Sport kompakt:Rückkehr des Sextests

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Nach Fall Semenya will das IOC wieder Frauen überprüfen. Otto Pfister soll Trinidad und Tobago zur WM führen, Bayern-Sportdirektor Nerlinger äußert sich zur Verteidiger-Suche, nach einer Studie bevorteilen Schiedsrichter die Gastgeber. Sport kompakt

Zwölf Jahre nach Abschaffung des Sextests und drei Jahre nach dem spektakulären Fall Semenya soll es als Konsequenz aus dieser Affäre im Sport wieder Geschlechskontrollen für Frauen geben. Das Internationale Olympische Komitee hat eine neue Regel entwickelt, nach der verdächtige Athletinnen ähnlich wie Südafrikas 800-m-Weltmeisterin auf eine Überproduktion an männlichen Hormonen (Hyperandrogenismus) untersucht werden sollen. "Wir haben dieses Thema nach einigen Symposien und Konferenzen nun in London mit der IOC-Exekutive erörtert und wollen die neue Regel Anfang Juli bei der IOC-Vollversammlung verabschieden. Dieser Lösung sollen sich dann alle internationalen Fachverbände anschließen", sagte Prof. Arne Ljungqvist, Chef der Medizinischen Kommission des IOC. Eine Frau soll laut Ljungqvist künftig bei Olympia nur starten dürfen, wenn ihr Level an Androgenen unter dem der Männer oder in einem Bereich liegt, aus dem sie keinen Wettkampf-Vorteil ziehen kann.

Caster Semenya bei ihrem WM-Sieg über 800 Meter in Berlin. (Foto: AP)

Die Entscheidung über den Geschlechtsstatus soll von einem internationalen Expertenteam aus dem Bereich Hyperandrogenismus getroffen werden. In jedem Fall soll die Athletin anonym bleiben und nicht wie bei Semenya geschehen öffentlich weltweit diskutiert werden. "Es wird wohl nicht sehr viele Fälle geben", sagt Ljungqvist und erklärt: "Weist eine Frau einen zu hohen Level an männlichen Hormonen auf, wird ihr vorgeschlagen, dass sie sich Maßnahmen unterzieht, die diesen Wert senken und somit einen Start in der Frauenklasse möglich machen. Ist sie nicht einverstanden, verliert sie ihre Startberechtigung." Nach einer elfmonatigen Zwangspause von Caster Semenya hatte der Leichtathletik-Weltverband IAAF im Juli 2010 entschieden, dass die Südafrikanerin nach einer Hormonbehandlung weiter als Frau starten darf. Bei ihr gab es laut Experten sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale.

Die Athletenkommission des IOC hatte sich 1999 dafür starkgemacht, dass der Sextest ab 2000 nicht mehr angewandt wurde. Sie argumentierte, dass es durch die Aufsicht bei den Dopingkontrollen quasi unmöglich sei, dass ein als Frau verkleideter Mann einer Entdeckung entgehe. Darüber hinaus sei die Prozedur der Geschlechtsüberprüfung komplex, teuer und kontraproduktiv. Das IOC und die Fachverbände behielten sich jedoch in Einzelfällen vor, Athletinnen zu überprüfen - wie 2009 im Fall Semenya geschehen. Normalerweise weisen Frauen zwei X-Chromosomen (XX) in ihren Zellen auf, Männer ein X- und ein Y-Chromosom (XY). Manche mit einem Y-Chromosom geborenen Menschen entwickeln alle körperlich charakteristischen Merkmale einer Frau - ausgenommen der inneren Sexualorgane. Sie leiden unter dem sogenannten Androgen Insuffizienz Syndrom (AIS). Diese Frauen sind XY, allerdings kein Mann, weil ihr Körper nicht auf das produzierte Testosteron reagiert. Deshalb durften sie auch bei den Frauen starten. Wie sieben der acht Athletinnen, die 1996 bei Olympia in Atlanta positiv auf Y-Chromosomen getestet worden waren.

