Triathlon:Ein verdammt guter Traum

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"Dass meine Form langsam besser wird, habe ich bei den letzten Einheiten gemerkt": Sophia Saller (3. von links) beim Wettkampf in Kapstadt. (Foto: Nic Bothma/dpa)

U23-Weltmeisterin Sophia Saller beweist bei der World Series in Kapstadt, dass sie zu Deutschlands größten Triathlon-Talenten gehört.

Von Anna Carina Bauerdorf

Sophia Saller hat vieles, worauf Gleichaltrige neidisch sein könnten. Auf der einen Seite hat die gebürtige Münchnerin es geschafft, an der Universität von Oxford aufgenommen zu werden, die als eine der besten Universitäten der Welt gilt - für sie, die zwei Schulklassen übersprungen und das Abitur an der deutschen Schule in London mit einem Durchschnitt von 1,0 bestanden hat, kein Problem. Sophia Saller studiert dort Mathe, es ist ein forderndes, ein zeitintensives Studium, bei dem oft die Abende zum Wiederholen des Lernstoffes genutzt werden müssen und für andere Interessen nur wenig Zeit bleibt - eigentlich. Denn Sophia Saller ist nicht nur in ihrem Studium, sondern auch in ihrer zweiten großen Leidenschaft überaus erfolgreich. Seit 2013 steht sie im B-Kader des Deutschen Triathlon-Verbandes (DTU), seit vergangenen September ist sie U23-Weltmeisterin. Am Samstag bewies die 21-Jährige nun im südafrikanischen Kapstadt, dass sie durchaus auch schon mit den Großen ihres Sports mithalten kann.

Noch im Juni standen für Saller in Oxford die Bachelor-Prüfungen an. Kaum fertig geschrieben, stieg sie vom Seminarraum ins Auto, um es rechtzeitig ins österreichische Kitzbühel zu schaffen, denn dort fanden am nächsten Tag die Europameisterschaften statt. Es sollte Sallers erstes Rennen über die olympische Kurzdistanz werden, nach 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und 10 Kilometer Laufen war Saller nach gut zwei Stunden im Ziel - als EM-Zweite.

Plötzlich steht Saller neben Athletinnen, die sie nur aus dem Fernsehen kennt - und wird Vierte

Per Twitter schwärmte sie danach von einem "verdammt guten Traum", und der Traum ging weiter: Im September holte Saller in Edmonton/Kanada den WM-Titel der U23-Triathletinnen, nur eine Woche später wurde sie deutsche Meisterin. 2015 will Saller sich jetzt durch regelmäßige Starts bei der World-Triathlon-Serie an die Weltspitze herantasten - jetzt, wo sie ihre Masterarbeit abgeschlossen hat. Der erste Start im März in Abu Dhabi lief noch nicht ganz nach ihren Vorstellungen, Saller musste sie sich mit einem 30. Platz zufriedengeben. Trotzdem sei es eine gute Erfahrung gewesen, neben Triathletinnen an der Startlinie zu stehen, die sie sonst nur im Fernsehen gesehen hat. Am Samstag in Kapstadt lief es da schon besser: Saller verpasste in 1:50:07 Stunden nur knapp ihren ersten Podiumsplatz und wurde als beste Deutsche Vierte, noch vor der fünftplatzierten Rebecca Robisch (Saarbrücken) und Anne Haug (Bayreuth) auf Platz acht. Mit so einem Rennen habe sie "nie gerechnet", sagte Saller anschließend, "aber dass meine Form langsam besser wird, habe ich bei den letzten Einheiten gemerkt."

Ihren Erfolg sieht sie in der Verbindung von körperlichen und geistigen Herausforderungen. "Der Sport hilft mir, vom Studium abzuschalten, andererseits hält mich das Studium davon ab, vor einem Wettkampf ständig im Kopf Strategien durchzugehen", sagt Saller. Jeden Tag stehen drei Trainingseinheiten auf ihrem Stundenplan: Laufen, Radfahren, Schwimmen. Kurz nach ihrem 16. Geburtstag hatte sie sich im Verein angemeldet, nachdem sie, noch relativ lustlos, ihre ersten fünf Kilometer durch einen Londoner Park gelaufen war. Davor war sie bereits bei Schwimmwettbewerben angetreten, heute liegt im Laufen ihre große Stärke. 2008 ist Saller mit ihrer Familie nach London gezogen, an den Start geht sie jedoch für Deutschland, aus alter Verbundenheit. "Es fühlt sich immer noch wie meine Heimat an, zum Beispiel die bayerischen Brezen vermisse ich." Zu Wettkämpfen in der Triathlon-Bundesliga mit dem TV Erlangen lässt sie der Verein einfliegen. Erlangens Trainer Roland Knoll, den sie noch aus ihrer Zeit vor dem Triathlon kennt, schickt ihr Trainingspläne nach Oxford, mehrmals in der Woche skypen sie. Ansonsten genießt Saller den Wettkampf mit den Mitstudenten im Oxforder Triathlonverein. Besonders die Männer nehmen sich immer wieder zum Ziel , sie zu besiegen, erzählt sie lachend. Allerdings schaffen sie es selten, denn eines hasst Saller besonders: zu verlieren.

Während des Studiums machte es ihr der straffe Zeitplan an der Uni in Oxford unmöglich, an Trainingslagern der Nationalmannschaft teilzunehmen. Saller musste umso mehr Disziplin an den Tag legen, um ihre Trainingsziele zu erreichen. Klar, dass dabei manches auf der Strecke blieb: "Im ersten Jahr war ich schon auf Partys, aber ich war dann die ganze Zeit übermüdet. Das war etwas, das ich erst lernen musste: dass man nicht alles haben kann."

2012 in London war Saller als Helferin bei Olympia. Das nächste Mal will sie als Athletin antreten

Sophia Saller fasziniert am Triathlon die Vielseitigkeit und Abwechslung: Jeder Tag sei anders, langweilig wird es nie. Sie ist überzeugt: "Triathlon lebt nicht nur von der Spitze, er ist auch ideal für Leute, die neben der Arbeit ein abwechslungsreiches, spaßiges Hobby betreiben wollen." Für Saller aber ist Triathlon längst mehr als ein Hobby: Ihr langfristiges Ziel ist eine Olympiateilnahme. 2012 in London hat Saller die Atmosphäre schon unmittelbar miterlebt, als Helferin. "Ich habe zum Beispiel Wasser in den Lounges ausgeschenkt oder Taschen verteilt. Man war ganz nah dran an den Sportlern, das war schon cool." Dass es schon 2016 mit den Spielen in Rio de Janeiro klappen könnte, daran will sie noch nicht denken. "Das ist mein großer Traum, aber ich bin noch jung. Ich gebe mein Bestes, aber wenn es nicht klappt, dann habe ich noch viele Jahre Zeit, mir diesen Traum zu erfüllen", sagt Sophia Saller. Nur eines weiß sie schon sicher: Allein zum Helfen werde sie nicht nach Rio fliegen. Das ist ihr dann doch ein bisschen zu weit.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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