Tennis:Glücksspiel mit der DNA

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Beim WTA-Turnier in Nürnberg in dieser Woche erhalten junge Tennisspielerinnen die Chance, sich mit etablierten Profis zu messen.

Von Gerald Kleffmann

All jenen, die die Tröten und Tanzschuhe parat gelegt haben und mit gewissen Erwartungen zur Valznerweiherstraße 200 reisen wollen, muss Sandra Reichel eine Enttäuschung entgegnen. "Wir sind nicht so das Partyturnier", bekennt die Direktorin des Nürnberger Frauen-Profitennisturniers, das nun zum fünften Mal stattfindet, um dafür umgehend auf eine andere Besonderheit zu verweisen. "Der Sport soll im Vordergrund stehen und der Nachwuchs ist uns sehr wichtig." So gab es am Sonntag ein Girls Camp mit Judy Murray, der renommierten britischen Trainerin und Mutter des Weltranglisten-Ersten Andy Murray. In den Altersklassen U8 und U12 werden in dieser Woche Wettkämpfe ausgetragen, bei den U-14-Mädchen kommt es zum Duell zwischen Deutschland und Österreich. Ja, das Thema Frauen und Tennis wird nicht nur marketingtechnisch angeschoben, es wird gelebt. Auch im Teilnehmerfeld ist die DNA, die Reichel dem Nürnberger Versicherungscup einverleiben will, wiederzuerkennen.

Erfolgserlebnis: Die 18-jährige Lena Rüffer aus Berlin erkämpfte sich als Qualifikantin einen Platz im Hauptfeld des Nürnberger Profiturniers. (Foto: Peter Weber/imago)

In dem 32er-Tableau erhalten viele Junge eine Chance, die sich gegenüber den Etablierten beweisen wollen. Katharina Hobgarski aus Neunkirchen und Katharina Gerlach aus Essen, beide 19, starten dank Wildcards, nachdem die Lettin Anastasia Sevastova und die zuletzt furios zwölf Mal in Serie siegende Mona Barthel kurzfristig zurückgezogen hatten. Eine Welt brach daher nicht für Reichel zusammen, die ihre Veranstaltung auf zwei Säulen aufbaut, Stammkräften der WTA Tour sowie hoffnungsvollen Talenten, wobei sie bei der Planung speziellen Gesetzmäßigkeiten ausgesetzt ist. Die French Open beginnen in dieser Woche mit der Qualifikation, am Sonntag offiziell bereits mit Hauptfeld-Matches. Das verursacht bei Reichel ein klassisches Einerseits-Andererseits-Gefühl.

"Für manche wie Angelique Kerber kommt ein Turnier so knapp vor Paris nicht mehr in Frage", sagt die Österreicherin, die mit ihrer Veranstaltungsagentur auch das WTA-Turnier in Linz betreibt. "Aber dann gibt es auch immer wieder mal Spielerinnen, die waren vorher nicht so erfolgreich und wollen gerne noch ein Turnier spielen." Reichel gibt zu, dass selbst bei allem Fleiß die Zusammenstellung des Feldes "ein bisschen ein Glücksspiel" ist. Dass etwa Eugenie Bouchard, 2014 Siegerin in Nürnberg und aufgrund ihres durchaus begünstigten Erscheinungsbildes eine globale Zugkraft, melden würde, kam überraschend. Die Kanadierin ist in der Weltrangliste abgerutscht und sucht Matchpraxis, die sie mit der schweren Erstrunden-Aufgabe gegen die Kasachin Julia Putintseva erhält. Andere wiederum hätten auch für zusätzliche Aufmerksamkeit gesorgt, Sabine Lisicki wurde angefragt, die Wimbledon-Finalistin 2013, die ein wenig abgetaucht ist. "Sie ist noch nicht ganz fit und trainiert gerade", sagt Reichel, "sie hätte eine Wildcard bekommen. Aber sie will auf Rasen einsteigen." Die Rasen-Saison beginnt nach den French Open. Die Setzliste führt nun die Titelverteidigerin Kiki Bertens aus den Niederlanden an, auch die Deutschen Laura Siegemund, Julia Görges, Annika Beck, Carina Witthöft und Tatjana Maria (WC) sind im Hauptfeld. Die 18-jährige Berlinerin Lena Rüffer erkämpfte sich als Qualifikantin einen Startplatz.

Ihr Turnier hat sich etabliert, "wir verankern uns hier immer mehr, step by step", sagt Reichel, die jedes Jahr die Qualität erhöhen will. Diesmal hat der ausrichtende 1. FC Nürnberg im Spielertrakt Garderoben und Sanitäranlagen erneuert. Ein Sponsor hat auch verlängert. Kleine Schritte, die auch symbolisch zu verstehen sind: Es geht voran.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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