Die Frauen stürmen bei den Olympischen Winterspielen die letzte Bastion der Männer: Skispringen zählt zu den mindestens sechs neuen Disziplinen, die 2014 im russischen Sotschi erstmals im Programm stehen sollen. Nominiert wurden außerdem im Snowboard der Halfpipe-Wettbewerb der Männer und Frauen, im Biathlon der Mixed-Wettbewerb, im Rodeln die Staffel und im Eiskunstlaufen der Teamwettbewerb. Vier weitere könnten in den nächsten Wochen nach technischen Klärungen noch hinzu kommen und den Kreis der Entscheidungen (2010 in Vancouver 86) noch erweitern. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme fällt allerdings erst Anfang Juli durch die IOC-Vollversammlung in Durban/Südafrika. Dort werden am 6. Juli auch die Winterspiele 2018 vergeben. Neben München 2018 sind Pyeongchang/Südkorea und Annecy/Frankreich die Kandidaten.

FC Schalke 04: Einzelkritik
:Kampf gegen das Grinsen

Neuers Kopf eröffnet eine Wahnsinnspartie, Matip erlebt seine erste große Liebe, Edu verwandelt sich in einen Spitzenfußballer und Raúl zeigt, dass er ein ganz Großer ist. Die Schalker beim 5:2 in Mailand in der Einzelkritik.

Daniel Theweleit, Mailand

Bayern Münchens Sportdirektor Christian Nerlinger hat Spekulationen zurückgewiesen, wonach der deutsche Fußball-Rekordmeister für die kommende Saison 60 Millionen Euro in neue Stars investieren will. "Diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen. Wir haben doch keine Mannschaft, die wir runderneuern müssen!", sagte Nerlinger der Sport Bild zum angeblich geplanten Großeinkauf. Erneut bestätigte der 37-Jährige jedoch, "dass wir im Defensiv-Bereich aktiv werden müssen. Es wird im Sommer die ein oder andere Veränderung geben. Wir sprechen da aber von lediglich zwei, drei Positionen, die wir in Angriff nehmen müssen." Gesucht werden ein Außen- und zwei Innenverteidiger. Die zuletzt immer wieder gehandelten Fabio Coentrao (Benfica Lissabon) und Gregory van der Wiel (Ajax Amsterdam) nannte Nerlinger "interessante Spieler". Die Gerüchte-Liste sei aber zu lang, "um sie nun Spieler für Spieler durchzugehen. Ich persönlich habe ja schmunzelnd vernommen, wo allein ich in den letzten Tagen gewesen sein soll."

So soll der Münchner Sportdirektor etwa Innenverteidiger Emanuel Pogatetz von Hannover 96 beobachtet haben. Das sei aber "eine klare Ente und absolute Falschmeldung". Auch werde es "definitiv keine Rückhol-Aktionen von Spielern geben, die den Verein verlassen haben". Nerlinger spielte da auf Martin Demichelis (jetzt FC Malaga) und Ex-Kapitän Mark van Bommel (AC Mailand) an. Derzeit unterhält man sich mit dem künftigen Trainer Jupp Heynckes "natürlich über die Ausrichtung der Mannschaft", sagte Nerlinger: "Die Situation ist aber klar: Heynckes ist sechs Wochen noch in Leverkusen voll in der Verantwortung. Es liegt an uns, für den Verein die richtigen Weichen zu stellen."

Fußball-Weltenbummler Otto Pfister wird neuer Nationaltrainer von Trinidad und Tobago. Der 73-Jährige solle den WM-Teilnehmer von 2006 zur Endrunde 2014 in Brasilien führen, teilte der Fußball-Verband des Karibikstaates am Mittwoch in der Hauptstadt Port of Spain mit. Pfister wird damit Nachfolger von Russell Latapy, dessen Kontrakt bei den "Soca Warriors" Ende Dezember ausgelaufen und nicht verlängert worden war. Dem Vernehmen nach gilt Pfisters Vertrag vorerst bis zum Ende der WM-Qualifikation. Der Kölner hat als Trainer bereits Mannschaften in mehreren exotischen Ländern betreut. Zuletzt war Pfister Coach von Kamerun; mit dem Nationalteam von Togo schied der gebürtige Kölner bei der WM 2006 in der Vorrunde aus. Seine erste offizielle Stelle im Ausland hatte er 1972 als Nationalcoach von Ruanda.

