TSV 1860:Beim großen Experten

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Der Wechsel von Fürths Offensivspieler Tom Weilandt nach München scheitert kurios, weil eine schwere Verletzung spät diagnostiziert wurde.

Von Philipp Schneider

Der vordere Trainingsplatz an der Grünwalder Straße sah am Freitag schon wieder ganz in Ordnung aus. Also halbwegs. Sicher, es gab noch immer kleinere Hügelchen oberhalb der Grasnarbe zu entdecken, die ein bisschen so aussahen wie jene geräumigen Eingangsportale, die Erdmännchen gerne errichten. Auch rumpelte und holperte der Fußball beim Passspiel im Vormittagstraining eher, als dass er sanft die Grashalme zerteilte. Aber Benno Möhlmann war sichtlich zufrieden, hatte sein kleiner Wutausbruch vom Vortag Wirkung gezeigt. "Heute ist es schon besser", sagte der Trainer des TSV 1860 München. "Wenn man nach zehn Tagen zurück kommt und sieht, dass der Platz überhaupt nicht bearbeitet worden ist, dann ist das ein Ding, das geht gar nicht."

Nach seiner Rückkehr aus dem Trainingslager an der spanischen Costa del Sol hatte Möhlmann, der ja gerade seinen ersten Winter als Angestellter bei 1860 erlebt, die im Januar traditionell zahlreichen Löcher und Fallgruben im Giesinger Rasen bemerkt. Und nachdem er Sechzigs Greenkeeper schon am Donnerstag mit einer knackigen Ansprache sozusagen wieder geerdet hatte, waren diese am Vormittag zumindest mal mit schweren Metallwalzen über den Platz gerollt. Als Trost blieb Möhlmann immerhin, dass für die miserablen Platzverhältnisse ausnahmsweise mal nicht die defekte Rasenheizung verantwortlich war, die auch in diesem Herbst wieder nicht repariert wurde. "Das ist auszuschließen. Wir hatten ja zuletzt nicht einmal über Nacht Frost. Nein, nein, das lag diesmal an fehlender Kommunikation und an was weiß ich woran."

Dass die leidige Rasen-Thematik nicht schon wieder zur ausufernden Debatte anschwoll, hatten Sechzigs Verantwortliche am Freitag allerdings anderen Umständen zu verdanken, die zugegeben nicht minder kurios waren: Tom Weilandt, der Wunschspieler von Möhlmann und Sportdirektor Oliver Kreuzer, war am Vorabend offenbar in letzter Sekunde durch den Medizincheck gefallen - nachdem Kreuzer den Transfer am Vormittag noch als so gut wie perfekt gemeldet hatte. Der 23-Jährige hatte sich bei einem seiner Testspiele in der Vorbereitung mit Greuther Fürth eine Verletzung zugezogen. "Wir haben bei der sportärztlichen Untersuchung festgestellt, dass er einen Muskelbündelriss im Oberschenkel hat", erklärte Kreuzer. Weilandt habe daher mindestens sechs Wochen pausieren müssen, "deshalb macht eine Verpflichtung keinen Sinn".

Es kommt immer mal wieder vor, dass Spieler ihre sportmedizinische Untersuchung nicht bestehen. Im Fall des seit Wochen geplanten Wechsels von Weilandt war es allerdings so, dass es sich in beiden Vereinen längst herumgesprochen hatte, dass der Mittelfeldspieler verletzt ist. Zumindest bei Sechzig waren sie allerdings davon ausgegangen, dass sich Weilandt nur eine Muskelfaser gerissen hatte, nicht gleich ein ganzes Muskelbündel. Die Fürther, mutmaßte Möhlmann, hätten Weilandts Verletzung entweder unterschätzt, "oder sie hatten ihn schon so abgeschrieben, dass sie sich nicht mehr richtig um ihn gekümmert haben". Selbstredend habe auch Weilandt von seiner Verletzung gewusst. "Aber er wusste nicht, dass sie so schwerwiegend ist."

"Wir haben noch ein paar Alternativen zu Weilandt."

Vier Ärzte beauftragte 1860 mit der Diagnose, am Ende bestätigte den Muskelbündelriss Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der langjährige Mannschaftsarzt des FC Bayern. Als "großen Experten", bezeichnete Möhlmann ihn liebevoll süffisant. "Wir wollten noch abwarten, ob er da noch eine kleine Wunderheilung vollbringen kann." Konnte er leider nicht. Und nun läuft Kreuzer die Zeit davon.

Nur noch bis kommenden Montag dürfen Transfers bei der Deutschen Fußball-Liga gemeldet werden. "Wir haben noch ein paar Alternativen zu Weilandt", versicherte Möhlmann. Allerdings sei noch unklar, "ob das alles umsetzbar ist". Mutmaßlich hängt bei Sechzig weiterhin alles an der Frage, ob Investor Hasan Ismaik finanzielle Mittel freigeben will. Oder kann. Dem Vernehmen nach sind die drei neuen Spieler in diesem Winter ausschließlich mit Transferlösen und Gehaltseinsparungen finanziert worden. "Bevor wir nicht wissen, wie viel wir endgültig zur Verfügung haben, können wir nicht vorangehen", sagte Möhlmann.

Wohlwissend, dass aus dem Grund an der Grünwalder Straße auch die Rasenheizung schon seit Jahren nicht repariert werden konnte.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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