Snooker: Manipulation:Falscher Akzent

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Neue Erkenntnisse in der Affäre um John Higgins: Statements des Snooker-Profis über Manipulationspraktiken sollen von einem Sprachimitator stammen.

Florian Fuchs

Das Sports Centre hat die Angelegenheit pragmatisch gelöst: Statt Snooker-Ass John Higgins zeigt die schottische TV-Sportshow nun im Hintergrund der Bühne ein anonymes Fußballerbein und einen Ball. Mit dem einstigen Nationalhelden will in Schottland momentan niemand in Verbindung gebracht werden. Higgins sieht sich massiven Bestechungsvorwürfen ausgesetzt. Es gibt ein Video, in dem er offenbar zusagt, gegen Bezahlung Spiele zu manipulieren. Inzwischen stehen sogar Vorwürfe im Raum, er solle im Finale der Weltmeisterschaft 2009 bei einer Pinkelpause gegen sich selbst gewettet haben. Doch jetzt gibt es neue Hinweise: Das Video, das Journalisten heimlich gedreht haben, könnte in Teilen manipuliert sein.

Spielt er unsauber? Snooker-Profi John Higgins aus Schottland. (Foto: Foto: dpa)

Die Reporter des britischen Boulevardblatts News of the World hatten vorgegeben, Geschäftsmänner zu sein und Higgins sowie seinen Manager Pat Mooney in eine Hotelsuite nach Kiew geladen. In dem Ende April veröffentlichten Film ist zu sehen, wie der Snookerprofi sich dort bereit erklärt, für 300.000 Euro vier Frames in nicht näher benannten Turnieren zu verlieren. Der Snooker-Verband WPBSA sperrte Higgins und beauftragte einen ehemaligen Hauptkommissar von Scotland Yard, die Affäre in einem unabhängigen Gremium aufzuklären.

Die Ermittler haben bisher keine Ergebnisse verlautbaren lassen. Sie werden aber jetzt auch den Erkenntnissen nachgehen müssen, die Nick Harris zusammengetragen hat. Der britische Sportjournalist hat sich das Video zusammen mit einem Sprachexperten angesehen. Er behauptet, dass die Untertitel teilweise falsch sind und einige Higgins zugeschriebene Statements offenbar von einem Sprachimitator stammen.

So soll Higgins auf die Frage, ob man eine Kugel bewusst nicht einlochen könne, ohne aufzufallen, geantwortet haben: "Ja, das ist einfach." Die Lippenbewegungen auf dem Video ließen aber nur ein "Ja" erkennen, der Zusatz "das ist einfach" soll der Sprachimitator gesagt haben - mit englischem statt schottischem Akzent.

Der falsche Scheich

Dies und andere Beispiele entlasten Higgins nicht, zumal das Boulevardblatt betont, dass das Video echt sei. Es lässt die Vorwürfe aber zumindest in anderem Licht erscheinen. Zumal sich der Reporter, der bei der Aktion federführend war, schon öfter Manipulationsvorwürfen ausgesetzt sah. Seit er sich einmal für eine Recherche als Scheich verkleidet hat, wird er in England "the fake sheikh" genannt, der falsche Scheich.

Higgins hat sich zu vermeintlichen Manipulationen nicht geäußert. Der Snooker-Spieler behauptet aber, unschuldig zu sein. Er habe geglaubt, es mit der russischen Mafia zu tun zu haben, und deshalb bei den Verhandlungen in Kiew einfach mitgespielt. Der WPBSA-Vorsitzende Barry Hearn sagt zu dem Video lediglich, dass die Ermittlungen so rasch wie möglich vorangetrieben würden.

Wenigstens zu den Wettvorwürfen beim WM-Finale 2009 aber hat sich Hearn geäußert. Es ist im Snooker gar nicht mal unüblich, auf eigene Spiele zu wetten. "Insurance bet" nennt man so etwas - eine Wette, dass andere Spieler das eigene höchste Break noch einmal übertreffen. Das will der Verband nun verbieten, um Manipulationen vorzubeugen. Die Wette von 2009 sieht laut Hearn nach solch einer "insurance bet" aus. Higgins gewann das Turnier damals und sicherte sich den WM-Titel.

© SZ vom 20.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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