Tennis:Cheeseburger und Pommes in Käsesoße

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"Es gibt im Tennis immer die nächste Woche": Sloane Stephens schied in Indian Wells wieder früh aus. (Foto: Kevork Djansezian/AFP)

Viel gewonnen hat Sloane Stephens seit den US Open nicht. Beim Turnier in Indian Wells verliert sie wieder früh.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Grand-Slam-Siegerin. Das ist ein Titel, den jemand ein Leben lang führen darf, wie Olympiasiegerin oder Oscarpreisträgerin. Und er kann Karrieren komplett verändern, das weiß jetzt auch Sloane Stephens, die im vergangenen Herbst die US Open gewann. Nach dem Finale lief sie durch die Katakomben im Arthur Ashe Stadium, vorbei an Postern der früheren Siegerinnen Maria Scharapowa, Serena Williams und Angelique Kerber, und es wirkte auch wegen Sperren, Babypausen und Formkrisen anderer Spielerinnen so, als müssten die Fixsterne am Frauentennis-Himmel neu geordnet werden.

Ein halbes Jahr später läuft Stephens wieder durch Katakomben, im Stadium 1 auf der Tennisanlage in Indian Wells, der Weg führt auch an diesem Ort vorbei an Bildern einstiger Gewinnerinnen wie Wiktoria Asarenka und Simona Halep. Stephens hat ihre zweite Partie 4:6, 3:6 gegen Daria Kassatkina (Russland) verloren, aber das scheint sie nicht sehr zu ärgern. "Das war heute nicht mein bestes Tennis, aber wir dürfen ja glücklicherweise jede Woche spielen", sagt sie: "Es gibt im Tennis immer die nächste Woche, und die Woche danach."

Es gibt in den meisten Sportarten immer eine nächste Woche, doch wenn die Ergebnisse einiger Wochen ein erfolgloses halbes Jahr ergeben, wird es auffällig: Nach den US Open gab es für Stephens in der vergangenen Saison noch Erstrunden-Niederlagen in Wuhan und Peking, bei der B-WM in Zhuhai und beim Fed-Cup-Finale gegen Weißrussland verlor sie jeweils beide Partien. In diesem Jahr schied sie in Sydney und bei den Australian Open in der ersten Runde aus, erst in Acapulco gewann sie endlich ein Match.

Aber nicht nur die Ergebnisse ihrer Matches sind besorgniserregend. Stephens agierte in diesen oftmals so, als wäre ihr mit dem Triumph in New York das Recht zugesprochen worden, alle Gegnerinnen mit einem Aufwand von maximal 70 Prozent besiegen zu können. Am Montag landeten ihre sonst so gefürchteten Vorhand-Angriffsschläge häufig im Netz, weil sich Stephens meist aufreizend lässig zum Ball bewegte. Sie blickte diesen Schlägen hinterher, als wären die Bälle oder vielleicht sogar das Universum verantwortlich für all diese Fehler, aber niemals sie selbst.

Tennisspieler müssen selbstbewusst sein, und ein bisschen Größenwahn kann für verblüffende Erfolge sorgen. Arroganz und mangelnder Respekt vor Gegnerinnen allerdings können zu überraschenden Niederlagen führen. In Acapulco verlor Stephens gegen Stefanie Vögele (Schweiz), die in der Weltrangliste auf Platz 183 liegt. In Sydney unterlag sie Camila Giorgi (Italien, Rang 100), beim Fed-Cup-Finale den Weißrussinnen Aryna Sabalenka (78.) und Aliaksandra Sasnowitsch (87.).

Es ist nicht einfach, so einen Triumph wie den von Stephens bei den US Open zu verarbeiten, der ja umso erstaunlicher gewesen ist, weil Stephens davor aufgrund von Verletzungen bis auf Platz 957 der Weltrangliste abgestürzt war. Sie wurde nach ihrem Erfolg als Tennis-Cinderella gefeiert und so offensiv vermarktet, als hätte sie nicht nur ein Turnier gewonnen, sondern als junge Afroamerikanerin auch gleich Rassismus und Sexismus besiegt. Sie durfte ihre Geschichte in Talkshows erzählen, schmückte die Titelseite der Bademoden-Ausgabe der Sports Illustrated und war nicht selten in Restaurants zu sehen, die für kalorienreiche Kost bekannt sind.

"Ich wollte all die großartigen Dinge mitnehmen, die einem der US-Open-Sieg ermöglicht", sagte sie nach der Niederlage gegen Kassatkina und plauderte nebenbei über die Bestellung, die sie später beim kalifornischen Schnellrestaurant In-N-Out aufgeben wolle: "Ein doppelter Cheeseburger und Pommes in Käsesoße. Wenn, dann schon richtig, also wahrscheinlich auch noch einen Milchshake."

Kartoffelgeschnetzeltes, Hackfleischbrötchen und Eiscremepüree seien Stephens gegönnt, wie übrigens auch all die anderen großartigen Dinge, die einem der US-Open-Sieg ermöglicht. Grand-Slam-Siegerin darf sie sich ohnehin ihr Leben lang nennen. Sie feiert in ein paar Tagen ihren 25. Geburtstag, sie hat also nicht nur ein paar Wochen, sondern wahrscheinlich noch ein paar Jahre als Tennisprofi vor sich. "Vielleicht kann ich in den kommenden fünf Jahren noch ein paar Turniere gewinnen und tolle Sachen auf dem Platz und auch abseits davon anstellen."

Stephens ist ausgeschieden in Indian Wells, Venus Williams (6:3, 6:4 gegen ihre Schwester Serena), Angelique Kerber (7:5, 6:2 gegen Titelverteidigerin Elena Wesnina) und Caroline Wozniacki (6:4, 2:6, 6:3 gegen Sasnovich) haben das Achtelfinale erreicht. Für den Moment sind einige Fixsterne wieder fest am Frauentennis-Himmel verankert. Sloane Stephens muss sich in den kommenden Wochen gewaltig anstrengen, wenn sie in dieser Saison einer davon sein und nicht wie eine Sternschnuppe verglühen möchte.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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