Tischtennis:Zeit für Ort

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Bundesligist Bad Königshofen verliert gegen Fulda-Maberzell. Doch es bleibt ein positives Fazit: Selbst gegen den Tabellenvierten, der zuletzt Serienmeister Düsseldorf bezwang, haben die Unterfranken eine Chance.

Von Andreas Liebmann

Zur Zeit des "Lächlers" sah Abwehr noch anders aus. Chen Xinhua, so sein richtiger Name, war ein chinesischer Tischtennisspieler, der in den Neunzigerjahren für England und in der Bundesliga unter anderem für Ochsenhausen antrat. Stoisch dauerlächelnd schnibbelte er jeden noch so harten Angriffsball seines Gegners gummiwandähnlich auf den Tisch zurück. Auch für einen solchen Spielertypen hätten die Leute am Sonntag in der Halle des Erstligisten TSV Bad Königshofen vermutlich gerne Eintritt bezahlt, spektakulär war Chen allemal. Doch die Gründe, wieso die Gastgeber bis kurz vor Spielbeginn immer weitere Stühle in ihre ausverkaufte Halle schleppten, hießen - neben dem heimischen Trio - Wang Xi und Ruwen Filus. Zwei der besten Verteidiger der Welt, die beide für den TTC Fulda-Maberzell antreten. Auch wenn deren Team 3:1 gewann, dürfte kaum ein Fan des Aufsteigers aus Unterfranken sein Kommen bereut haben.

Wang Xi, 34, seit 2015 deutscher Staatsbürger, und der deutsche Nationalspieler Ruwen Filus, 29, sind keine Gummiwände. Beide bringen von weit hinter dem Tisch unglaubliche Bälle zurück, doch wenn sich ihnen auch nur der Hauch einer Chance bietet, prügeln sie mit der Vorhand selbst Offensivschläge übers Netz, die auch die besten Angreifer beeindrucken. Sie lassen den Gegnern keine Zeit, Angriffe in Ruhe aufzubauen. Lächeln sieht man sie auch nicht.

Es war der perfekte Zeitpunkt für eine Rückkehr von Kilian Ort. Das Königshöfer Eigengewächs erlebt eine durchwachsene Premierensaison, mit Blessuren und Formdellen, ausgelöst durch seine Ausbildung bei der Bundeswehr. Vor Wochenfrist hatte er aussetzen müssen, nun stellte ihn der Trainer auf Position zwei. Der zuletzt so starke Japaner Mizuki Oikawa rutschte dadurch nach hinten, wo man nur einen Einsatz bekommt. Grund: "Kilian ist von den dreien der Beste gegen Abwehr", erläuterte Teammanager Andy Albert. Beinahe wäre die Aufstellung aufgegangen. 11:11 stand es in Orts fünftem Satz gegen Filus, die Nummer 18 der Welt. Bei den deutschen Meisterschaften vor knapp einem Jahr hatte Ort, 21, den Favoriten schon mal beinahe besiegt. Nun hatte er bei 9:8-Führung und bei 10:10 zwei Vorhandspins knapp ins Aus gesetzt. Filus zeigte seine Cleverness, beim Matchball zum 13:11 fischte er einen Ball extrem weit aus der Rückhandecke.

Selbst gegen den Tabellenvierten, der in der Vorwoche Serienmeister Düsseldorf bezwang, haben die Bad Königshöfer inzwischen eine Chance. Das lag auch am Japaner Oikawa, der Fuldas Angreifer Jonathan Groth 3:0 niederhielt. Der junge Däne hatte zuletzt gegen Düsseldorf noch Timo Boll bezwungen. Einzig Darko Jorgic, Bad Königshofens Nummer eins, tat sich schwer gegen Wang und Filus. Der Teenager war zu ungestüm, kam mit seiner brachialen Rückhand nur sporadisch zum Erfolg. "Es wäre ja schlimm, wenn er das mit 19 auch schon könnte", tröstete sich Albert - und genoss viel lieber Orts verheißungsvolle Rückkehr.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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