinuität braucht, um sich weiterzuentwickeln".

Mit dem Anspruch, Spielerinnen individuell besser zu machen, tritt der Nationaltrainer der Schweiz seine Aufgabe an. Wehnert plant für den Findungsprozess "eine gewisse Phase" ein, wie er sagt, hofft aber, "dass wir keine ganze Saison dafür brauchen". Um mehr Trainingszeit für das Team zu generieren, und ihm Reisetage und -strapazen zu ersparen, verzichtet Vilsbiburg auf die Teilnahme am zweithöchsten Europacup, dem CEV-Pokal. Aufgrund des engen Bundesliga-Spielplans hatte das Team in der vergangenen Saison monatelang im Drei-Tages-Rhythmus gespielt.

"Wenn wir direkt qualifiziert gewesen wären, wäre es etwas anderes, aber so verzichten wir darauf, nachzurücken, um uns mehr mit der Mannschaft beschäftigen zu können." Europäische Wettbewerbe sind im Volleyball ein Minusgeschäft für die Vereine. Im CEV-Cup liegen die Kosten je nach Gegner zwischen rund 9000 und 20 000 Euro pro Runde. Anreiz für die Teilnahme sind vor allem Duelle mit starken Gegnern. Auf diese treffe man "aber meist erst ab der dritten Runde - und meist weiß man, dass sie auch die Endstation sind", sagt Wehnert. Die Bundesliga hat deshalb Priorität. Denn dort, da legt sich Wehnert bereits jetzt fest, "sollte es diesmal mehr werden als Platz sechs".

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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