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich auf die Eckpunkte für die Öffnung des Sportwettenmarktes für private Anbieter geeinigt. Auf einer Sondersitzung der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch in Berlin wurden erstmals die Eckpunkte des neuen Glücksspielstaatsvertrages öffentlich gemacht. Eine endgültige Ratifizierung des Vertrages soll allerdings erst im Sommer erfolgen, gültig würde sie ab 1. Januar 2012. Nach dem neuen Vertrag soll es sieben bundesweite Konzessionen für private Wettanbieter geben. 16,66 Prozent des Einsatzes bei einem Wettanbieter sollen demnach als Konzession an den Bund gehen. Die Konzessionen sind jedoch durch eine "Experimentierklausel" auf fünf Jahre beschränkt. Danach soll erneut überprüft werden, ob die Ziele des neuen Glücksspielstaatsvertrages erfüllt werden. Erlaubt werden soll darüber hinaus auch Trikot- und Bandenwerbung von privaten Wettanbietern bei Sportveranstaltungen. Fernsehwerbung vor Sportübertragungen soll jedoch verboten bleiben. Live-Wetten im Internet sollen nur auf das Endergebnis möglich sein.

Mehr Gelbe Karten für Auswärtsteams und Extra-Nachspielzeit für Heimmannschaften: Schiedsrichter aller professionellen Fußballligen in Europa bevorzugen Experten zufolge eindeutig die Gastgeber. Das habe die jahrelange Forschung von Sportwissenschaftlern und Ökonomen an verschiedenen Universitäten ergeben, sagte Thomas Dohmen, Leiter des Forschungsinstituts für Arbeitsmarkt und Berufsbildung der Universität Maastricht, der Nachrichtenagentur dpa. "Dieser Typ der Verzerrung ist weit verbreitet in allen professionellen europäischen Fußballligen und auch in den USA", stellt Dohmen fest. Er hat für seine Studien zum Phänomen des Heimvorteils Daten aus zwölf Bundesliga-Spielzeiten ausgewertet. Er stellt aber auch klar: Die Benachteiligung erfolgt immer unbewusst. Durchschnittlich 22 Sekunden Extra-Nachspielzeit geben Schiedsrichter beispielsweise, wenn das Heimteam mit einem Treffer zurückliegt. "Das ist genau die Zeit, die man braucht, um noch einmal vors Tor zu kommen - es kann also entscheidend sein", sagt Dohmen. Auch von fälschlicherweise gegebenen Elfmetern und Toren profitierten seinen Auswertungen zufolge öfter die Gastgeber. Gelbe Karten gehen dagegen häufiger an die Spieler der angereisten Teams. Statistisch sähen sie eine "halbe" Gelbe Karte mehr pro Spiel als die Heimmannschaft, sagt Daniel Memmert, Leiter des Instituts für Kognitions- und Sportspielforschung an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln. Wichtigster Faktor ist dabei der Zuschauerlärm. Experimente hätten gezeigt, dass Schiedsrichter bei lauter Geräuschkulisse eher geneigt sind, Karten zu zücken, berichtet Sportwissenschaftler Memmert.

Torjäger Julian Schieber steht im 182. bayerischen Derby gegen Bayern München vor seinem Comeback beim Fußball-Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Der 22 Jahre alte Angreifer absolvierte am Mittwoch nach rund sechswöchiger Verletzungspause erstmals wieder ein Mannschaftstraining beim Club. Trainer Dieter Hecking kündigte vor dem Spiel gegen den Rekordmeister am Samstag (15.30 Uhr) bereits an, dass Schieber im Kader stehen wird, "wenn es machbar ist und er sich wohl fühlt". Für den vom VfB Stuttgart bis zum Saisonende ausgeliehenen Stürmer sei es "natürlich eine besondere Motivation, gegen die Bayern dabei zu sein". Einen Einsatz Schiebers von Beginn an schloss Hecking jedoch aus. Schieber hatte sich im Training einen Meniskuseinriss im linken Knie zugezogen und am 18. Februar beim 3:0 gegen Frankurt sein vorerst letztes Spiel für die Franken bestritten. Erst am Montag hatte Schieber von den Ärzten grünes Licht für seine Rückkehr erhalten. Mit sieben Toren (acht Vorlagen) in 23 Einsätzen ist Schieber der treffsicherste Profi der Nürnberger in dieser Saison. Zuletzt war er im FCN-Sturm von Christian Eigler vertreten worden.

