Sport:Handball: Biegler soll die Frauen retten

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Michael Biegler: Steht für ein Experiment im Frauen-Handball (Foto: Axel Heimken/dpa)

Michael Biegler wird Bundestrainer der Frauen - obwohl er bisher nur Männer trainierte. Seine Aufgabe: Den Sport vor einer Katastrophe bewahren.

Von Ulrich Hartmann

Michael Biegler soll den deutschen Frauen-Handball retten. Hätte das dem 54-jährigen Trainer vor einigen Wochen jemand prophezeit, dann hätte Biegler sich an die Stirn getippt. Und auch beim Deutschen Handball-Bund waren sie sich anfangs nicht sicher, ob Biegler überhaupt bereit ist, die deutsche Frauenmannschaft zu trainieren. Als der DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld vor einigen Wochen den Namen Biegler ins Gespräch brachte, sagte der DHB-Vizepräsident Bob Hanning zu ihm: "Wenn du dich traust, ihn anzurufen - dann mach' es!"

Biegler hat bislang nur Männer trainiert, etliche Bundesligisten und zuletzt die polnische Nationalmannschaft sowie ganz zuletzt die Männer vom HSV Hamburg. Als Sommerfeld ihn anrief und ihm den Job als Frauen-Nationaltrainer anbot, "da war ich überrascht", sagt Biegler, "das will ich nicht verhehlen". Aber er nahm an. Er löst damit den Dänen Jakob Vestergaard ab und versucht, die deutschen Handballerinnen auf eine erfolgreiche Weltmeisterschaft im Dezember 2017 in Deutschland vorzubereiten.

"Mich reizt der kurze Zeitraum bis zur WM"

Dago Leukefeld, Ekke Hoffmann, Armin Emrich, Rainer Osmann, Heine Jensen und Jakob Vestergaard hießen in den vergangenen 16 Jahren die Bundestrainer der Handballfrauen. Nur unter Emrich gelang mit Bronze bei der WM 2007 mal ein Erfolg, nur unter Emrich spielte die Mannschaft 2008 auch bei Olympia mit. 2000, 2004, 2012 und 2016 fanden und finden die Sommerspiele ohne deutsche Handballerinnen statt. Es ist eine der traurigsten Fortsetzungsgeschichten des deutschen Ballsports.

Mit Biegler als neuem Trainer versucht der DHB dieser Story nun einen neuen Anstrich zu geben. Die Not ist vor allem deshalb groß, weil das frühe Aus einer enttäuschenden deutschen Mannschaft eine Katastrophe für die Stimmung bei der Heim-WM 2017 wäre.

"Letzte Chance für den Frauen-Handball"

Aber nicht nur deshalb sehnt sich der DHB nach Erfolgen mit den Frauen. "Wir brauchen eine neue Aufmerksamkeit für den deutschen Frauen-Handball", sagt Hanning, "und weil die Nationalmannschaft wie bei den Männern auch das Aushängeschild ist, muss vor allem hier etwas passieren." Hanning bezeichnet den Neuanfang mit Biegler als "letzte Chance für den Frauen-Handball -, wenn wir bei der WM 2017 wieder nur Siebzehnter werden, dann können wir den Laden auch abschließen".

Mit Biegler will der DHB der Frauen-Nationalmannschaft aber auch eine neue Aufmerksamkeit widmen. Biegler will im April die Bundesliga-Klubs besuchen, um Gespräche zu führen, Ideen vorzustellen und Befindlichkeiten auszuloten. "Mich reizt der kurze Zeitraum bis zur WM", sagt er. Es wird auch für ihn ein Experiment, denn er hat noch nie eine Frauenmannschaft trainiert. Sein Vertrag läuft zunächst nur bis Ende 2017. "Allerdings", sagt Hanning, "wollen wir länger mit Michael Biegler zusammenarbeiten und ihn unter Umständen danach auch anderweitig in unsere Arbeit einbinden."

© SZ vom 03.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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