Triathlon:Ziemlich viel Ärger

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Die 28 Jahre alte Sportsoldatin Rebecca Robisch aus Saarlouis hat in Sachen Olympia-Nominierung ihre Teamkolleginnen sowie die Deutsche Triathlon-Union (DTU) in die Bredouille gebracht. Der DOSB ließ nun gar zwei Plätze für Rio frei.

Zu einem Schulterklopfen im Ziel reichte es gerade noch, aber dann wollten die deutschen Triathletinnen mit Rebecca Robisch so wenig wie möglich zu tun haben. Nicht nur wegen des Dauerregens war die Stimmung beim Rennen der Triathlon-Weltserie in Hamburg mächtig getrübt. Die 28 Jahre alte Sportsoldatin aus Saarlouis hat in Sachen Olympia-Nominierung ihre Teamkolleginnen sowie die Deutsche Triathlon-Union (DTU) in die Bredouille gebracht. Die DTU ist vom Landgericht Frankfurt/Main aufgefordert worden, ihre Vorschläge zur Olympia-Nominierung auf den Prüfstand zu stellen. "Wir haben den DOSB gebeten, jeweils eine Reservenominierung bei den Männern und bei den Frauen unter Leistungsgesichtspunkten vorzunehmen", bestätigte DTU-Präsident Martin Engelhardt am Sonntag.

DOSB fürchtet Komplikationen - und lässt lieber zwei Plätze frei

Robisch fühlte sich als Siegerin: "Es ist gut, dass sich nun etwas bewegt. Das ganze System ist jetzt wie ein Kartenhaus zusammengefallen." Die Sachlage ist kompliziert: Die DTU hatte ursprünglich neben Anne Haug (Saarbrücken), die als Einzige die Kriterien für eine Nominierung erfüllt hatte, Laura Lindemann (Potsdam) und Anja Knapp (Dettingen) für Rio vorgeschlagen, nicht aber die in der Rangliste vor diesen beiden Athletinnen platzierte Robisch. Begründung: Lindemann und Knapp könnten Haug, die als schwächere Schwimmerin gilt, bei der Olympia-Entscheidung beim Radfahren wieder weiter nach vorne führen. Zwar ist derlei Teamarbeit offiziell verpönt, wird aber, geschickt getarnt, immer wieder praktiziert. "Zu glauben, dass solche taktischen Dinge nicht gemacht werden, ist fernab jeder Realität", sagte Peking-Olympiasieger Jan Frodeno in der ARD.

Mit ihrer erfolgreichen Klage vor dem Deutschen Sportschiedsgericht zwang Robisch zu Wochenbeginn die DTU, sie selbst sowie Hanna Philippin (Saarbrücken) nachträglich auf die Liste der Nominierungsvorschläge zu setzen. Doch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) fürchtete offensichtlich Komplikationen, zog sich auf die reine Normerfüllung zurück und berief nur Haug. Die zwei übrigen Quotenplätze, die den deutschen Triathletinnen zustanden, gab der DOSB deshalb zurück. Diese sind mittlerweile schon neu besetzt worden vom Weltverband ITU.

Immerhin: Triathlon ist Thema der Bundespressekonferenz

Dessen Präsidentin Marisol Casado sprach am Samstagabend in Hamburg lange mit DTU-Chef Engelhardt. Sie sei nicht erfreut gewesen über die Lage; Deutschland gilt in der ITU als eine der wichtigsten Nationen. Um vielleicht doch noch Teilnehmerplätze beim Olympia-Rennen zu bekommen, wurde die DTU nun auf Reserveposition eins gesetzt. Sollten bis Dienstag Plätze frei werden, könnten deutsche Triathletinnen nachrücken. Insgesamt dürfen in Rio jeweils 55 Männer und Frauen antreten.

DTU-Cheftrainer Ralf Ebli haderte: "Ich weiß nicht, ob die Entscheidung ohne das Geplänkel im Vorfeld so gefallen wäre. Wir hatten die Helferrolle ausdrücklich mit in die Nominierungskriterien aufgenommen. Und der DOSB hatte klar zu erkennen gegeben, dass er Athleten ohne Norm nur unter teamtaktischen Gesichtspunkten nominieren würde."

Haug verzichtete auf einen Start in Hamburg, die zweimalige Junioren-Weltmeisterin Lindemann bestätigte mit Rang neun im Sprintrennen ihre gute Form. Ihr naiver Wunsch, Bundeskanzlerin Angela Merkel möge zum Rennen kommen und sich für sie einsetzen, erfüllte sich natürlich nicht. Immerhin: So avancierte Triathlon zum (kleinen) Thema in der Bundespressekonferenz. Robisch beendete ihre Karriere de facto in Hamburg als 31. - zumindest auf der Kurzdistanz. Nicht, ohne ihren Konkurrentinnen Unsportlichkeiten zu unterstellen: "Ich hatte es schwer im Wasser. Gut, dass man das auch gesehen hat."

© SZ vom 18.07.2016 / sid, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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