Bayer Leverkusens einstige Stürmer-Ikone Ulf Kirsten wird zum Saisonende als Cheftrainer der zweiten Mannschaft des Werksclubs aufhören. Einen entsprechenden Bericht des Kölner "Express" bestätigte der Fußball-Bundesligist am Mittwoch. Der 45 Jahre alte ehemalige Nationalspieler ist seit 2003 im Trainerbereich von Bayer tätig und sucht eine neue Herausforderung. "Er wird als Trainer aufhören. Es werden aber noch Gespräche geführt, ob es eine andere Form der Zusammenarbeit gibt", erklärte Vereinssprecher Dirk Mesch.

Die Polizei im EM-Gastgeberland Polen will die Gewalttäter aus den Fußballstadien vertreiben. Seit Februar sind 208 randalierende Hooligans festgenommen worden, teilte Polizeisprecher Mariusz Sokolowski am Mittwoch in Warschau mit. Viele von ihnen waren zudem in Drogengeschäfte, Zigarettenschmuggel, Raubüberfälle und Prostitution verwickelt. Die Rowdys seien strukturiert wie kriminelle Vereinigungen. "Sie haben einen Anführer, Mitglieder mit klar bestimmten Funktionen und ihr eigenes Einflussgebiet", erläuterte Sokolowski. Polen richtet zusammen mit der Ukraine die EURO 2012 aus. Als einen Erfolg bezeichnete er die Festnahme von 13 Personen, die an einer Schlägerei zwischen Fans verfeindeter Mannschaften in Südpolen teilgenommen hatten. Damals starb ein Teilnehmer der Prügelei, bei der Messer, Äxte und Macheten eingesetzt wurden. Noch vor der Sommerpause soll das polnische Parlament ein Gesetzespaket mit verschärften Rechtsvorschriften verabschieden. Geplant sind unter anderem elektronische Fußfesseln für Straftäter mit Stadionverbot sowie gerichtliche Schnellverfahren gegen Stadionrowdys. Der Entwurf sieht zudem eine drastische Erhöhung der Strafen für falschen Bombenalarm vor.

Ohne Olympiasieger Matthias Steiner gehen die deutschen Gewichtheber bei den Europameisterschaften im russischen Kasan (11. bis 17. April) an den Start. Der 28 Jahre alte Superschwergewichtler verzichtet auf den Wettkampf und will sich langfristig auf die Weltmeisterschaften im November in Paris vorbereiten. "Wir wollen kein Risiko eingehen. WM und Olympia sind die absoluten Höhepunkte", sagte Bundestrainer Frank Mantek am Mittwoch.

Japans Fußball-Nationalmannschaft will womöglich doch an der Südamerika-Meisterschaft im Juli teilnehmen. Dem japanischen Verband sei deshalb eine Frist von zehn Tagen eingeräumt worden, endgültig über eine Teilnahme an dem am 1. Juli beginnenden Turnier zu entscheiden, teilte der Präsident des Organisationskomitees, José Luis Meiszner, am Dienstag (Ortszeit) in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires mit. Erst vergangenen Montag hatte der Präsident des japanischen Fußballverbandes, Junji Ogura, erklärt, sein Land könne nicht an der Copa América teilnehmen. Der Wiederaufbau des Landes nach Erdbeben und Tsunami gehe vor. Neben Japan ist Mexiko als Gast zu dem Turnier in drei Monaten eingeladen. Als mögliche Nachrücker bei einem definitiven Nein der Japaner wurden Weltmeister Spanien, die USA, Honduras und Costa Rica genannt.

Der Fußball-Weltverband FIFA will eine Höchstgrenze für die Honorare der Spielerberater einführen. Ab 2012 sollen die Spielervermittler bei Transfers nur noch drei Prozent und nicht wie derzeit noch üblich zehn Prozent der Ablöse kassieren. "Das Beraterwesen ist das Schlimmste, was dem Fußball passieren konnte. Für mich gibt es nur die Lösung, eine Höchstgrenze für die Beraterhonorare einzuführen. Zudem muss geklärt werden, ob Spieler oder Verein das Honorar bezahlen, damit der Berater nicht noch doppelt abkassiert", sagte DFB-Ehrenpräsident Gerhard Mayer Vorfelder dem Sport-Informations-Dienst (SID). Spätestens beim 61. Kongress des Weltverbandes am 31. Mai und 1. Juni in Zürich will die FIFA die Reform absegnen.

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