Peking nach Olympia 2008:Shopping im Wasserwürfel

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Pekings Pläne für die weitere Nutzung der gewaltigen Olympiabauten sind optimistisch - dabei hat die Stadt schlechte Erfahrungen mit ungenutzten Sportstätten.

Janis Vougioukas

Die Olympischen Spiele hatten noch nicht begonnen, da waren Vogelnest und Wasserwürfel bereits zu den neuen Wahrzeichen der chinesischen Hauptstadt geworden. Es gibt inzwischen sogar Restaurants, die ihre Speisen so servieren, dass sie wie das Vogelnest aussehen.

Es soll Platz für ein Einkaufszentrum und eine Surfanlage geben: Der Wasserwürfel wird wahrscheinlich in sieben Sektionen unterteilt. (Foto: Foto: AP)

Chinas gewaltige Olympiastadien haben das Bild seiner Hauptstadt nachhaltig verändert. Von Anfang an ging es den Olympiaplanern darum, mit den Spielen in Peking neue Maßstäbe zu setzen - auch in der Architektur.

Das Vogelnest genannte Nationalstadion von den Baseler Architekten Herzog und de Meuron ist ein Knäuel aus 43000 Tonnen Stahl, genug für vier Eiffeltürme. 91000 Menschen passen dort hinein. Das 177 Meter lange Schwimmstadion, Wasserwürfel genannt, wurde aus 4000 wabenartigen Kunststoffblasen aus Etfe zusammengesetzt. Das Material kam auch beim Bau der Münchner Fußballarena zum Einsatz.

BMX-Strecke soll abgerissen werden

Vogelnest und Wasserwürfel sind nur die berühmtesten Bauwerke. Insgesamt 31 Olympia-Sportstätten stehen jetzt in der chinesischen Hauptstadt. Elf davon sind renovierte alte Anlagen, acht Sportstätten - wie das Stadion für die Bogenschützen oder die BMX-Strecke - sollen nach den Paralympischen Spielen (6. bis 17. September) wieder abgerissen werden.

Kein anderes Land hat bisher so viel Geld für die Olympischen Spiele ausgegeben. Die Kosten für die Organisation, den Bau der Sportstätten und die gewaltigen Infrastrukturprojekte summieren sich auf mindestens 40 Milliarden Dollar - mehr als drei Mal so viel wie die Spiele in Athen. Ein großer Teil der Ausgaben kommt der Stadt auch nach den Spielen zugute: die neuen U-Bahn-Linien, die 34 neuen Buslinien und der Flughafenterminal des renommierten britischen Architekten Lord Norman Foster bleiben erhalten. Jetzt sucht die Pekinger Führung auch nach einer sinnvollen Verwendung für die Sportstätten.

"Die meisten Stadien in Peking sollen nach den Spielen von der Bevölkerung genutzt werden", hatte Du Wei, der Generalsekretär des Olympia-Wirtschaftsforschungsverbandes, bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Die spätere Nutzung sei bereits beim Bau der Anlagen berücksichtigt worden.

Unterhalt verschlingt gewaltige Summen

Deshalb seien auch besonders dicht besiedelte Stadtteile als Standorte ausgewählt worden, sagte Du. Die Pekinger Führung geht davon aus, dass 50 Prozent der 17 Millionen Einwohner Sport treiben. Die Regierung sei zuversichtlich, dass die Stadien auch nach den Spielen gut besucht würden, sagte Du. Doch er ergänzte: "Wir können nicht erwarten, die Investitionen kurzfristig wieder einzuspielen."

Allein der Unterhalt der Sportstätten wird gewaltige Summen verschlingen. Chinesische Experten schätzen, dass allein das Vogelnest jedes Jahr 70 Millionen Yuan kosten könnte, umgerechnet rund sieben Millionen Euro. Die Regierung hat die Stadien an Betreiberfirmen verpachtet.

Doch Immobilien- und Sportexperten zweifeln an dem Bedarf für die überdimensionierten Stadien. "Am Ende tragen die Banken das Risiko", schrieb das Pekinger Finanzmagazin Caijing, "und die Regierung bürgt für die Banken." Vor vier Jahren wollte auch die griechische Regierung die Spiele nutzen, um die hässliche Hauptstadt Athen aufzuhübschen. Doch inzwischen sind die Hoffnungen dahin. Viele Olympia-Sportstätten stehen ungenutzt in der Gegend herum. In den olympischen Parks und Grünanlagen sind die Bäume verdorrt.

Von Griechenland gelernt

Peking hat von den Erfahrungen in Griechenland gelernt. Und die Stadionbetreiber suchen nach kreativen Geschäftsmodellen. Das kleinste Problem dürfte das olympische Dorf werden. Rund 70 Prozent der Athleten-Unterkünfte sind bereits verkauft. Komplizierter sind die Stadien. Denn reine Sportveranstaltungen werden nicht ausreichen, um die Kosten zu decken.

Der Fußballklub Guoan, der künftig im Vogelnest spielen soll, hat im laufenden Jahr nicht einmal vier Millionen Yuan mit dem Kartenverkauf eingenommen. Das Betreiberkonsortium des Nationalstadions will weitere 500 Millionen Yuan in den Umbau der Arena investieren, um Platz für Unterhaltungseinrichtungen, Restaurants und Geschäfte zu schaffen. Derzeit laufen die Nutzungsverhandlungen für ein Musikfestival Ende September. Es könnte die erste Großveranstaltung im Vogelnest nach den Olympischen Spielen werden.

Gleichzeitig sollen die Namensrechte am Nationalstadion verkauft werden. Nach Angaben des Betreiberkonsortiums haben bereits mehrere chinesische und internationale Konzerne Interesse angemeldet. Der Wasserwürfel wird wahrscheinlich in sieben Sektionen unterteilt - neben einem Wasserpark mit Surfanlage soll auch Platz für ein Einkaufszentrum geschaffen werden. Auch Peking hat bereits Erfahrungen mit ungenutzten Sportstätten gesammelt. Ein großer Teil der Anlagen, die für die Asienspiele 1990 gebaut wurden, steht die meiste Zeit leer.

© SZ vom 26.08.2008/sma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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