Tennis:Der Heimschläfer

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Nachwuchsprofi Maximilian Marterer aus Stein tritt beim ATP-Turnier in Eckental an.

Von Matthias Schmid

Das Tennisturnier im mittelfränkischen Ort Eckental ist kein gewöhnliches Challenger-Turnier auf der Profitour. Es bietet den Spielern neben einem Gesamtpreisgeld von 35 000 Euro zusätzlich sogenannte Hospitality. Die Profis des Hauptfeldes kommen also in den Genuss, dass sie für die Übernachtung im Hotel nichts bezahlen müssen. Überall auf dem Planeten würde Maximilian Marterer diese besondere Annehmlichkeit, die nicht jeder Wettbewerb auf der zweiten Ebene im Welttennis offerieren kann, zu schätzen wissen und sofort annehmen. Als Jungprofi ist der 20-Jährige über jeden Cent froh, den er einsparen kann. Nur nicht in Eckental, direkt vor seiner Haustür. Nur rund 30 Kilometer liegen zwischen Tennishalle und seinem Wohnort Stein bei Nürnberg. "Es ist schön, zu Hause im eigenen Zimmer schlafen zu können", sagt Marterer, "das kommt ja nicht allzu häufig mehr vor."

In diesem Jahr haben seine Heimatbesuche im Elternhaus weiter abgenommen, seit er bei immer größeren Turnieren auf dem Globus mitspielt und sich in der Weltrangliste bis auf Rang 237 verbessert hat - es ist die bisher höchste Platzierung in seiner noch jungen Karriere. Marterer ist kein Überflieger auf der Profitour, niemand, der damit aufgefallen ist, dass er aus dem Nichts prominente Spieler schlagen würde. Seine Entwicklung geht langsam, aber stetig nach oben. Seit seinem Sieg im Sommer in der Qualifikation des ATP-Turniers in Hamburg gegen den Top-100-Spieler Marco Checchinato aus Italien hat es sich in seinem Kopf festgesetzt, dass er gegen Spieler dieses Rangs nicht nur mithalten, sondern sie auch schlagen kann. "Ich bin konstanter geworden, seit ich häufiger gegen gute Gegner spiele und weiß nun auch, dass ich sie zwei Sätze lang beschäftigen kann", erklärt Marterer, der sich zuletzt beim ATP-Turnier in Stockholm das erste Mal für ein Hauptfeld eines Grand-Prix-Turniers qualifizierte.

Diese fast schon penetrante Entschlossenheit in den entscheidenden Momenten einer Partie hatte dem Linkshänder mit der wuchtigen Vorhand und dem gefährlichen Aufschlag lange gefehlt. Dabei hatte er schon früh als Junior erlebt, wie es sich anfühlt, mit den besten Spielern der Szene üben zu dürfen. Vor ein paar Jahren hatte Rafael Nadal Marterer als Sparringpartner bei den French Open in Paris auserkoren. Der Kontakt zu dessen Trainer und Onkel Toni Nadal ist inzwischen aber weniger geworden, zum Verdruss von Marterer. Sie kennen sich gut, nicht erst seit den gemeinsamen Trainingstagen in Paris. Der Franke war auch der erste Sieger des Castingwettbewerbs "Making of a Wimbledon Champion", den Toni Nadal und das Stuttgarter Weissenhofturnier vor zwei Jahren ins Leben riefen, um jungen Deutschen beim Rasenturnier auf dem Killesberg mit einer Wild Card eine Chance im Hauptfeld zu bieten. "Ich würde mich sehr freuen, wenn er mal wieder an mich denken würde", sagt Marterer.

Doch auch ohne gemeinsame Übungseinheiten mit dem langjährigen Weltranglistenersten aus Spanien hat Marterer ein gutes Team beisammen, um sich den Besten anzunähern und vielleicht schon im Januar bei den Australian Open in der Qualifikation starten zu dürfen. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) hatte ihm zu Beginn des Jahres empfohlen, sich der Tennisbase des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV) in Oberhaching anzuschließen. Der Verband scheint aus seinen Fehlern gelernt zu haben und zieht nun seine besten Spieler an einem Ort zusammen. "Bessere Trainingsmöglichkeiten gibt es in Deutschland für uns nicht", findet Marterer.

Davis-Cup-Chef Michael Kohlmann kümmert sich nun um ihn und liefert wertvolle Ratschläge. Er wird sich Marterers erstes Match in Eckental an diesem Dienstag auch ganz genau ansehen, wenn dieser auf den an Nummer zwei gesetzten Ruben Bemelmans trifft. Am Anfang des Jahres hatte er gegen den in der vergangenen Woche noch unter den besten 100 platzierten Belgier im dritten Satz 6:7 das Nachsehen. "Ich will hier beim Turnier weit kommen", sagt Marterer. Dann steigt er weiter in der Rangliste - und spielt vielleicht bald regelmäßig bei den großen Wettbewerben. Weit weg von daheim.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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