Radsport:Jerusalems Status

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Möchte das Triple: Chris Froome grüßt bei der Präsentation des Giro-Kurses per Videobotschaft. Er hat 2017 Tour de France und Vuelta gewonnen. Der Giro ist die einzige dreiwöchige Landesrundfahrt, die ihm in seiner Titelsammlung fehlt. (Foto: Marco Bestorello/AFP)

Der erste Start des Giro d'Italia außerhalb Europas erweist sich als politisch heikel. Als Alberto Contador mit dem Jerusalemer Bürgermeister posiert, wird es ungemütlich.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Ursprünglich wollten die Organisatoren des Giro d'Italia mit ihrer Entscheidung, ihr berühmtes Radrennen am 4. Mai 2018 erstmals außerhalb Europas zu starten, ein positives Zeichen setzen. Es sollte damit an die Staatsgründung Israels im Mai 1948 erinnert werden. Inzwischen dürften diejenigen, die mit der Aufgabe betraut wurden, schon etwas genervt sein. Denn alles, was mit Jerusalem zu tun hat, ist politisch heikel.

Zuerst beanstandeten Palästinenser Fotos auf der offiziellen Twitter-Seite des Giro d'Italia, auf der der spanische Radprofi Alberto Contador mit dem Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat vor verschiedenen Sehenswürdigkeiten der Altstadt posiert. Damit werde Jerusalem als Teil Israels präsentiert, wurde kritisiert. Der Eintrag verschwand daraufhin.

Am Donnerstag traten Israels Tourismusminister Jariv Levin und Sportministerin Miri Regev gemeinsam auf und drohten, die rund 4,8-Millionen-Euro-Finanzierung zu streichen. Der Grund: Auf einer Werbebroschüre sei der Begriff West-Jerusalem verwendet worden. "In Jerusalem, der Hauptstadt Israels, gibt es kein Ost und West. Es gibt nur ein unteilbares Jerusalem", erklärten die Minister in ihrer Stellungnahme. Ein Sprecher des Giro d'Italia reagierte darauf: das Wort "West-Jerusalem" sei verwendet worden, weil das Rennen logistisch gesehen in diesem Teil der Stadt stattfinde. Etwas später wurde der Zusatz "West" auf der Homepage gestrichen, die Israelis zeigten sich zufrieden - fürs Erste. Denn die genaue Route vor allem innerhalb Jerusalems ist noch immer umstritten und soll in den nächsten Tagen am Ort geklärt werden.

Der Status von Jerusalem ist eine der zentralen Streitfragen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern: Israel eroberte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem Ost-Jerusalem und annektierte es später, die Vereinten Nationen sehen den Stadtteil als von Israel besetzt an, Palästinenser beanspruchen ihn als Hauptstadt eines künftigen Staates Palästina. Bei der Planung der zwei weiteren Giro-Etappen, die ans Mittelmeer und an das Rote Meer bis Eilat führen sollen, wurden Experten des italienischen Außenministeriums einbezogen, um die vor 1967 bestehende Situation zu berücksichtigen. Der Wunsch des Giro-Renndirektors Mauro Vegni ist jedenfalls nicht in Erfüllung gegangen: "Wir wollen ein Sportereignis abhalten und uns von jeglicher politischer Diskussion fernhalten."

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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