Qualifying:Die Freude des Asphaltzauberers

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Nico Rosberg gewinnt die Pole Position - und kann in der Gesamtwertung wieder an Lewis Hamilton vorbeiziehen.

Von René Hofmann, Hockenheim

Nico Rosberg war die Freude anzusehen und Lewis Hamilton der Frust. Startnummer sechs oder Startnummer 44 - seit zweieinhalb Jahren läuft es jetzt meistens darauf hinaus, wenn es darum geht, wer vorne steht. Beim Großen Preis von Deutschland an diesem Sonntag auf dem Hockenheimring, dem zwölften von 21 Rennen in diesem Jahr, steht die Sechs ganz vorne: Nico Rosberg. Der 31-Jährige hat sich die Ziffer einst mit dem Blick auf seinen Vater ausgesucht. Keke Rosberg trug die "6" auf dem Williams, als er 1982 zum WM-Titel fuhr. Vor 30 Jahren eroberte er auch auf dem Hockenheimring die Pole-Position. An diesem Sonntag wird Nico Rosberg von dort in den Grand Prix starten. Zum fünften Mal in diesem Jahr erfuhr er sich den begehrtesten Startplatz.

"Das ist ein großartiges Gefühl. Das war eine großartige Runde. Ich bin wirklich zufrieden", sagte Rosberg. Seine Fahrt war aber auch wirklich eine besondere gewesen. In den ersten beiden Qualifikationsabschnitten hatte Hamilton jeweils die Bestzeit gesetzt. Manchmal übermitteln Rennfahrer Botschaften am Zeitenmonitor. Und Hamiltons Botschaft an Rosberg war eindeutig gewesen: Du bekommst mich nicht! Auch bei deinem Heimrennen nicht!

Rosberg trotzt den Widrigkeiten

Im dritten Qualifikationsabschnitt hatte Rosberg beim ersten Versuch, eine schnelle Runde zu drehen, dann ein Defekt zurückgeworfen. Kurz vor dem Ende eines vielversprechenden Umlaufs fiel sein Gaspedal durch. Der Motor nahm keine Befehle mehr an. Einen solchen Defekt erlebte Rosberg zum ersten Mal. Er musste seine Runde abbrechen und an die Box fahren. Dort ermittelten die Ingenieure das Übel rasch: ein Elektronikdefekt. Der ließ sich zwar beheben, doch bis das geschehen war, war die Uhr schon so weit herunter getickt, dass Rosberg nun mit dem Wissen loseilen musste: Einen weiteren Satz frischer Reifen kann ich mir nicht mehr aufziehen lassen.

Pole Position: Nico Rosberg nach dem Qualifying auf dem Hockenheimring. (Foto: Uli Deck/dpa)

Damit er zumindest mehrere Runden drehen konnte, wurde ihm mehr Benzin ins Auto gefüllt als Hamilton, der kurz darauf für einen finalen Umlauf loszog. Mehr Benzin bedeutet: mehr Gewicht - und schlechtere Chancen bei der Bestzeitenjagd. Rosberg aber ließ sich von dem Nachteil nicht beeindrucken. Im Gegenteil. Er nahm ihn als Ansporn und zauberte eine Fahrt auf den Asphalt, wie die zahlreichen Zuschauer im Motodrom an diesem Nachmittag noch keine gesehen hatten. Bei 1:14,363 Minuten blieb die Stoppuhr für ihn stehen. Bei Hamilton, der wenig später über die Ziellinie schoss, zeigte die Zeitnahme 1:14,470. Daniel Ricciardo (1:14,726) , sein Red-Bull-Kollege Max Verstappen (1:14.834), aber auch Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen (1:15,142) kamen dem nicht nahe.

Hamilton gibt sich schmallippig - er kann die WM-Führung verlieren

Hamilton stritt einen Fahrfehler ab. Als er seine Chancen für den Sonntag einschätzen sollte, gab er sich schmallippig: "Das wird wieder ein guter Tag für Mercedes." Mehr wollte er erst einmal nicht sagen. In der WM-Wertung rangiert er seit dem vergangenen Sonntag sechs Punkte vor Rosberg. Das aber kann sich schnell wieder drehen. Der Sieger des Rennens erhält 25 Zähler, der Zweitplatzierte 18. Nach dem Rennen in Deutschland geht die Formel 1 in die Sommerpause. Der nächste Auftritt steht dann erst Ende August in Spa-Francorchamps in Belgien an.

Sechs gegen Vierundvierzig: Der Kampf wird weiter wogen. Rosbergs Triumph an diesem sonnigen Samstag war erst einmal nur ein kleiner Achtungserfolg. Welche Wirkung ein solcher aber entfalten kann, ordnete Niki Lauda ein, in seiner Funktion als Ober-Aufsichtsrat des Mercedes-Teams: "Er hat das super gedreht", gratulierte er Rosberg: "Heute geht er mit mehr Kraft im Kopf ins Bett, morgen steht er mit mehr Kraft im Kopf auf. Er hat den Lewis auf seiner Heimstrecke so richtig niedergemacht. Nicos Stärke hat den Lewis in den Fehler getrieben."

Für Sebastian Vettel lief es bei seinem ersten Auftritt mit einem Ferrari auf dem Hockenheimring nicht gut. Hinter seinem Teamkollegen Räikkönen wurde der Heppenheimer lediglich Sechster. So recht erklären konnte Vettel seine sechste Qualifikations-Niederlage gegen den Finnen in diesem Jahr nicht. "Die Rundenzeit wollte einfach nicht kommen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass mehr drin gewesen wäre. Gestern sah es auf einer Runde noch besser aus", gab Vettel an. Aus der dritten Startreihe sind beide Ferrari-Fahrer auch an diesem Wochenende wieder nur bedingt Sieg-Kandidaten.

Als Siebter konnte Nico Hülkenberg mit seiner Leistung im Force India zufrieden sein - auch wenn er einen Platz nach hinten rücken muss, weil er ein falsches Reifenset benutzte. Pascal Wehrlein verpasste im Manor knapp den Sprung in den zweiten Qualifikationsdurchgang. "Meine Runde war super", lobte der 21-Jährige sich trotzdem selbst. Bei seinem ersten Deutschland-Grand-Prix darf er als 17. an die Startampel. Er profitierte von einer Strafe gegen Romain Grosjean (eigentlich 15.), der wegen eines Getriebewechsels fünf Plätze nach hinten versetzt wurde.

© SZ vom 31.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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