Ronnie O'Sullivan beim German Masters:Er will wieder eine Maschine sein

YORK Nov 27 2014 Ronnie O Sullivan of England competes during the Snooker UK Championship 2014

Zu viele Turniere, zu wenige? Er weiß es nicht: Ronnie O'Sullivan.

(Foto: imago sportfotodienst)
  • Der berühmteste Snooker-Spieler der Welt kommt nach Deutschland: Ronnie O'Sullivan führt ein erlesenes Feld beim German Masters in Berlin an.
  • Der 39-Jährige trifft dort auf Kollegen, die ihn zuletzt arg geärgert haben.

Von Carsten Eberts

1:6! Das war Ronnie O'Sullivan lange nicht mehr passiert. Das Snookers-Masters in London Mitte Januar endete für das prominenteste Gesicht seiner Sportart mit einer Demütigung. 1:6 im Halbfinale gegen Neil Robertson, der wirklich famos aufspielte. Aber trotzdem: 1:6 verliert ein Ronnie O'Sullivan nicht.

Schon wenige Minuten nach Matchende erging sich der 39-Jährige in der Fehleranalyse. Genauer: Er beschrieb seine persönliche Konstitution. Er habe sich matt gefühlt, wie seit Wochen schon. Eine Niederlage wie gegen Robertson sei nur eine Frage der Zeit gewesen, so O'Sullivan, "aber niemand war gut genug, um meine Schwächen zu entlarven". Bis der Australier kam und O'Sullivan am Tisch filetierte.

"Ich bin nicht der Spieler, der ich vor 18 Monaten war", klagte O'Sullivan - und hatte auch gleich einen Lösungsvorschlag parat. Vielleicht brauche er mehr Spielpraxis. Mehr Matches auf hohem Niveau, um heiß zu bleiben, seine Form zu konservieren. Jeder verliere mal an ein Spiel, auch er, gestand O'Sullivan. Besser das passiere bei einem kleineren PTC-Turnier (die Klasse unter den Ranglistenturnieren) als bei einem der großen Championships.

"Ich bin keine Maschine"

Seine Worte überraschten. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte O'Sullivan nämlich das komplette Gegenteil behauptet. Die Saison 2012/2013 hatte er fast komplett ausgesetzt, seine Diagnose damals: Er habe zu viele Turniere gespielt, fühle sich ausgebrannt. "Ich bin keine Maschine", sagte O'Sullivan. Und heuerte einen Psychologen an, der ihm mentales Training verordnete. Er sprach auch über ein mögliches Karriereende. Er wolle sich lieber auf die großen Turniere konzentrieren, die kleinen Events weglassen, ehe er die Lust an seinem Sport noch komplett verliere.

Nun will er wieder eine Maschine sein: mehr Spiele, mehr Spielpraxis. Nach der Halbfinalniederlage beim Masters reiste O'Sullivan sofort nach Stock, Essex, um die fünfte Runde der Champions League zu spielen, wo er allerdings verlor. Nach nur wenigen Tagen Pause tritt er ab Mittwoch in Berlin an, beim German Masters will er seine Gesundungskur fortsetzen.

O'Sullivan in Deutschland - das kommt so oft nicht vor. Das einzige deutsche Ranglistenturnier wartet ohnehin mit einem überraschend prominenten Feld auf. John Higgins ist dabei, Mark Selby und Neil Robertson, Shaun Murphy und Judd Trump, Vorjahressieger Ding Junhui, Mark Williams und eben O'Sullivan. So könnte auch das Viertelfinale bei einem großen Triple-Crown-Turnier besetzt sein.

Das "Tempodrom", eine der schönsten Spielstätten

Snooker ist in Deutschland keine große Sache, trotzdem hat sich das Berliner Turnier in kürzester Zeit zu einer Institution entwickelt. Das "Tempodrom" gehört zu den schönsten Spielstätten des Kalenders, das sagen auch die Spieler. Bis zu fünf im Kreis angeordnete Tische können die Zuschauer parallel verfolgen. "Woodstock des Snookers" hat Verbandschef Barry Hearn das Turnier im vergangenen Jahr geadelt. Nach einer kurzzeitigen Aufstockung auf 64 Spieler kehrt der Veranstalter in diesem Jahr zu einem 32er-Feld zurück.

O'Sullivan spielt sein erstes Match am Donnerstagnachmittag gegen Mark Davis, gegen den er kürzlich in Stock verlor. Zweimal hat er das Turnier schon gewinnen können: 1996, als das German Masters noch auf der British Army Base in Osnabrück stattfand. Und 2012, in einem spannenden Finale gegen Stephen Maguire. So weit will er auch diesmal kommen. Schließlich braucht er Spielpraxis.

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