Reiten:Eine Frage der Haltung

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Lawrence Greene gilt als einer der talentiertesten Reiter Bayerns - erst musste er das richtige Pferd finden.

Von Philipp Laberenz

Es war von Anfang an ein Wagnis, doch Zweifel hatte er nie. "Ich war immer positiv, habe immer an ihn geglaubt", sagt Lawrence Greene, 26, Springreiter, über Arrivederci, seinen Hengst. "Arrivederci war sehr jung, als ich ihn entdeckt habe, erst fünf und noch nicht sehr kräftig ausgebildet. Trotzdem habe ich bereits sein Potenzial erkannt." Andere waren weniger überzeugt als Greene, aber er hat sich nie beirren lassen. Er wusste, dass die Entwicklung von Pferden schwer vorhersagbar ist, auch erfahrene Reiter gehen ein Risiko ein, wenn sie die in jungen Jahren mitunter widerspenstigen Tiere ausbilden wollen. So hatte auch Arrivederci irgendwann genug von seinem Reiter. Aber unsanfte Landungen schreckten Greene nicht ab. "Pferde sind eben launische Tiere, da bleibt ein Risiko."

Sein Mut und sein Glaube scheinen sich auszuzahlen. Bei der 15. Auflage des Bayernchampionats, das am Samstag mit der ersten Station im oberfränkischen Küps beginnt, wird Greene wieder auf dem inzwischen 14-jährigen Arrivederci reiten. Der junge Springreiter ist die Nachwuchshoffnung des bayrischen Reitsports, im vergangenen Jahr gewann er auf dem Hengst mit der deutschen Mannschaft den Nationenpreis von Bratislava und belegte den dritten Platz beim Großen Preis von München. Nun hat er das Finale in Nürnberg im Blick.

"Frühestens mit sechs Jahren lässt sich erkennen, ob ein Pferd für den Leistungssport taugt", sagt Eberhard Senckenberg - Greene hatte mit dem damals fünfjährigen Arrivederci also viel riskiert. Senckenberg leitet das Landgestüt Schwaiganger, an dem Zentrum für Pferdezucht wurde auch Arrivederci aufgezogen. Er erklärt, dass bei der Zucht mehrere Faktoren zusammenkämen. Neben der Agilität und der Abstammung sei auch der Mensch entscheidend. "Die Heranführung des Pferdes an das Springen ist wichtig." Zwar ließen sich die Anlagen früh ablesen, das alleine genüge jedoch nicht: "Nach der Absetzung von der Mutter springt der Jährling, das einjährige Pferd, frei auf der Koppel herum. An den Bewegungen kann man die Begabung lesen und mit der Zeit die Leistungsfähigkeit erahnen", sagt Senckenberg. "Wenn dann noch die Gene stimmen, könnte es etwas werden mit dem Leistungssport."

Denn Pferdesport ist Familiensache. Väter und Mütter übertragen es auf ihre Nachkommen. Bei den Zweibeinern sind es Leidenschaft und Begeisterung, bei den Vierbeinern Sportlichkeit und Bewegungsablauf. "Manchen Pferden liegt das Springen eben im Blut. Die Befähigung der Eltern spielt da eine große Rolle", sagt Senckenberg. Nur hänge es davon ab, wie die Reiter sich mit den Tieren auseinandersetzen. "Die Pferde müssen richtig trainiert werden. Das sieht von außen so leicht aus, aber die Feinabstimmung zwischen Mensch und Tier muss stimmen. Da benötigt es eine feine Hand."

Beim Bayernchampionat will Greene unbedingt ins Finale

Die kann Greene offenbar für sich beanspruchen. Als er selbst noch in der Ausbildung zum Pferdewirt auf dem Gestüt Schwaiganger war, übernahm er den frischen Hengst. Die anderen hatten nicht an ihn geglaubt, Greene aber war von dessen Agilität überzeugt. Zudem hatte der Hengst die passenden Gene - sein Vater Ast Spumante gewann EM-Bronze 2009 in Windsor. Das junge Pferd und der junge Reiter lernten miteinander und entwickelten ihre besondere Partnerschaft, in der es stets auf Kleinigkeiten ankommt. Besonders wichtig: Kommunikation und Sensibilität in der täglichen Arbeit. Mit seiner positiven Ausstrahlung, seiner ruhigen, besonnenen Art wirkte Greene auf das Pferd ein, wenn es sich mal wieder von der Bandenwerbung irritieren ließ und auszuschlagen drohte. Mit Gesten und Worten besänftigte er den aufgeregten Hengst. Dieser zahlte es ihm zurück, lernte aus seinen Fehlern, wurde selbst ruhiger, machte die entscheidenden Fortschritte. Und so wurde aus Glauben irgendwann Gewissheit.

Wenn Greene nun am Samstag auf die Runde geht, vertraut er wieder seinem besten Pferd. Er rechnet sich durchaus Chancen auf die schnellste Zeit aus. "Es sind so viele Dinge entscheidend. Die Position des Reiters, des Sattels, der Druck über Schenkel oder Kreuz, das Wetter, die Zuschauer." So vieles kann ausschlaggebend sein - doch letztlich ist der Erfolg meistens eine Frage der Haltung.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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