Segeln:Trauerfahrt um den Globus

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Die Langstrecken­regatta Volvo Ocean Race wird überschattet vom Tod des Seglers John Fisher. Im Sturm um das Kap Hoorn war er über Bord gegangen und konnte trotz einer intensiven Suche nicht mehr geborgen werden.

Wenn alles normal gelaufen wäre, hätte Bouwe Bekking wohl ausgelassen gejubelt. Der 54-Jährige triumphierte schließlich auf der brutalen Königsetappe des Volvo Ocean Race, von Auckland nach Itajai trotzte er mit seiner Crew auf über 14 000 Kilometern dem Meer. Sechs Meter hohe Wellen und Temperaturen um den Gefrierpunkt gehörten seit dem 18. März zum Alltag auf See. Doch Bekking war nach all den Strapazen vor allem traurig. Die ersten Gedanken galten wieder seinem toten Kollegen John Fisher, der auf See geblieben war.

"Unsere Herzen sind traurig über den Verlust von John Fisher. Und das sitzt sehr tief", sagte ein gezeichneter Bekking, als er brasilianischen Boden unter den Füßen hatte. Mit seinem Team Brunel Racing hatte der Niederländer in einem packenden Finish das zweitplatzierte Dongfeng Race Team um nur 14 Minuten und 48 Sekunden geschlagen und plötzlich wieder Hoffnungen auf den Gesamtsieg - doch all dies war nur Nebensache. Auf dem Weg in Richtung Kap Hoorn war Fisher im Sturm über Bord gegangen und konnte trotz intensiver Suche nicht mehr geborgen werden.

Die Mannschaft von Fisher wird zunächst in Chile bleiben

"Wir treten in diesem Rennen an, um Grenzen zu verschieben. Es ist Hochleistungssport. Aber der Verlust von John Fisher ist so, so traurig", sagte Dongfeng-Skipper Charles Caudrelier. Und während die Crews von Bekking und Caudrelier als erste im Zielhafen in Brasilien nach diesem denkwürdigen Teilstück ankamen, gingen auf der anderen Seite Südamerikas Fishers Kollegen in Chile an Land. Die Etappe hatte das Team Sun Hung Kai/Scallywag nach dem tragischen Tod bereits beendet, die Stürme rund um Kap Hoorn wollten sie sich nicht mehr antun.

"Das Team hat auf mentaler und physischer Ebene unermüdlich gekämpft, um eine sichere Ankunft der verbliebenen Crew und des Volvo 65 zu gewährleisten", hieß es in einem Statement. Die Mannschaft wird zunächst in Chile bleiben, wo über die tragischen Ereignisse gesprochen werden soll. Das Schiff über Land nach Brasilien bringen, um das Rennen fortzusetzen? Aus dem Volvo Ocean Race aussteigen? Skipper David Witt und Co. stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Dazu kommen die Fragen der Polizei, die offiziell ihre Ermittlungen aufgenommen hat.

Chiles Behörden wollen "gemäß der Anweisungen des Staatsanwalts, der Kriminalpolizei und Polizeiwissenschaftlern Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Unfall" gewinnen, teilte ein Polizeisprecher mit. Zudem wurden bereits Fotos des Bootes und Messungen an Bord gemacht. Das Drama ist also längt nicht beendet, auch die Regatta geht weiter.

© SZ vom 05.04.2018 / sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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