Segeln:Pistole fordert Pitbull

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Im Finale des America's Cup vor Bermuda wollen die Herausforderer vom Team Neuseeland gegen Team USA Revanche für die spektakuläre Niederlage von 2013 nehmen.

Von Thomas Gröbner, Hamilton/München

Nein, Dean Barker wird die Leere nicht füllen können, nicht vor den Bermuda-Inseln, nicht bei der Neuauflage des Duells des Herausforderers Neuseeland gegen das Team Oracle USA. "Ein schwarzes Loch" habe die 8:9-Niederlage der Neuseeländer 2013 beim Skipper gerissen. Die Niederlage der Kiwis - nach 8:1-Führung! - gilt für viele als eine der faszinierendsten Aufholjagden in der Sportgeschichte. Für Dean Barker und Neuseeland, diese stolze Segelnation, bleibt sie eine klaffende Wunde. "Es wird mich verfolgen, solange ich lebe", sagte Barker.

Er wird nun nicht dabei sein, wenn es ab Samstag (19 Uhr, live bei ServusTV) im Großen Sund vor Bermuda um Wiedergutmachung für die Schmach von San Francisco geht. Und um die Frage, wer über die Zukunft des America's Cup bestimmen wird. Denn der Unterlegene wurde aus der Crew geworfen, er lauerte mit neuer Mannschaft, Team Japan, auf Genugtuung - vergeblich. "Es musste getan werden", sagte Vorstandsboss Grant Dalton vom Team Neuseeland: "Wir haben uns wiederbelebt, mehr auf die Jugend fokussiert und sind ein deutlich stärkeres Team als wir es je waren." Gezeigt hat sich das im Duell der Herausforderer, das Neuseeland 5:2 gegen Schweden gewann - am Steuer steht jetzt Peter "Pistol" Burling, ein 26-Jähriger.

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(Foto: Mark Lloyd/AFP)

Überflieger: Der von Peter Burling gesteuerte Katamaran des neuseeländischen Teams ist ins America's-Cup-Finale gesegelt.

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(Foto: Mark Lloyd/AFP)

Der 26-jährige Steuermann Peter Burling (hinten) ersetzte Dean Barker und soll die schmerzhafte Niederlage der Neuseeländer von 2013 vergessen machen.

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(Foto: Gilles Martin-Raget/AP)

Luft anhalten: Der Katamaran der Neuseeländer bohrte sich während des Halbfinals gegen die Briten ins Meer.

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(Foto: Mark Lloyd/AFP)

Gleich nach dem Start wurde das Boot aus dem Wasser gehoben und kenterte, die Crew konnte sich unverletzt in die herbeifahrenden Begleitboote retten.

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(Foto: Mark Lloyd/AFP)

Traurige Gestalt: Dean Barker, der 2013 so spektakulär scheiterte, heuerte beim chancenlosen Team Japan an.

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(Foto: AFP)

Titelverteidiger Jimmy "Pitbull" Spithill vor der begehrten Silberkanne, der Trophäe des Cups.

Raumschiffboote vor Traumschiffkulisse: Zwischen der Golden Gate Bridge und Alcatraz kreuzen die Katamarane von Spithill und Barker.

Burling hat sich bislang in der kompletten Serie vor den Bermudas als nervenstark erwiesen. Unbeeindruckt zeigte er sich zuvor schon im Herausforderer-Halbfinale gegen das britische Boot, als Sir Ben Ainslie seine Attacken fuhr. Unbeeindruckt auch, nachdem sich der Katamaran der Neuseeländer in einer Wettfahrt mit dem Bug in die Wellen bohrte und spektakulär überschlug. Bereits zuvor im Training waren die Neuseeländer mit den Briten kollidiert. Auch die Briten hatten viel zu verlieren: Ainslie, nach vier olympischen Goldmedaillen zum Ritter geschlagen, hatte eigentlich den Auftrag, den America's Cup zurück auf die Insel zu holen. Hundert Millionen Pfund hatten den Briten für dieses Vorhaben zur Verfügung gestanden, 7,5 Millionen Pfund davon alimentierte das Königreich. Doch Ainslie unterlag, 2:5 gegen Burling.

Jimmy "Pitbull" Spithill, 37, der australische Skipper von Team USA, hat nun schon vor dem Finale das verbale Duell eröffnet. Sein erster Versuch, "Pistol" Burling einzuschüchtern. "Zweimal sind wir bislang gegen sie gesegelt", sagt Spithill, "und beide Male haben sie ziemlich fundamentale Fehler gemacht." Durch diese zwei Erfolge gegen den Finalgegner liegen sie bereits mit einem Punkt in Führung - und brauchen noch sieben Erfolge zum Gesamtsieg; Neuseeland bräuchte acht. Auch deshalb kam es bereits zum Regelstreit. Dass die Titelverteidiger Praxis in den Vorläufen holen durften und dort den Bonuspunkt sammelten, hat Team Neuseeland verärgert. Doch der Titelverteidiger hat das Recht, die Regeln in seinem Sinne zu dehnen.

Die Regeländerungen des Titelverteidigers könnten dessen Nachteil werden, hofft Burling

Sollte Neuseeland vor Bermuda gewinnen, werde er einen anderen Weg einschlagen, kündigte Teamchef Dalton an. Zurück zu den traditionellen Regeln des America's Cup wolle er, wie sie nach der ersten Wettfahrt am 22. August 1851 um die Isle of Wright in einer Urkunde ("Deed of gift"), festgehalten wurden. "Der Cup ist sonst nur eine weitere, dreckige, kleine Regatta und dem Untergang geweiht", sagte er der New York Times. Als einst die anderen Teams ihre Vision vom 36. und 37. America's Cup niederschrieben, hatten die Neuseeländer allerdings gefehlt. "Wir sind der einsame Wolf", stellt Dalton grimmig fest.

"Die Lektionen aus San Francisco machen uns noch stärker", findet Trimmer Glenn Ashby. Er ist als einziges Team-Mitglied aus der Mannschaft verblieben, die vor vier Jahren spektakulär scheiterte. 8:1 führte Neuseeland, nur noch eine Fahrt mussten sie gewinnen, doch kurz vor dem Ziel wurden sie durch ein Zeitlimit gestoppt, diktiert von TV-Verträgen. Und plötzlich verlor Dean Barker Rennen um Rennen. Die Regeländerungen des Titelverteidigers könnten nun aber zu dessen Nachteil werden, hofft Peter "Pistol" Burling. Er wähnt sich besser im Wettkampfrhythmus als die pausierenden Rivalen. "Wir haben das Gefühl, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um es mit Oracle aufzunehmen", sagte der Olympiasieger von Rio: "Wir können es schaffen."

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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