Triathlon:Hauptdarsteller eines größeren Plans

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Im Triathlon soll langfristig eine neue Generation deutscher Medaillenkandidaten geformt werden. In Hamburg war an Lasse Lührs zu sehen, was das für einen Athleten bedeuten kann.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Lasse Lührs kam mit einer bunten Menge aus Kollegen ins Ziel. Manche sprinteten um eine bessere Platzierung, andere wankten eher ins Ziel des Triathlon-Weltcups in Hamburg nach 750 Meter Schwimmen, 21 Kilometern Radfahren und dem abschließenden Fünf-Kilometer-Lauf. Die Gesamtsituation war etwas unübersichtlich, aber der Stadionsprecher wusste Bescheid, und im Ton eines Jubelnden begleitete er den Zieleinlauf des jungen Deutschen: "Platz 29! Sein bestes Ergebnis in Hamburg!" Und wenig später, als die erste Anstrengung verflogen war, zeigte Lührs sich auch selbst ganz angetan von seiner Wettkampfleistung, mit der er es im Männerrennen zum besten Deutschen gebracht hatte. Unter die ersten 25 hatte Lührs eigentlich kommen wollen nach Rang 47 im vergangenen Jahr an gleicher Stelle. Egal. "Ich habe alles gegeben", sagte er, "ich bin zufrieden."

Lasse Lührs. (Foto: Markus Scholz/dpa)

Triathlon ist aus Sicht des deutschen olympischen Sports bei den Männern gerade die Übung, in der ständig ein anderer gewinnt, in Hamburg zum Beispiel der laufstarke Spanier Mario Mola. Das war auch mal anders. In Jan Frodeno hat die Deutsche Triathlon-Union (DTU) sogar mal einen Olympiasieger gestellt (2008). Es gab zahlreiche weitere Titel und Medaillen, seit Triathlon 2000 zum ersten Mal olympisch war. Aber jetzt ist eine andere Zeit, die Konkurrenz ist entwischt. Olympia 2016 in Rio war eine Erfahrung ohne Starter. Jetzt ist der DTU-Kader mit lauter Männern besetzt, die noch so jung sind, dass selbst Olympia 2020 in Tokio zu früh für sie kommt. "Das braucht Zeit", sagt Sportdirektor Jörg Bügner zu dem Vorhaben, eine neue Medaillengeneration zu formen. Frühestens 2024 soll es so weit sein.

Die Lehren für die Zukunft zieht man auf den hinteren Plätzen

Lasse Lührs, 22, aus Potsdam ist also einer der Hauptdarsteller eines größeren Plans. Und was das bedeutet für einen Athleten, hat man am Samstag in Hamburg unter wolkenverhangenem Himmel erleben können. Der Anfang ist schwer, die Lehren für die Zukunft zieht man auf den hinteren Plätzen. Vorne, in der Liga der Besten, bildete sich nach dem Schwimmen eine Spitzengruppe aus dem Franzosen Vincent Luis, dem Norweger Kristian Bummenfelt und dem Briten Jonathan Brownlee, die auf der Laufstrecke aber wieder auseinander ging. Blummenfelt fiel mit Seitenstechen zurück, von hinten kamen der Südafrikaner Richard Murray und Weltserien-Dominator Mola. Am Ende strahlte Mola. Luis wurde Zweiter vor Murray und versprach: "Wir werden weiter versuchen, Mola zu schlagen."

Am Ziel: Laura Lindemann. (Foto: Joern Pollex/Getty Images for ITU)

Lasse Lührs hatte mit alldem nichts zu tun. Er arbeitete sich nach dem Schwimmen tapfer nach vorne und kämpfte um einen Achtungserfolg. Dem Hannoveraner Jonas Schomburg, 24, erging es ähnlich. Nach dem Radfahren rannte er sogar als Erster der großen Verfolgergruppe aus der Wechselzone. Er landete letztlich auf Platz 34. Die Perspektiven? Lasse Lührs wollte nichts schöner reden, als es ist. "Ich denke, wir schließen langsam, sehr langsam auf zu den Erfolgen früherer Jahre."

Die Berlinerin Laura Lindemann wird Zweite

Aber es gibt auch Trost und Ablenkung vom Tief. Am Abend nach dem Nachmittagsrennen der Männer zeigte nämlich die Berlinerin Laura Lindemann, 22, in der Frauen-Konkurrenz, dass DTU-Leute auch in diesen Zeiten noch auf Weltniveau sporteln können. Zweite wurde sie hinter der überlegenen Französin Cassandre Beaugrand und vor der Amerikanerin Katie Zaferes. Laura Lindemann war schon im vergangenen Jahr der Lichtblick des Verbandes: Europameisterin wurde sie und Dritte beim Hamburger Weltcup. Sie war 2016 bei Olympia, wobei ihr Start dort nur deshalb auffiel, weil ihre Nominierung ohne erfüllte Qualifikationskriterien eine vieldiskutierte Hängepartie wurde. Aber als frühere Junioren-Weltmeisterin kennt sie schon das Gefühl des großen Sieges. Außerdem ist sie mit Ehrgeiz und Zielsprintvermögen ausgestattet.

Ihren Einsatz in Hamburg fand sie zunächst gar nicht gut. Sie kam mit Verspätung aus dem Wasser, fuhr auf dem Rad solide und mit hoher Aufmerksamkeit in den engen Kurven, in denen zwei Kolleginnen vor ihr gestürzt waren. Der zweite Wechsel misslang. "Die Laufschuhe habe ich superschlecht anbekommen." Aber vom Ende der ersten Verfolgergruppe arbeitete sie sich mit Geduld und Ausdauer nach vorne. Irgendwann spürte sie, dass ein Podiumsplatz möglich war. "Ich habe gedacht, ich laufe so schnell wie möglich, aber mit der Option auf einen Schlussspurt." So wurde sie Zweite und stand da wie eine echte Gewinnerin. Ob das ein Zeichen sei für die darbenden Männer, fragte sie jemand nach ihrem Erfolg. Laura Lindemann lächelte und sagte: "Ich hoffe es."

© SZ vom 15.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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