Tennisspielerin Simona Halep:Gefühlt schon beim Nikolaustag

Lesezeit: 3 min

Simona Halep: Perfekt ins Jahr gestartet (Foto: AFP)
  • Seit Silvester hat Simona Halep beeindruckend viele Siege gefeiert - die Weltranglistendritte ist in überragender Frühform.
  • Um sich ganz vorne zu etablieren, muss sie endlich ein Manko bekämpfen.
  • Ihre Konkurrentinnen werden sie genau beobachten.

Von Philipp Schneider, Miami/München

Hoher Wurf, schöne runde Flugphase, dann den Ball mit dem Schläger voll erwischt, schon saust Simona Haleps Aufschlag hinüber auf die Seite von Karolina Pliskova, die Tschechin retourniert zu lang, der Ball ist im Aus, das Spiel vorbei: 6:4, 5:3 für Halep. Die 23-Jährige ballt also die Hand zur Faust, eilt nach vorne ans Netz um der traurigen Verliererin die Hände zu schütteln. Nanu? Pliskova ist gar nicht traurig? Bleibt einfach an ihrer Grundlinie stehen? Ach, hoppla, denkt sich Halep, hebt die Arme in entschuldigender Geste, dreht wieder um, spielt wieder weiter: Ein Satz geht ja dann doch bis sechs.

Hat sich tatsächlich so zugetragen.

Vor wenigen Tagen erst im Achtelfinale von Indian Wells. Die Welt dreht sich derzeit eben unheimlich schnell für Halep, sie rast von einem Matchball zum nächsten, da kann so etwas passieren: Gegen Pliskova gewann sie einfach das nächste Aufschlagspiel, dann auch das Endspiel in Kalifornien gegen die ehemalige Weltranglistenerste Jelena Jankovic. Im Anschluss reiste sie weiter nach Miami und trifft nun nach vier weiteren Siegen und einem 6:3, 7:5 gegen Flavia Pennetta im Viertelfinale auf die Amerikanerin Sloane Stephens.

Mutter im Profitennis
:Mama Maria

Die deutsche Tennisspielerin Tatjana Maria ist vor kurzem Mutter geworden. In Key Biscane gelingt ihr der größte Erfolg ihrer Karriere. Auch weil Serena und Venus Williams sich kümmern.

Von Lisa Sonnabend

Von der Bedeutung gleich hinter den Grand Slams

Ob sie nicht ein bisschen müde sei?

Ach, sagt Halep, sie habe in der Partie einfach "versucht, die Beine noch ein bisschen zu bewegen". Und siehe da: Sie bewegten sich tatsächlich noch ein bisschen.

Die Turniere von Indian Wells und Miami gehören zu einer Turnierserie, die in ihrer Bedeutung gleich auf die vier Grand-Slam-Veranstaltungen folgt. Sollte Simona Halep aus Constanta in Rumänien auch in Florida gewinnen, wäre sie erst die dritte Spielerin nach Kim Clijsters (2005) und Steffi Graf (1994 und 1996), die alle Partien dieser brutalen Folge von zwei hochklassigen Wettbewerben für sich entschieden hätte. Für die Weltranglistendritte stellt sich aber noch eine wichtigere Frage: Diejenige, ob ihre überragende Frühform als Indikator gedeutet werden darf, dass sie in diesem Jahr an der Weltbesten Serena Williams oder zumindest dauerhaft an Maria Scharapowa vorbei ziehen könnte?

"Es ist ein Wendepunkt in meiner Karriere", sagt Halep: "Im vergangenen Jahr war ich nach einem Titelgewinn beim folgenden Turnier entweder verletzt oder müde. Oder ich bin gar nicht erst angetreten."

Das Kalenderjahr ist gerade erst zu einem Viertel vorbei, doch wer allein die Auflistung von Haleps Turniersiegen seit Silvester betrachtet, der könnte meinen, bald sei schon wieder Nikolaustag.

Außer in Indian Wells siegte sie vorher schon in Shenzhen und Dubai. Im Vorjahr noch hatte sich Halep mit insgesamt zwei Titeln begnügt, doch selbst diese genügten ihr, um sich von Weltranglistenplatz elf (Ende 2013) bis auf den dritten Rang zu spielen. Auch deshalb, weil ihr damals neuer Coach Wim Fissette, der zuvor schon Kim Clijsters und Sabine Lisicki trainierte, ihr nahelegte, sich auf die größten Momente des Jahres zu konzentrieren: Halep spielte sich ins Viertelfinale bei den Australian Open, ins Halbfinale von Wimbledon - und auf Sand, ihrem Lieblingsbelag, erreichte sie das Finale der French Open.

Ihre Konkurrentinnen werden genau beobachten, wie sich Haleps Spiel noch wandelt: Ende 2014 beschloss sie, lieber von ihrem Landsmann Victor Ionita betreut zu werden, zudem heuerte sie für drei Turniere den ehemaligen Profi Thomas Högstedt als Berater an (der sie nach dem Titelgewinn in Shenzhen absprachegemäß wieder verließ). Der Schwede wurde mit guten Argumenten als eine Art Roland Berger der Szene bezeichnet: Er rückt im Tennis immer an, wenn es irgendwas zu optimieren gilt, bloß verbessert er nicht Einkauf oder Verkauf, sondern Vorhand und Rückhand. Scharapowa und Caroline Wozniacki machte er ordentlich Beine. Und ein wenig auch Tommy Haas und Nicolas Kiefer.

Haleps Spielanlage war schon immer großartig, mit ihren 1,68 Meter Körpergröße läuft sie selbst auf Sand so schnell, dass einen als Beobachter die Sorge befällt, sie könnte sich unfreiwillig in den Untergrund graben. Sie ist eine exzellente Taktikerin mit hoher Spielintelligenz, ihre Punktgewinne baut sie geschickt mit der Vorhand auf, um dann sehr oft mit ihrer beidhändigen Rückhand zu vollenden, gerne an der Linie entlang. Schwierigkeiten hatte sie lange Zeit mit ihrer Konzentration bei wichtigen Partien, während der Grand Slams buchte sie ihre Rückfluge überaus frühzeitig: ein Problem, das sie schon mit Trainer Wim Fissette in Griff bekam. Mit Victor Ionita indes gewann sie kürzlich in Kalifornien den größten Titel ihrer Karriere.

"Indian Wells feier ich erst nach diesem Turnier. Ich muss mich konzentrieren", sagt sie Miami. Die Weltranglistenzweite Scharapowa, die dort ihr Auftaktmatch verlor, darf das als Warnung begreifen.

© SZ vom 01.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: