Schweizer Tennistalent Belinda Bencic:Willkommen bei den Erwachsenen

Lesezeit: 3 min

Belinda Bencic: Auf den Fußspuren von Martina Hingis (Foto: Getty Images)

Belinda Bencic ist 17 Jahre alt und die große Tennishoffnung der Schweiz. In ihrem ersten Jahr bei den Profis ist sie in der Weltrangliste von Platz 212 auf 33 gesprungen. Auch durch die Hilfe namhafter Unterstützer.

Von Saskia Aleythe

Böse Blicke wandern zum Schläger, immer wieder. Verzweifelte Blicke kommen dazu, Wut ist ohnehin dabei. Und am Ende, da landet das Spielgerät auf dem blauen Court im chinesischen Tianjin. Belinda Bencic ist sauer, tritt noch einmal nach. Sie und ihr Schläger, sie haben gelitten an diesem Tag, der ein besonderer hätte werden sollen: In ihrem ersten WTA-Finale unterliegt Bencic am Sonntag der Amerikanerin Alison Riske mit 3:6 und 4:6. Doch diese Tage, an denen gar nichts funktioniert, sind selten geworden im Leben von Belinda Bencic.

Für die Schweizerin endet ein Tennisjahr, von dem viele Nachwuchstalente nur träumen können: Die 17-Jährige absolvierte einen fabelhaften Aufstieg in ihrer ersten Saison bei den Profis. Willkommen bei den Erwachsenen.

Auf Rang 212 der Weltrangliste war sie ins Jahr 2014 gestartet, sie verabschiedet sich auf Rang 33 in die Ferien. Ausschlaggebend für den großen Sprung war vor allem ihr Erfolg bei den US Open: Dort wurde sie erst im Viertelfinale gestoppt, mit Siegen gegen Angelique Kerber und Jelena Jankovic konnte sie gleich zwei Top-10-Spielerinnen in Serie bezwingen. Unglaublich fand Bencic das damals, "das war doch erst das vierte Grand-Slam-Turnier meiner Karriere". Von dem Preisgeld gönnte sie sich eine Shoppingtour.

Neue Turnierserie im Tennis
:Seid umschlungen, Millionen

Die besten Tennisspieler verzichten auf ihren Urlaub und machen bei einer neu gegründeten Turnierserie in Asien mit. Weltranglistenpunkte gibt es zwar nicht, aber jede Menge Geld. Gespielt wird nach merkwürdigen Regeln.

Von Lisa Sonnabend

In der Schweiz wird Bencic schon seit Jahren als Wunderkind gefeiert. Sie selbst hält sich von den Medien bislang größtenteils fern. Also lässt die Presse ehemalige Lehrer und Schulfreunde Geschichten über den Teenager erzählen, der die große Tennishoffnung im Land ist. Das Wort Wunderkind ist eines, das ihr Vater und Trainer Ivan Bencic nicht gerne hört: Weil es aus seiner Sicht leicht über die Arbeit hinwegtäuscht, die hinter dieser Karriere steckt - und diese sei gewaltig.

Vielleicht wäre alles etwas anders gekommen, hätte nicht 1997, dem Geburtsjahr von Bencic, gerade eine andere Schweizerin die Weltrangliste angeführt: Martina Hingis gewinnt die Australian Open und inspiriert mit ihrem Erfolg auch die Eltern von Bencic. Mit zwei Jahren hält die Tochter zum ersten Mal einen Tennisschläger in der Hand. Als sie fünf ist, telefoniert der Vater mit Martina Molitor, Mutter und Trainerin von Hingis. Er fragt nach Tipps, es folgt eine jahrelange Zusammenarbeit. Die Familie zieht um, damit Belinda die Trainingsakademie von Molitor täglich besuchen kann. Auch die Finanzierung ist durchgeplant: Der befreundete Geschäftsmann Marcel Niederer investiert in Bencic einen siebenstelligen Betrag und wird ihr Manager.

Die Erfolge kommen früh, Bencic gewinnt Turniere für Kinder unter zehn Jahren und zeigt auch auf der letzten Station vor den Profis ihre Ambitionen: Sie schnappt sich bei den Junioren-Turnieren der French Open und Wimbledon 2013 die Titel, wie einst Martina Hingis. Auch die slowakische Herkunft verbindet die beiden. Doch Bencic will mehr als der ehemaligen Weltranglistenersten nacheifern: "Sie war mein Idol, aber ich gehe meinen eigenen Weg."

Talente hat die Tenniswelt schon viele gesehen, manche erleben Hochphasen ohne Comeback oder werden vom Niveau bei den Erwachsenen desillusioniert. Doch die Topresultate aus der Jugend nähren die positiven Zukunftsprognosen für Bencic. "Sie ist schon bei den Junioren aufgetreten, als würde sie seit Jahren Profi spielen", meint etwa Heinz Günthardt, der jahrelang Steffi Graf trainierte. Das Spiel lesen zu können sei Bencics große Stärke, es lässt sie schneller reagieren. Ihr gutes Defensivverhalten und das Spiel auf der Grundlinie kommen dazu. "Bencic hat das Champions-Gen", sagt Trainerlegende Nick Bollettieri, "sie kann eine eigene Ära im Damentennis begründen" Auch bei ihm trainierte die Schweizerin schon in Kinderjahren.

Was die Experten beeindruckt, ist vor allem Bencics Nervenstärke. Es lief ja auch nicht immer alles glatt in ihrem Sportlerleben, vor den diesjährigen US Open verlor sie gleich bei drei Turnieren ihr Auftaktspiel, erlebte gegen Caroline Wozniacki in Istanbul das schlimmste für einen Tennisspieler: ein 0:6, 0:6. Doch Zurückkämpfen kann sie sich: Beim Sieg in New York gegen Kerber wehrte Bencic fünf Satzbälle ab und entschied den Durchgang nach einem 2:5-Rückstand noch für sich.

Eigentlich hätte Bencic auch zu den WTA Finals reisen können, die am kommenden Freitag in Singapur starten. Als eine von vier Spielerinnen wurde sie in einer Online-Abstimmung mit knapp 700 000 Tennisfans zum "Rising Star" für ein eigenes kleines Turnier der aufstrebenden Spielerinnen gewählt, das zeitgleich ausgetragen wird. "Danke für die großartige Unterstützung", teilte Bencic nach der Wahl ihren knapp 55 000 Facebook-Fans mit und erklärte dann, warum sie leider nicht nach Singapur reisen könne. Eine Änderung im Zeitplan führt die 17-Jährige auf. Wer als eine der besten acht Spielerinnen der Welt mal regulär zu den WTA Finals möchte, muss früh anfangen.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: