Tennis:Gewöhnungssache

Lesezeit: 2 min

Ruhiger nach anfänglicher Hektik: Roger Federer. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Roger Federer steht nach seiner freiwilligen zehnwöchigen Erholungspause in Stuttgart wieder auf dem Platz - und hat im Achtelfinale gegen den Hamburger Mischa Zverev anfangs Schwierigkeiten mit seinem Spiel.

Von Martin Wittmann und Roman Deininger, Stuttgart

Roger Federer ist zurück. Nach zehn Wochen freiwilliger Erholungspause stand er wieder auf dem Platz, und er stand dort zunächst unzufrieden. Vielleicht mit sich, gewiss mit den Linienrichtern, gleich drei Mal in den ersten fünf Spielen forderte er die Überprüfung ihrer Entscheidung durch das Hawkeye. Zwei Mal lag er falsch. Er musste sein Auge wohl erst wieder gewöhnen ans Wettkampftennis, am Mittwochnachmittag auf dem Rasen des Stuttgarter Weissenhof, im Achtelfinale gegen den Hamburger Mischa Zverev. Und nebenbei musste der Rekord-Grand-Slam-Sieger sein Tennis wieder an den Wettkampf gewöhnen. Die Sandplatzsaison hat Federer ausgelassen, in Wimbledon will er wieder auf der Höhe seines Spiels sein. Gegen Zverev setzte sich der Weltranglistenzweite mit etwas Mühe 3:6, 6:4, 6:2 durch.

Der erste Satz war schon nach 33 Minuten beendet, mit einem ungewohnten Bild auf der Anzeigetafel. "Es war wie immer in einem Rasenmatch", sagte Federer zu seinen anfänglichen Problemen. "Ein Return oder eine Netzkante kann den Unterschied ausmachen. Ich musste mich gedulden, aber ich habe mich da rausgekämpft." Zverev zog bei eigenem Aufschlag sein Serve-and-Volley-Spiel durch und ließ den Schweizer nicht in den Rhythmus kommen. Nach einem starken Returnspiel gewann er schließlich seinen ersten Satz überhaupt gegen Federer. Und für einen Moment öffnete sich für die Branche ein Fenster in die Zukunft: Aus der Frage, was mit dem Turnier passiert, wenn Federer ausscheidet, wurde die Sorge, was mit dem Sport geschieht, wenn der große Star aufhört. Am Montag hatte er auf der Pressekonferenz mehr Fragen zu seinem Abschied vom Tennis als zu seiner Ankunft in Stuttgart zu beantworten.

Federer, 36, dichtete: Das Ende sei näher als je zuvor. An Stuttgart hatte Federer keine allzu guten Erinnerungen, im vergangenen Jahr ist er hier im Achtelfinale gegen Tommy Haas ausgeschieden. Und jetzt wieder ein frühes Aus? Oder der nächste Schritt zurück zur Nummer eins? Mit einem Finaleinzug am Weissenhof würde er French-Open-Sieger Rafael Nadal von der Spitze der Weltrangliste verdrängen. Die Zuschauer, mehrheitlich für Federer, warteten jedenfalls auf den Moment, in dem der Schweizer das Spiel drehte. Die Leute, sagte Federer hinterher, würden immer denken: "Er kommt schon noch zurück, ist ja normal, ist ja der Federer." Doch so einfach sei es nicht, schon gar nicht auf Rasen, schon gar nicht auf zwei Gewinnsätze. "Das ist ein Sprint", sagte er, da helfe Ruhe und Zuversicht irgendwann nicht mehr weiter: "Da ist es okay, wenn man mal in Hektik ausbricht."

Die Hektik machte ihn an diesem Nachmittag ruhiger, und Federer zeigte seine Klasse. Im Viertelfinale am Freitag wird er nun auf den Italiener Guido Pella oder den indischen Qualifikant Prajnesh Gunneswaran treffen. Von den anfangs sieben gestarteten deutschen Profis ist nach dem Ausscheiden von Zverev, Florian Mayer und Talent Rudolf Molleker nur noch einer dabei: Paris-Achtelfinalist Maximilian Marterer trifft am Donnerstag auf den australischen Mitfavoriten Nick Kyrgios. Federers große Zukunftsfrage ist also noch aufgeschoben, der kleinen wich Federer nach dem Spiel aus: Wer wird sein Ausrüster? Es liefen Verhandlungen, sein alter Vertrag sei jedenfalls im März ausgelaufen, verriet er. In Stuttgart trägt er noch die alten Sachen auf. Angeblich soll ihm ein Angebot über 260 Millionen Euro vorliegen, vom einem japanischen Unternehmen. Laufzeit: Zehn Jahre.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: