Rudern:Seltenheitswert

Lesezeit: 2 min

Vorstellung des neuen-alten Deutschland-Achters: Steuermann Martin Sauer (r-l), Hannes Ocik, Richard Schmidt, Malte Jakschik, Jakob Schneider, Torben Johannesen, Maximilian Planer, Felix Wimberger und Johannes Weißenfeld. (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Der Deutschland-Achter startet unverändert in die neue Saison. Wegen der Erfolge im vergangenen Jahr darf auch Trainer Bender weitermachen.

Von Ulrich Hartmann

Ein leerer Ruder-Achter sieht immer so aus, als sei die Besatzung gerade geflohen. Die Schuhe sind nämlich fest montiert, um ein Wegrutschen zu verhindern. Im Deutschland-Achter konnten sie die Schuhe in diesem Jahr alle drin lassen, die neunköpfige Belegschaft bleibt unverändert. Sogar der ursprünglich bloß für ein Übergangsjahr vorgesehene Trainer Uwe Bender bleibt im Amt, weil das Boot so erfolgreich war. Nach dem Olympia-Zyklus 2013 bis 2016 mit ausschließlich zweiten Plätzen in drei WM-Finals und dem Olympia-Endlauf hatte Bundestrainer Ralf Holtmeyer sein Amt interimistisch an Bender übergeben, um sich selbst erstmal um den Nachwuchs zu kümmern. Unter Bender gewann der Achter dann die EM, die WM sowie den Weltcup und stellte zudem einen Weltrekord auf, 5:18,68 Minuten in Posen/Polen. Das sprach für die Weiterbeschäftigung des 59 Jahre alten Karlsruhers; Holtmeyer hat man kurzerhand zum Leitenden Bundestrainer befördert. Bender findet: "Das war für uns alle eine schöne und gute Entscheidung."

Das sehen die Athleten ähnlich. Holtmeyer hat den Deutschland-Achter seit 1988 zwar zu zwei Olympiasiegen und acht Weltmeister-Titeln geführt, aber Bender hat frischen Wind reingebracht. "Uwe Bender ist demokratischer", sagt der im zehnten Jahr als Steuermann tätige Martin Sauer, "er bezieht die Sportler ein und gibt ihnen mehr Eigenverantwortung." Bender setzt andere Trainingsschwerpunkte und provoziert seine Ruderer damit zu Höchstleistungen. "Die vergangene Saison hat unfassbar viel Spaß gemacht", sagt der mit 30 Jahren älteste Mann im Boot, Richard Schmidt. "Die Veränderungen haben uns gut getan", findet Sauer.

Der Bundestrainer der Veränderungen lässt in diesem Jahr seine Mannschaft unverändert - das gab es selten in der Geschichte des Achters. Die identische Belegschaft startet nun in eine Saison, die Anfang August bei den Europameisterschaften in Glasgow und Mitte September bei den Weltmeisterschaften in Plowdiw/Bulgarien ihre Höhepunkte erlebt. Mit der eingespielten Mannschaft könne man ohne größere Verzögerungen gleich flott starten - "aber wir können noch ein bisschen schneller fahren", findet Bender. Der Ruderer Felix Wimberger verrät, Bender habe seinen Athleten das Versprechen abgerungen, dass sich jeder auf dem Ergometer verbessere. "Ich erwarte, dass wir vorne bleiben", sagt Bender. Die WM-Titel im Herbst und 2019 in Österreich sind ebenso klare Ziele wie der Olympiasieg 2020 in Tokio.

Das sind hehre Ambitionen für Steuermann Sauer (Berlin), Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin), Richard Schmidt (Trier), Malte Jakschik (Castrop-Rauxel), Jakob Schneider (Essen), Torben Johannesen (Hamburg), Maximilian Planer (Bernburg), Felix Wimberger (Passau) und Johannes Weißenfeld (Herdecke). Zumal die Konkurrenz größer wird. Die Briten werden zurückkommen, Neuseeländer und Italiener machen sich bereit, Australier und Niederländer kokettieren offen mit olympischen Gold-Vorhaben. Dass die Deutschen noch mal eine Ära hinlegen wie zwischen 2009 und 2012, als sie kein einziges Rennen verloren und triumphal Olympiasieger wurden, ist deshalb nicht unbedingt zu erwarten.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: