Leichtathletik:Aufschwung auf der Insel

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"Wie ein Traum": Schlussläuferin Rebekka Haase kommt bei den World Relays als Erste ins Ziel. (Foto: Patrick Smith/AFP)

Nächster Erfolg für die aufstrebenden deutschen Sprinterinnen: Die 4x-100-Meter-Staffel gewinnt bei den World Relays auf den Bahamas überraschend die Goldmedaille.

Von Johannes Knuth, Nassau/München

Das erste internationale Staffelgold für eine deutsche Auswahl seit 16 Jahren? Gibt Schlimmeres, befand Rebekka Haase. Gerade hatten sie ihr im Nationalstadion von Nassau eine goldene Plakette umgehängt, was sich für die Schlussläuferin der deutschen 4x100-Meter-Staffel "wie ein Traum anfühlte". Klar, eine Medaille hatten die Frauen schon mitnehmen wollen, beim internationalen Staffeltreffen World Relays auf den Bahamas. Doch dann klatschte Tianna Bartoletta, die Startläuferin der favorisierten Amerikanerinnen, vor dem ersten Wechsel auf die regennasse Bahn. Und Alexandra Burghardt, Lisa Mayer, Tatjana Pinto und Haase weigerten sich, ihre Führung der Konkurrenz zu überlassen. Gold in 42,74 Sekunden, vor Jamaika (42,95) und China (43,11).

Die vierten World Relays hatten es am Montagmorgen also noch mal gut gemeint mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), auch wenn dessen Sprinterinnen ihren unverhofften Sieg richtig zu deuten wussten. Bei dieser Zusammenkunft der Sprint-Szene, einer erst vier Jahre jungen Erfindung, verleiht der Weltverband IAAF ja keine WM-Titel, nur Prämien; zudem können die 4x100- und 4x400-Meter-Staffeln Startplätze für die Freiluft-WM im August in London erstehen (was neben den DLV-Frauen auch der 4x100-Meter-Staffel der deutschen Männer gelang). Viele Stammkräfte waren gar nicht nach Nassau angereist, Usain Bolt etwa; die Jamaikaner und Amerikaner testeten viele Kräfte aus der zweiten Reihe. Ein paar Hoffnungen für den Sommer ließen sich für den DLV aus dem Wochenende aber schon ableiten. Zumal die Frauen über die selten gelaufenen 4x200-Meter Zweite wurden, unter Mitarbeit von Gina Lückenkemper, die auf der kürzeren Strecke wegen einer Erkältung dann fehlte.

Lückenkemper steht mit ihrer unbeschwerten Art wohl am besten für den Aufschwung im DLV. Oder in den Worten der 20-Jährigen: "Es ist einfach wahnsinnig krass, was im deutschen Frauen-Sprint gerade abgeht." Ihre Trainer hatten sie früh an Großereignisse im Nachwuchsbereich herangeführt, ohne sie im Training zu sehr zu belasten. "Ich konnte ohne Druck überall reinschnuppern, das war sehr wertvoll", sagt sie. Zum Beispiel bei der EM im Vorjahr, bei der sie über 200 Meter Dritte wurde. Auch in der Staffel ist längst eine Kultur des Austauschs eingezogen, "wir verstehen uns untereinander, wir sind einfach ein Team", sagt Lückenkemper. "Das ist eine ganz andere Generation", assistiert ihr Trainer Ulrich Kunst: "Die gehen sich nicht mehr aus dem Weg, die wollen gegeneinander laufen, alle besser werden." Für den Sommer muss das nichts Schlechtes heißen. Ein Baustein in Kunsts Fahrplan sieht es ja vor, Höchstleistungen nicht nur einmal im Jahr hervorzubringen.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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