Start der Eishockey-Playoffs:Hamburgs Kinder sind größer und stärker als je zuvor

Lesezeit: 3 min

Hamburger Hoffnungsträger: David Wolf. (Foto: dpa)

Wer wird Meister in der DEL? Die Hamburg Freezers könnten in den Playoffs für eine Überraschung sorgen. Der Klub bekommt viel Lob für seine Personalpolitik, doch das reicht den Hamburgern nicht mehr. Zum Auftakt kommt es zum Bruder-Duell gegen Meister Berlin.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Dieses eine vermaledeite Tor. 158 hatten sie in der regulären Saison bereits erzielt, doch Nummer 159, es fehlte. Ansonsten hätten die Hamburg Freezers in den Playoffs gegen Berlin nun Heimrecht. Hamburg führte im letzten Hauptrundenspiel gegen München, Berlin lag hoch zurück - doch die Spieler auf dem Eis wussten nicht, dass es um nur ein Tor ging. Eine Kommunikationspanne, hieß es später. Berlin wurde in der Abschlusstabelle Vierter, Hamburg nur Fünfter. Trainer Benoît Laporte hat sich sehr geärgert.

Wenn an diesem Mittwoch die deutsche Eishockey-Liga in die spannende Phase der Saison startet, dann ist diese Episode vergessen. Es geht um Größeres. Coach Laporte sitzt hoch oben in einer Loge der Hamburger Arena, in der die Freezers und die Handballer des HSV Hamburg abwechselnd spielen. Unten wird wieder einmal umgebaut. "Das eine Tor kümmert uns nicht mehr", sagt Laporte, "wir haben gezeigt, dass wir gegen Berlin gewinnen können."

Zweimal ist dies den Freezers in dieser Saison gelungen - keine schlechte Bilanz gegen den Meister. Überhaupt bekommt der Hamburger Klub viel Lob derzeit. Die Freezers haben zahlreiche deutsche Talente im Kader, Garrett Festerling etwa, David Wolf und Jerome Flaake. Sechs von ihnen könnten mit der Nationalmannschaft zur WM nach Finnland fahren, glaubt Stéphane Richer, der Sportdirektor. Würden alle Klubs eine solche Personalpolitik fahren, hätte die Nationalmannschaft deutlich weniger Probleme. "Das macht uns sehr stolz", sagt Richer.

Favoriten auf den DEL-Titel sind trotzdem andere: Titelverteidiger Berlin natürlich, dazu die dominierenden Teams aus Mannheim und Köln. Die Freezers wollen für eine Überraschung sorgen. Allein der gute Ruf genügt ihnen nicht mehr. "Wir haben zwei Jahre nacheinander die Top sechs erreicht", sagt Richer: "Wir wollen den nächsten Schritt. Und das ist das Halbfinale."

Der Klub hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. 2002 wurde die Lizenz der München Barons über Nacht nach Hamburg transferiert, wo plötzlich Eishockey-Euphorie ausbrach. Schon 2004 erreichte der Verein prompt das Halbfinale, mehr als 10.000 Zuschauer strömten pro Spiel in die Halle. Und das in Hamburg - einer Stadt, die keine sonderlich glorreiche Eishockey-Vergangenheit hat.

Danach ging es schnell wieder bergab. Die Ausländer hatten Heimweh, die Spieler wurden in Scharen ausgetauscht, auch die Trainer wechselten oft. Die neu gewonnene Identifikation mit der Stadt ging verloren. Der Zuschauerschnitt sackte auf unter 7000, der Schnitt der Handballer hingegen stieg auf mehr als 10.000. Die Freezers wurden überholt. Vor zweieinhalb Jahren verpasste Sportdirektor Richer dem Klub gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer Michael Pfad ein neues Konzept: weniger Fluktuation, mehr deutsche Spieler. Seitdem ist vieles besser geworden.

Red Bull übernimmt EHC München
:Eingefangen von den Bullen

Red Bull schnappt sich mit dem EHC München den nächsten Klub und baut sein Imperium aus. Red Bull stellt lustige Brause her, ist verdammt hip und verdammt reich. Und bisher verdammt schweigsam. Klar ist: Als neuer Teil des Konzerns wird sich der Verein deutlich verändern - mit dem Ziel, ein Branchenriese zu werden.

Von Michael Neudecker

Im vergangenen Jahr, im Viertelfinale, waren die Adler Mannheim noch zwei Nummern zu groß. 0:4, 1:8, 2:1, 1:3 und 1:3 hieß es nach fünf Spielen. Trainer Laporte glaubt, dass seine Mannschaft mittlerweile reifer ist. Der Kanadier mit dem französischen Pass kann ein energischer Trainer sein. Wenn er dröhnend lacht, sieht er ein wenig aus wie Fußballtrainer Thomas Schaaf. "Letztes Jahr haben die Kinder da noch nicht hingehört", brummt Laporte: "Jetzt wissen sie, was Playoffs sind." Vor allem ihre Abwehrarbeit haben die Hamburger verbessert; in der Liga bekamen sie die zweitwenigsten Gegentore (130) aller Teams. "Dieses Jahr sind wir größer und stärker", sagt Laporte.

Das soll zunächst Berlin zu spüren bekommen, das Bruder-Team. Beide Klubs gehören der Anschutz Entertainment Group aus Los Angeles, beide standen kürzlich noch zum Verkauf - der nun wohl abgesagt wird. Die Eisbären waren in den vergangenen Jahren ungleich erfolgreicher, wurden in den vergangenen acht Jahren sechsmal deutscher Meister. Wenn ein Team weiß, worauf es in den Playoffs ankommt, dann Berlin.

Doch der Branchenprimus schwächelt. Die Eisbären haben ihre schlechteste Runde seit Jahren hingelegt, sie haben einige Verletzungssorgen. Zudem sorgt ein Boykott der treuesten Fans, die gegen eine geplante drastische Erhöhung der Dauerkartenpreise protestieren wollen, für Unruhe. Manche sagen, Berlin war lange nicht mehr so schlagbar wie jetzt.

Freezers-Verteidiger Patrick Köppchen sagte in einem Interview: "Sie haben nicht mehr diese Überlegenheit. Spiel sieben zu gewinnen, und dann auch noch in Berlin, das wäre wirklich ein Traum." Köppchen stammt aus Berlin. Er findet, dass es Zeit für eine Wachablösung ist. Die Freezers wissen ja jetzt, dass sie nur ein Tor mehr brauchen.

Hier gibt's alle Ergebnisse der DEL

© SZ.de/hum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: