Männer:Abgeprallt an der Gummiwand

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(Foto: Thomas Peter/Reuters)

Erneut scheitert Alexander Zverev schon früh bei einem Grand-Slam-Turnier. Er schafft es nicht, sich auf den unbequemen Gegner einzustellen. Auch Maximilian Marterer scheidet aus.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Einen kleinen Trost hatte Alexander Zverev. Auf dem Weg zurück in die Kabine traf er einen Kollegen. Einen, der schon 19 Grand-Slam-Turniere gewonnen hat. "Ich habe lustigerweise zwei Minuten mit Roger gesprochen", berichtete Zverev, seine Stimme klang bedrückt, aber als er von dieser Begegnung sprach, hellte sie sich etwas auf. Was er und Roger Federer, der Schweizer mit Legenden-Status, besprochen hätten? Das wollte er natürlich nicht sagen, Privates darf Privates bleiben. Aber er verriet: "Es hat geholfen."

Geholfen, sein Ausscheiden bei diesen Australian Open besser zu verarbeiten.

Zverev, die Nummer vier der Welt und mit dementsprechend hohen Ambitionen nach Melbourne gereist, verlor in der dritten Runde am Samstag bei den Australian Open gegen den Südkoreaner Hyeon Chung mit 7:5, 6:7 (3), 6:2, 3:6, 0:6. Es war, so schilderte es Zverev, eine merkwürdige Niederlage. "Im vierten Satz habe ich immer noch das Gefühl gehabt, dass ich besser gespielt habe", sagte er, und: "Auch wenn er so gespielt hat, muss ich das Match in vier Sätzen gewinnen." In der Tat hatte Zverev in vielen Momenten Chung mit seinem druckvollen, kraftvollen Grundlinienspiel scheinbar im Griff gehabt. "Wenn er so weiterspielt, möchte ich aber sehen, wo er am Ende des Jahres steht", sagte Zverev.

Im fünften Satz geht nichts mehr

Für ihn war es ein Match "auf Top-Ten-Level", und damit hatte er, vor allem was den 21-jährigen Gegner betraf, durchaus recht. Chung ist ein Mini-Djokovic, laufstark, "er spielt die Bälle flach und macht keine Fehler", sagte Zverev. Wie eine Gummiwand agiert Chung, um dann plötzlich mit seiner Vorhand, dynamisch aus dem Handgelenk geschnalzt, das Tempo anzuziehen. Nicht ohne Grund gehört er zu den Talenten, mit denen die ATP Tour die sogenannte NextGen, die nächste Generation, beworben hat. Dass Zverev die Stärke des Kontrahenten erklären konnte, machte seine Situation nicht angenehmer. Bei Grand-Slam-Turnieren ist Zverevs Bilanz bescheiden. Nur im Wimbledon 2017 erreichte er einmal das Achtelfinale. Das beschäftigte ihn merklich.

"Ich bin 20 und habe noch Zeit", sagte er zwar, doch ehrgeizig ist er eben auch. Deshalb sagte er: "Ich muss herausfinden, was bei Grand Slams mit mir passiert." Eine erste schnelle Erklärung: "Grand Slams bedeuten mir noch zu viel." Weil er eben mehr erreichen möchte als zuvor. Und den Druck von außen nimmt er auch wahr. "Einige erwarten, dass ich ins Halbfinale oder Finale komme. Das merkt man schon." Als es im fünften Satz um die Entscheidung ging, funktionierte bei Zverev nichts mehr. Fünf Punkte schaffte er, 24 Chung, der seinen Stil ohne Schwächephase durchzog.

Marterer lässt Chancen aus

Im Männerwettbewerb ist damit kein Deutscher in der vierten Runde, der Überraschungsmann Maximilian Marterer schied ebenfalls aus. Wie bei Zverev hätte der Ausgang anders sein können, doch der Amerikaner Tennys Sandgren war in den Momenten besser, in denen es um alles oder nichts ging. "Zwei blöde Punkte haben den Tiebreak ausgemacht", sagte Marterter, 22, aus Stein bei Nürnberg, der vor den Australian Open noch nie in 14 Erstrundenpartien auf Tour- oder Grand-Slam-Ebene erfolgreich gewesen war. Doch auch trotz des 7:5, 3:6, 5:7, 6:7 (5) war der Franke natürlich zufrieden. "Ich hatte eine schöne Zeit hier und einen schönen Start ins neue Jahr", sagte Marterer, der sich in der Weltrangliste nun Richtung Top 80 nähern wird. Damit kommt er auch als möglicher Aufrücker für den Davis Cup in Frage. Vom 2. bis 4. Februar trifft Deutschland auf Australien, in Brisbane wird die erste Runde ausgetragen. Und wie Alexander Zverev berichtete, ist sein Bruder Mischa, zehn Jahre älter, immer noch krank, 40 Grad Fieber habe er am Freitag gehabt. Marterer, wie Mischa Zverev ein Linkshänder, plante vorerst, nach Hause zu fliegen. Aber die Pläne könnten sich ändern, wenn der Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann umbauen muss. Marterer hat einen Vorteil, er dürfte es rasch erfahren - Kohlmann ist auch sein persönlicher Trainer.

In Melbourne hat Marterer fast ein Drittel seines bisherigen Preisgeldes (322 000 US-Dollar) dazuverdient, 113 000 kommen nun hinzu. Ein besonderes Geschenk kassierte er dank seines Erfolges aber auch. Der bekennende TSG-Hoffenheim-Fan erhielt von dem Fußballerstligisten eine Einladung zugetwittert, für einen Heimspielbesuch. "Ich werde sie auf jeden Fall annehmen", versicherte Marterter und strahlte.

© SZ vom 21.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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