Sportpolitik:Auf den Knien

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Der Kanadier Richard Pound, dienstältestes Mitglied beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), hat sein Unbehagen gegenüber der Politik von Präsident Thomas Bach deutlich zum Ausdruck gebracht.

Von Thomas Kistner, Eindhoven/München

Der kanadische Sportanwalt Richard Pound hat das bisherige Vorgehen des Internationalen Olympische Komitees (IOC) in der Affäre um das russische Staatsdoping schwer kritisiert. Bei der internationalen Fachkonferenz Play The Game in Eindhoven attackierte das dienstälteste IOC-Mitglied insbesondere die global umstrittene Politik von IOC-Präsident Thomas Bach. Dessen Ringe-Zirkel will am 5. Dezember in Lausanne über mögliche Sanktionen gegen Russland in Hinblick auf die Winterspiel-Teilnahme im Februar 2018 in Pyeongchang entscheiden. Hierzu habe er mit dem IOC-Boss eine "offene Diskussion" geführt, sagte Pound, und zugestimmt, dass er sein "Bestes tun werde, bis dahin meinen Mund zu halten". Jedoch nur unter der Bedingung, dass der Deutsche "die Sache nicht vermassele", wenn das IOC den Beschluss fällt.

Pound, 75, gehört dem IOC seit 39 Jahren an. Große Verdienste erlangte der Kanadier als Gründungspräsident der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Nun bezeichnete er die Dopingpolitik des IOC als doppelbödig. "Du kannst nicht sagen, wie meine Organisation, das IOC, dass man null Toleranz für Doping habe, null Toleranz - außer vielleicht, es geht um Russland!" Schon vor den Rio-Sommerspielen 2016, als der erste Bericht des unabhängigen Sonderermittlers Richard McLaren zum Russland-Doping vorlag, habe das IOC die Chance verspielt durchzugreifen.

Pound griff Bach dabei direkt an: "Wäre ich der IOC-Präsident, wäre ich vor McLaren auf die Knie gegangen und hätte gesagt: Danke! Das ist eine sehr kompetente, gründliche Untersuchung." Der Russland-Report zeige das staatlich geförderte Betrugssystem, von dem mehr oder weniger "jeder wisse, dass es existierte" - weshalb man sich gar nicht mehr um Sünden einzelner Athleten zu kümmern bräuchte.

Das IOC hat unterdessen am Montag fünf weitere russische Athleten lebenslang gesperrt: die Biathletinnen Olga Wiluchina (Olympia-Silber) und Jana Romanowa, die Bob-Olympiasieger Alexej Negodailo und Dimitrij Trunenkow sowie Skeleton-Pilot Sergej Tschudinow. Insgesamt trifft der Bann damit nun 19 Sotschi-Starter. Erstmals lieferte das IOC eine Urteilsbegründung im Fall gesperrten Skilanglauf-Olympiasiegers Alexander Legkow: Demnach seien zwei Dopingproben Legkows manipuliert worden. "Der Nachweis, dass seine Proben wirkungsvoll manipuliert wurden, stellt einen objektiven direkten Beweis dar, dass der Athlet in das System verwickelt war", heißt es in der Begründung.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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