Kokain-Befund bei Golfer Dustin Johnson:Etikette lenkt vom Dreck ab

Lesezeit: 2 min

Vorerst kein Vorzeige-Golfer mehr: Dustin Johnson. (Foto: Paul Chiasson/AP)

Im Golfsport gibt es Doping, Schimpftiraden und Suchtprobleme - nur redet niemand darüber. Nun wurde bekannt, dass bei Profi Dustin Johnson Kokain gefunden wurde. Der Fall zeigt, was beim Golf alles falsch läuft.

Von Frieder Pfeiffer, München

Es hat seit Jahren Tradition, dass die US PGA Tour ihre besten Spieler vor die Kamera holt und hippe Werbevideos produziert. Die Aussage: "These guys are good" - "Diese Jungs sind gut." Dustin Johnsons erster Auftritt unter diesem Slogan jährt sich gerade zum dritten Mal, die Aussichten auf eine Fortsetzung sind allerdings in den vergangenen Tagen rapide gesunken. Im Video von 2011 wird der heute 30-Jährige zum Leitbild des modernen Golfers erkoren, nun taugt das Beispiel Dustin Johnson viel eher als Leitbild dafür, was im Golfsport so alles falsch läuft.

Bis zum Wochenende entrollte sich der Fall Johnson über der Szene, vom überraschenden Rückzug auf unbestimmte Zeit wegen "persönlicher Herausforderungen" bis zu den Meldungen über eine sechsmonatige Sperre nach positivem Kokain-Befund. Das Portal Golf.com berichtete in der Nacht auf Samstag, dass Johnson, immerhin Vierter im Saison-Ranking der Tour, schon 2009 positiv auf Marihuana und 2012 auf Kokain getestet worden sein soll.

Der erste Fall sei stillschweigend übergangen worden, im zweiten soll eine dreimonatige Sperre die Folge gewesen sein. Seine Auszeit hatte Johnson mit Rückenproblemen begründet, er habe sich beim Heben eines Jetskis verletzt. Augenzeugen sollen den Rekonvaleszenten zu der Zeit in Florida dennoch beim Golfen gesehen haben.

"Außerschulmäßige Aktivitäten"

Dass das alles erst jetzt öffentlich diskutiert wird, hat mit einer weiteren Tradition der US PGA Tour zu tun, die wie die Videos zwar auf Außenwirkung zielt, jedoch deutlich kritischer zu betrachten ist. Verhängt die größte Tour der Welt eine Strafe, redet sie darüber in der Regel nicht. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Tiger Woods im Laufe seiner Karriere aufgrund seiner Wutausbrüche schon Tausende US-Dollar auf das Konto der PGA Tour überwiesen hat. Die bestraft und hält still. Warum? "Zum einen glauben wir nicht, dass das die Menschen wirklich interessiert", hat Tour-Boss Tim Finchem einmal erklärt. "Wir kriegen keine E-Mails von Fans, die fragen: 'Warum sagt Ihr nichts?' Zum anderen wollen wir die Leute auch nicht daran erinnern."

Etikette ist wichtig im Golfsport, sie soll wohl auch vom Dreck ablenken. Schimpftiraden, Doping und Suchtprobleme machen sich nicht gut, wenn man laut verkündet: "Diese Jungs sind gut." John Daly machte 2009 Sanktionen gegen ihn nach Alkoholeskapaden selbst öffentlich, Matt Every rutschte 2010 seine Marihuana-Sperre versehentlich raus.

Johnson, so sagt die Tour nun, sei gar nicht gesperrt. Alle anderen Anschuldigungen kommentiert sie nicht, auch nicht das Johnson-Lager. Die Szene geht davon aus, dass der Beschuldigte freiwillig eine Auszeit nimmt und Sanktionen damit umgeht. Johnsons Coach Butch Harmon hatte schon 2011 davon gesprochen, dass sein Schützling "manche, sagen wir mal, außerschulmäßige Aktivitäten" abstellen müsse. Früh galt "DJ" aus South Carolina als Musterathlet mit dem Talent eines Tiger Woods. Gleichzeitig war er aber auch bekannt dafür, das Leben zu genießen.

Bei der BMW International Open in München zeigte er sich zweimal als unternehmungsfreudiger Gast, der für Stimmung sorgte und etwa in Lederhose für den Veranstalter posierte oder bei einem Melkwettbewerb in künstliche Euter griff. 2013 reiste er glamourös mit Freundin Paulina Gretzky an, der Tochter der Eishockeygröße Wayne Gretzky - ein Paar wie gemacht für die Imagepolitur des Golfsports. Das ist erst mal vorbei.

Beim Ryder Cup Ende September fehlt Johnson den USA. Europas Kapitän Paul McGinley erleichtert das nicht. "Die Politik der PGA Tour ist riskant, sie reagiert nur, das ist nicht wünschenswert", zitiert ihn Sky UK. Abschreckende Wirkung haben geheime Sperren nicht. Ein Anti-Doping-Programm hat die Tour erst seit 2008, noch 2006 sah Finchem keinen Sinn in Tests. Damals meinte der dreimalige Major-Sieger Nick Price bereits: "Entwickelt sich der Golfsport so weiter, öffnen wir ihn für Steroide." Sollte Price recht gehabt haben, wird die Öffentlichkeit davon nichts hören. Zumindest nicht von der PGA Tour.

© SZ vom 04.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: