Tennis:Die Bäckerin hört auf

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Ende einer langen Reise: Kimiko Date bestritt ihr letztes Profi-Match. (Foto: Issei Kato/Reuters)

Auch ohne Grand-Slam-Titel: Die Japanerin Kimiko Date beendet mit fast 47 Jahren eine einzigartige Tenniskarriere - und wird von vielen Kolleginnen nochmals gehuldigt.

Von Gerald Kleffmann, Tokio/München

Wahrscheinlich haben die wenigsten ein Wort von Kimiko Date verstanden. Sie sprach neun Minuten lang auf Japanisch in der Filmsequenz, die die Tennistour WTA im Internet nun veröffentlicht hat. Trotzdem haben Hunderte den Beitrag weitergeleitet und Tausende ihn mit einem Herzchen versehen, als Zeichen des Zuspruchs. Auch Konkurrentinnen, die noch nicht einmal geboren waren, als Date 1989 ihre erste Profisaison bestritt, huldigten der einst besten Spielerin Asiens. Die Französin Kristina Mladenovic bezeichnete sie im Internet als "eine wunderbare Frau und Inspiration für uns alle". Die Amerikanerin Irina Falconi berichtete: Date habe ihr Anfang des Jahres einen Stuhl angeboten, mit dem Hinweis: "Mach dir keine Sorgen, ich bin noch jung." Am 28. September wird Date 47 Jahre alt.

Natürlich war sie bis zum vergangenen Dienstag die älteste aktive Spielerin der Frauentour, die Resonanz, die ihr Rücktritt erzeugte, verdeutlichte einmal mehr: Auch ohne Grand-Slam-Titel können Karrieren einzigartig sein. Als die Serbin Alexandra Krunic, 24, ihr Erstrundenmatch beim WTA-Turnier in Tokio nun gegen Date 6:0, 6:0 gewonnen hatte, verbeugte sie sich vor ihrer Gegnerin und nahm sie lange in den Arm. Die Zuschauer applaudierten eine Ewigkeit. So wie es jemand verdient hat, der eine Ewigkeit den Schläger schwang.

Date, die nach ihrer Heirat mit dem deutschen Rennfahrer Michael Krumm bis zur Trennung 2010 als Date-Krumm auftrat, war die beste Zeitzeugin verschiedener Epochen. Weil sie ja so viele verschiedene als Aktive erlebt hatte. Sie spielte noch gegen Steffi Graf, die sie auch mal besiegte, gegen Arantxa Sánchez Vicario, gegen Monica Seles. Dabei hatte sie selbst zwischenzeitlich den Rücktritt erklärt, 1996 stieg sie aus, viel zu früh, wie sie später einräumte. Zu dieser Phase hatte sie die Tenniswelt bereits mit drei Grand-Slam-Halbfinalteilnahmen begeistert, in Melbourne, Paris und Wimbledon schaffte sie ihre besten Resultate, stieg zur Nummer vier der Welt auf. Sie fing zu laufen an, engagierte sich wohltätig, kommentierte im Fernsehen. Als sie Krumm, einen Schwaben aus Reutlingen, kennenlernte und 2001 ehelichte, wollte sie schwanger werden. Doch das klappte nicht, wie sie offen einmal preisgab, und so drängte sie der Gatte sanft, wieder auf die Tour zurückzukehren. 2008 wagte sie den Schritt. 2009 wurde sie mit fast 39 die zweitälteste Turniersiegerin, nach Billie Jean King, die 1983 nur ein wenig älter beim Sieg in Birmingham gewesen war. In Tokio hatte Date ihren achten und letzten Profititel im Einzel errungen.

Verletzungen warfen sie zurück, zuletzt zwickten Schulter und Knie, sie nutzte Auszeiten und baute in Tokio eine deutsche Bäckerei mit dem Namen "Frau Krumm" auf. Date offenbarte nicht nur auf den Plätzen Spielwitz, auch abseits wirkte sie nonchalant, als riefe sie den zumeist viel jüngeren Konkurrentinnen in Erinnerung: Ist alles nur ein Spiel! Lange schlafen, Tee trinken, so lautete ihr Credo, sie machte sich gerne auch über sich angenehm lustig. Auf die Frage, wie sie die Altersunterschiede erlebt habe, antwortete sie einmal: "Ich frage meine Gegnerin nie, wie alt sie ist. Ich frage gleich direkt, wie alt ihre Mutter ist." Ja, Kimiko Date aus Kyoto war und ist eine spezielle Person.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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