Riesenslalom: Entscheidung verschoben:Gold für - niemanden

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Schlechtes Wetter sorgt für Unruhe und im ungünstigsten Fall für eine olympische Premiere - einen angefangenen Wettbewerb ohne Sieger. Es gibt nur eine Rettung: das Wetterfenster.

Michael Neudecker, Whistler

Sie hatten es versucht, gewartet, verschoben, gewartet. Oben, am Berg, standen die Athletinnen und bemühten sich, einigermaßen warm zu bleiben, die Amerikanerin Julia Mancuso und die Britin Chemmy Alcott zum Beispiel hörten gemeinsam Musik und hüpften dazu, andere saßen im Restaurant; und unten, im Zielraum, harrten die Zuschauer, im Pressezentrum schliefen ein paar Journalisten. Aber es ging einfach nicht. Um 15 Uhr Ortszeit fuhren die Athletinnen und Trainer vom Berg ab, die Jury hatte einstimmig entschieden, den zweiten Lauf des olympischen Riesenslaloms der Frauen um einen Tag zu verschieben. Neuer Termin ist nun Donnerstag, 9.30 Uhr Ortszeit (18.30 MEZ).

"Wir hatten keine Chance", sagt Atle Skaardal, der Renndirektor des Ski-Weltverbandes Fis, und es war natürlich mal wieder das Wetter, das zum Problem wurde. Schon während des ersten Durchganges war es neblig gewesen, aber die Sicht auf der Strecke war noch "ganz okay", wie Maria Riesch befand, die nach dem ersten Lauf auf Position sieben liegt, 0,48 Sekunden hinter der Führenden, Elisabeth Görgl aus Österreich.

"Man sieht drei Tore, das passt schon", sagte Viktoria Rebensburg, Sechste mit 0,35 Sekunden Rückstand, und auch Weltmeisterin Kathrin Hölzl, Zehnte mit 0,69 Sekunden Rückstand, schloss sich diesem Urteil an. Doch dann wurde der Nebel dichter, es schneite zudem immer wieder. "Man sieht keine zwei Meter weit", sagte DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, "es bringt nichts, hier zu fahren."

Den ersten Lauf tags darauf neu zu starten, das kam jedoch für Skaardal nicht in Frage. "Der erste Lauf war fair", sagt er, unfair dagegen sei es, diesen Lauf nicht zu werten. Das Reglement lässt diesen Entscheidungsspielraum, unter Ziffer 906.1 heißt es: "Die beiden Durchgänge sollten, wenn möglich, an einem Tag gefahren werden."

Dass der erst und der zweite Lauf an getrennten Tagen stattfanden, das gab es schon einmal, in Lake Placid 1980. Am 20. Februar um 11 Uhr starteten 47 Fahrerinnen den ersten Lauf, exakt 24 Stunden später fand der zweite Durchgang statt, es siegte die für Liechtenstein startende, aber im niederbayerischen Straubing geborene Hanni Wenzel. Damals war das allerdings geplant, auch die Männer starteten an zwei verschiedenen Tagen ihre Läuft, Gold ging an den Schweden Ingemar Stenmark.

Sollte allerdings an diesem Donnerstag das Wetter wieder zu schlecht sein und der zweite Durchgang erneut nicht durchgeführt werden können, dann würde es wohl keinen Olympiasieger 2010 im Frauen-Riesenslalom geben. "Das kann passieren", sagt Skaardal. "Ein Riesenslalom muss immer in zwei Durchgängen entschieden werden", so steht es im Regelbuch. Die Wettervorhersage ist nicht gut: Schnee und Regen bei null bis vier Grad. Einen anderen Ausweichtermin als den Donnerstag gibt es nicht. Für den Slalom am Freitag ist die Vorhersage noch schlechter und Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold hofft, im zweiten Riesenslalom-Lauf "vorne eine durchzubringen". Sofern der Riesenslalom stattfindet.

Davon allerdings ist auszugehen; dass Skaardal und die Jury tatsächlich den zweiten Durchgang ausfallen ließen, ist sehr unwahrscheinlich. Wetterprobleme gab es schließlich schon häufiger im Ski-Weltcup, als Ausweg wurde dann meist die Strecke verkürzt, das Rennen aber in jedem Fall durchgezogen - egal, wie schlecht das Wetter war. Die Meteorologen, sagt Skaardal, "versprechen uns zwei Fenster, und die wollen wir nutzen". Die Wetterfenster werden wohl kaum schon um 9.30 Uhr da sein, aber sie werden kommen, und die Fis wird sie sich nicht entgehen lassen. Mögen sie auch noch so klein sein.

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