Manny Pacquiao bleibt WBO-Weltmeister:Spektakulär und umstritten

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Manny Pacquiao und Juan Manuel Marquez liefern sich einen spannenden und spektakulären Kampf - am Ende gewinnt Pacquiao umstritten nach Punkten. Nun soll es ein weiteres Duell der beiden geben, doch die Boxwelt wartet auf einen anderen Kampf.

Jürgen Schmieder

Als die zwölf Runden vorüber waren, riss Juan Manuel Marquez die Fäuste nach oben, er stieg auf die Ringseile und ließ sich von den Zuschauern in Las Vegas feiern. Der mexikanische Boxer war sich gewiss: Er hatte diesen Kampf gewonnen, er hatte Manny Pacquiao besiegt. Der Filipino dagegen lief still in seine Ecke und kniete sich erst einmal hin, um zu beten. Die Menschen in der Boxarena des MGM Grand waren ebenso gespannt wie verblüfft: Manny Pacquiao, der anerkannt beste Boxer der Welt, könnte tatsächlich verloren haben.

Spannend und intensiv: Manny Pacquiao (rechts) gewinnt umstritten nach Punkten gegen Juan Manuel Marquez. (Foto: AP)

Dann verlas Ringsprecher Michael Buffer das Urteil der Kampfrichter: 114:114 wertete einer, 115:113 und 116:112 die beiden anderen - jeweils für Pacquiao. "Ich habe den Kampf klar gewonnen. Es war knapp, aber ich habe gewonnen", sagte Pacquiao noch im Ring, doch seine Worte waren kaum zu verstehen, weil die Anhänger von Marquez derart laut buhten und begannen, Flaschen auf den Ring zu werfen. Marquez sagte später über das Urteil: "Es ist hart, wenn du gegen einen Gegner und die Kampfrichter kämpfen musst."

Pacquaio bleibt damit Weltergewichts-Weltmeister der World Boxing Organisation (WBO), nach dem 15. Sieg in Folge kann er eine Kampfbilanz von 54 Siegen bei drei Niederlagen und zwei Unentscheiden vorweisen. Er dürfte auch in der am montag erscheindenden pound-for-pound-Liste, der über die Gewichtsklassen gültigen und allgemein respektierten Rangfolge des Magazins The Ring, weiterhin auf Platz eins geführt werden. Marquez rangierte vor dem Kampf auf Platz fünf, weshalb das Duell schon zuvor als eines der spannendsten und spektakulärsten des Jahres ausgerufen worden war.

Der Kampf hielt dem monströsen Hype, der in den Wochen zuvor vor allem in den USA, in Mexiko und auf den Philippinen veranstaltet wurde, tatsächlich stand. Selbst Promis wie Magic Johnson, Charles Barkley und Steve Buscemi, die sich bei solchen Veranstaltungen gewöhnlich betont lässig geben, standen am Ende auf ihren Sitzen und brüllten wild in den Ring.

Pacquiao und Marquez hatten bei ihrem dritten Aufeinandertreffen - es hatte 2004 ein Unentschieden und vor drei Jahren einen umstritten Sieg Pacquiaos gegeben - wieder einmal zwölf Runden aufeinander eingeprügelt, es war ein spektakulärer Kampf, eine Ringschlacht, und Marquez schien diese Schlacht vor allem in den mittleren Runden zu dominieren.

Immer wieder sorgte er mit schönen Kombinationen, schnellen Kontern und wuchtigen Kopftreffern dafür, dass Pacquiao die Balance verlor und zurückweichen wusste. Derartige Probleme hatte Pacquiao zuletzt im Jahr 2008 gehabt, gegen, nun ja, Juan Manuel Marquez.

Boxkampf Pacquiao gegen Marquez
:Flaschen und Buhrufe für den Weltmeister

Manny Pacquiao gewinnt einen spektakulären Kampf gegen Juan Manuel Marquez und bleibt Weltmeister im Weltergewicht. In Las Vegas protestieren die Fans von Marquez, auf den Straßen der Philippinen wird gefeiert.

In den ersten Runden war das Duell ausgeglichen, spannend, intensiv. Wie immer bewegte sich Pacquiao schnell um seinen Gegner herum und schlug dann Kombinationen von Kombinationen, er brachte wirksame Treffer an Kopf und Körper an - am Ende der sechsten Runde war das rechte Auge von Marquez geschwollen.

Boxkampf Pacquiao gegen Marquez
:Flaschen und Buhrufe für den Weltmeister

Manny Pacquiao gewinnt einen spektakulären Kampf gegen Juan Manuel Marquez und bleibt Weltmeister im Weltergewicht. In Las Vegas protestieren die Fans von Marquez, auf den Straßen der Philippinen wird gefeiert.

Der Mexikaner jedoch wehrte sich tapfer, seinem Stil gemäß verteidigte er herausragend und konterte gefährlich, mit seiner wuchtigen rechten Geraden kam er immer wieder zum Kopf Pacquiaos durch. 254 Konterschläge versuchte Marquez insgesamt, 100 davon kamen ins Ziel, das ist eine außerordentlich hohe Quote. Insgesamt traf er 138 Mal bei 436 Schlägen, der offensivere Pacquiao landete 176 Treffer bei 578 Versuchen.

In den mittleren Runden wurde Marquez offensiver, er traf häufiger - am Ende der zehnten Runde rann Blut von Pacquiaos rechter Gesichtshälfte. Der Filipino wirkte zu diesem Zeitpunkt angeschlagen, er sah wütend aus, er wirkte ein wenig ratlos und agierte teils konfus.

Erst der Hinweis seines Trainers Freddie Roach, dass er dieses Duell durchaus verlieren könnte, wenn er nicht die letzten Runden gewinnen würde, ließ Pacquiao konzentrierter und zielstrebiger agieren, während Marquez versuchte, den knappen Vorsprung - so teilte es ihm sein Trainer mit - über die Runden zu retten.

"Mir wurde zum zweiten Mal der Sieg geraubt - und dieses Mal war es noch schlimmer als beim letzten Mal", sagte Marquez später in der Umkleidekabine. Zählt man die Wertungen der Kampfrichter aus allen drei Duellen der beiden zusammen, dann erhält man ein Ergebnis von 1024:1017. Das fordert ein viertes Duell heraus, Pacquiaos Promoter Bob Arum stellte es direkt nach dem Kampf in Aussicht und nannte bereits ein mögliches Datum, den 5. Mai 2012.

Das allerdings dürfte Floyd Mayweather jr. gar nicht gefallen. Das amerikanische Großmaul verhandelt seit Jahren mit Pacquiao über einen möglichen Kampf, der sowohl beiden Boxern - so sich das Duell ebenfalls zu einer Trilogie mit Rückkampf und Entscheidungsfight ausweiten sollte, jeweils mehr als 150 Millionen Dollar einbringen könnte. Mayweather hatte in der vergangenen Wochenende angekündigt, an diesem 5. Mai gegen Pacquiao antreten zu wollen.

"Her mit dem Kampf! Lasst uns diesen Kampf vereinbaren und den Menschen einen guten Fight geben", sagte Pacquiao nach dem Kampf, als er auf Mayweather angesprochen wurde. Der Defensivkünstler Mayweather soll Pacquiaos Kampf daheim auf der Couch verfolgt haben. Ihm dürfte nicht entgangen sein, dass der Filipino an diesem Samstag in Las Vegas arge Probleme hatte mit einem defensiv herausragend agierenden Boxer.

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