Leichtathletik:Drei Sperren

Lesezeit: 2 min

Ein halbes Jahr nach Ausbruch des größten Skandals in der Leichtathletik hat der Weltverband ein weiteres Zeichen gesetzt und gleich drei Funktionäre für 180 Tage gesperrt. Einigen geht das noch nicht weit genug.

Ein halbes Jahr nach Ausbruch des größten Skandals in der Leichtathletik hat der Weltverband ein weiteres Zeichen gesetzt und gleich drei Funktionäre für 180 Tage gesperrt. Dem Trio wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Prominenteste Personalie ist Nick Davies, Ex-Pressechef und langjähriger enger Vertrauter des höchst umstrittenen IAAF-Präsidenten Lamine Diack. Dies teilte die Ethik-Kommission der IAAF am Freitag in einer dreiseitigen Erklärung mit. Neben Davies wurden Jane Boulter-Davies aus der IAAF-Zentrale und Pierre-Yves Garnier, Manager im Medizinischen Stab, für sechs Monate gesperrt. Die Suspendierung steht in Verbindung mit einer E-Mail vom Juli 2013, die der damalige IAAF-Präsident Diack von seinem Sohn erhielt. Papa Massata Diack war damals Marketing-Berater der IAAF.

Die Sperren seien "im Interesse der Integrität des Sports" verhängt worden, betonte der Kommissions-Vorsitzende Michael Beloff. Vor den nun folgenden Untersuchungen dürfe es keinerlei Vorverurteilungen geben. Für die IAAF sei von größter Priorität, "die Wahrheit über diese Vorwürfe, die gegen den Sport erhoben wurden, herauszufinden".

Die Ethikkommission behauptet, dass der Engländer Nick Davies 2013 "eine nicht genannte Barzahlung" von Diacks Sohn erhalten und IAAF-Ermittler in Bezug auf diese Zahlung in die Irre geführt haben soll. Auch Boulter-Davies und Garnier sollen illegale Zahlungen erhalten oder davon Kenntnis gehabt haben.

Eine E-Mail von Davies an Papa Diack legte nahe, dass vor der WM 2013 in Moskau die Veröffentlichung der Namen russischer Dopingsünder verzögert werden sollte. Durch eine "inoffizielle PR-Kampagne" wollte Davies "einen internationalen Medienskandal vermeiden".

Lamine Diack, der in seiner Amtszeit mehr als eine Million Euro für die Vertuschung positiver Doping-Proben kassiert haben soll, wurde am 10. November 2015 vom IOC als Ehrenmitglied suspendiert. Zuvor hatte die französische Justiz Anklage gegen den 82-Jährigen erhoben: Dem Senegalesen wird Bestechlichkeit und Geldwäsche vorgeworfen.

Am 7. Januar sperrte die IAAF-Ethikkommission auch Diacks Sohn, den ehemaligen IAAF-Schatzmeister Walentin Balachnitschjow und Russlands Ex-Cheftrainer Alexej Melnikow lebenslang. Interne Dokumente aus der IAAF-Zentrale, die der Nachrichtenagentur AP zugespielt wurden, belegen, dass der Weltverband seit 2009 vom massiven Doping in Russland gewusst haben soll.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur wirft Russland systematisches Doping vor. Moskau darf bis auf weiteres keine Sportler zu internationalen Veranstaltungen schicken. Das IAAF-Council entscheidet am 17. Juni über einen Ausschluss der russischen Leichtathleten von den Olympischen Spielen in Rio.

Der Deutsche Leichtathletik-Verband appellierte in einem Offenen Brief an IOC-Präsident Thomas Bach, den DLV-Chef Clemens Prokop auf Bitten von Athleten verfasst hat, nach den Skandalen entschlossen zu handeln. Nicht nur Sportler seien betrogen, sondern auch die olympische Idee hintergangen worden. "Ich bitte Sie daher, die Sorge der Athleten ernst zu nehmen und alle Möglichkeiten für chancengleiche Wettkämpfe in Rio auszuschöpfen", schreibt Prokop.

© SZ vom 11.06.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: