Tennisspieler Kei Nishikori:Japans Bobbele

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Schlug sein Idol Roger Federer: Kei Nishikori in Miami. (Foto: dpa)

Tennisspieler Kei Nishikori besiegt beim Turnier in Miami zuerst David Ferrer, dann Roger Federer. Vor zehn Jahren ist der Japaner zu Hause ausgezogen, um einmal den asiatischen Tennis-Markt zu erobern. Nach einigen Rückschlägen scheint es ihm nun zu gelingen.

Von Lisa Sonnabend

Roger Federer klatschte Kei Nishikori ab, er tätschelte dessen Bauch, dann sagte er über den Japaner, gegen den er eben verloren hatte: "Er hat eine großartige Technik. Ich prophezeihe: Er wird schon bald unter den Top Ten sein." In einer packenden Partie besiegte Nishikori am Mittwoch beim ATP-1000er-Turnier in Miami Federer mit 3:6, 7:5 und 6:4. Zuvor hatte er bereits den Weltranglisten-Vierten David Ferrer aus dem Turnier geworfen. Erst eine Leistenverletzung stoppte seine Siegesserie, das Halbfinale gegen Novak Djokovic, die Nummer zwei der Welt, musste er schweren Herzens am Freitagabend deshalb absagen.

Die lobenden Worte von Federer hat Nishikori sicherlich mit Freude zur Kenntnis genommen, der Schweizer ist sein großes Idol. Mittlerweile ist Nishikori allerdings selber eines.

Seit langem ist Japan verrückt nach Tennis. Aus Mangel an eigenen Spielern verehrte die Nation Federer oder Rafael Nadal. Dies ist nun anders, denn nun gibt es Nishikori, der die Haare strubbelig trägt, eine blaue Kette um den Hals baumeln hat und derzeit auf Weltranglisten-Position 21 liegt. Der 24-Jährige ist in seiner Heimat bekannt wie hierzulande Boris "Bobbele" Becker in seinen besten Jahren.

Das Gesicht von Nishikori wird oft im Fernsehen gezeigt, er hat zahlreiche gut dotierte Werbeverträge abgeschlossen. Bei den Australian Open, wo Nishikori erst in einem umkämpften Match gegen Nadal ausschied, schwenkten Fans Japan-Fahnen auf den Tribünen, das Pressezentrum wurde von einer ganzen Delegation japanischer Journalisten belagert. Auf Facebook und Twitter folgen ihm Hunderttausende Fans, auf seiner Webseite erzählt er vom Leben auf der Tennis-Tour. Zum Beispiel, dass er in einem Lokal in Miami hervorragend indisch gegessen habe und asiatisches Essen ihm immer einen Energieschub gebe. Verlässt Nishikori in Japan das Haus, setzt er zur Tarnung Sonnenbrille und Kopfbedeckung auf.

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Anfang des Jahres schaffte er es in die Meldungsspalten deutscher Zeitungen - denn er folgte dem Trend und verpflichtete einen ehemaligen Spitzenspieler als Trainer. Djokovic hatte Becker geholt, Federer Stefan Edberg, Andy Murray wurde damals noch von Ivan Lendl betreut - und Nishikori engagierte im Januar 2014 den Amerikaner Michael Chang. Als Kind taiwanischer Einwanderer ist Chang mit Asien nicht nur äußerlich verbunden.

Ähnlich wie der ehemalige Weltranglisten-Zweite Chang ist Nishikori für einen Tennisspieler sehr klein und schmächtig, er misst 1,78 Meter, wiegt gerade einmal 70 Kilogramm. Auch die Spielweise ähnelt der von Chang damals: Beide sind flink, geben nie einen Ball verloren, sind nicht müde zu kriegen. Nishikoris Grundlinienschläge sind allerdings wuchtiger als die von Chang früher, die Rückhand ist stärker, der Aufschlag beständiger und schneller. "Er achtet sehr auf Details", sagt Nishikori über seinen neuen Trainer. "Ich habe das Gefühl, dass ich mich sehr verbessere."

Mit fünf Jahren begann Nishikori, Tennis zu spielen. Mit 14 Jahren verließ er seine Heimatstadt Shimane und zog ganz alleine nach Florida, um in der Akademie von Nick Bollettieri zu trainieren. Der junge Nishikori wurde Mitglied der Tennisgruppe des mittlerweile verstorbenen Sony-Chefs Akio Morita. Das Ziel: japanische Spieler zu fördern, um den asiatischen Markt zu erobern. Englisch sprach Nishikori damals kein Wort.

Nishikori lebte sich ein, teilte sich das Zimmer eine Zeit lang mit Brad Gilberts Sohn Zachary - und er wurde rasch einer der besten Junioren-Spieler der Welt. Mit 19 Jahren gewann der damals auf Weltranglistenplatz 244 stehende völlig überraschend das ATP-Turnier in Delray Beach. Es war der erste Sieg eines Japaners seit 16 Jahren.

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Doch der Aufstieg der Tennishoffnung wurde gebremst. Wegen einer Ellenbogenverletzung musste Nishikori 2009 ein Jahr lang pausieren. Er stürzte in der Weltrangliste tief, doch innerhalb von eineinhalb Jahren arbeitete er sich zurück - bis in die Top 20 der Welt.

Vier Turniersiege hat Nishikori mittlerweile errungen, zuletzt im Februar in Memphis. Seine beste Weltranglisten-Position war im Juni 2013 Platz elf, nach dem Turnier in Miami wird er sich nun wieder nach vorne schieben.

In der Bollettieri-Akademie war Nishikori bekannt unter dem Namen "Projekt 45". Denn Weltranglistenposition 45 benötigte er, um Shuzo Matsuoka abzulösen als besten männlichen japanischen Tennisspieler der Geschichte. Michael Chang hat nun ein neues Motto für seinen Spieler ausgegeben. Der Name: "Projekt zehn". Roger Federer kann das nur unterstützen.

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